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Fünfter COVID-Impfstoff in der EU zugelassen

20. Dezember 2021

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA erteilt die Zulassung für den Corona-Impfstoff des US-Herstellers Novavax. Für die globale Impfkampagne oder für Impfskeptiker ist die bewährte Impftechnik eine echte Alternative.

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Novavax
Die EMA hat den Novavax Impfstoff in der EU zugelassen. Weil er anders wirkt, gilt er als Alternative für Impfskeptiker.Bild: Tomislav Miletic/PIXSELL/picture alliance

Seit November hatten die EMA-Experten alle Studien zu Wirkung und Risiken geprüft. Mit der Zulassung ist jetzt ein fünfter Impfstoff in der EU zugelassen, die Zustimmung durch die EU-Kommission gilt als Formsache.

Proteinimpfstoffe wie der von Novavax können in der globalen Impfkampagne viel bewirken. Aber auch zum Boostern oder für Impfskeptiker ist die altbewährte Impftechnik eine echte Alternative.

Eine Demonstration von Impfgegnern in Prag
Nicht alle Ungeimpften sind grundsätzlich gegen Impfungen, misstrauen aber den vorhandenen ImpfstoffenBild: Vit Simanek/CTK Photo/dpa/picture alliance

Denn sie funktionieren anders als die bisher in der EU verfügbaren Corona-Impfstoffe, die entweder auf Boten-RNA (mRNA, wie die Vakzine von BioNTech/Pfizer und Moderna) oder auf viraler Vektortechnologie (wie die Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson) basieren.

Wenn Ungeimpfte nicht grundsätzlich gegen Impfungen sind, könnten sie sich bald mit Corona-Proteinimpfstoffen impfen lassen, denn solche Proteinimpfstoffe werden bereits seit Jahrzehnten genutzt - zum Schutz vor Polio, Tetanus, Hepatitis-B oder eben Grippe. Sie bieten ebenfalls einen sehr guten Schutz gegen das Coronavirus, aber sie verursachen noch weniger Nebenwirkungen als die bereits zugelassenen Impfstoffe.

Für globale Impfkampagne dringend benötigt

Vor allem aber werden Proteinimpfungen dringend weltweit für die Impfkampagnen benötigt. Denn die reichen Länder sind aktuell so sehr mit Auffrischungsimpfungen und dem Schließen der Impflücken beschäftigt, dass allzu oft vergessen wird, dass in den einkommensschwachen Ländern nur ein Bruchteil der Bevölkerung geimpft wurde.

Frau zeigt stolz ihnen Impfpass nach dritter erfolgter Booster-Impfung mit BioNTech gegen COVID-19
Während in reichen Ländern zum dritten Mal geimpft wird, sind in einkommensschwachen Ländern nur wenige geimpftBild: Weber/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Hier könnten proteinbasierte Impfstoffe einen extrem wichtigen Beitrag leisten, denn sie sind vergleichsweise günstig zu produzieren und sie lassen sich bei 2 bis 8 °C deutlich unkomplizierter transportieren und lagern als die tiefgekühlten mRNA-Impfstoffe. Außerdem könnten die proteinbasierten Impfstoffe auch gleich im globalen Süden hergestellt werden. All dies könnte sich bei Impfkampagnen in strukturschwachen Regionen als sehr nützlich erweisen.

Vielversprechende Kandidaten

Die Entwicklung eines solchen proteinbasierten Corona-Impfstoffes hat länger gedauert, aber Mitte November hatte das US-Pharmaunternehmen Novavax bei der zuständigen europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine Marktzulassung für die EU beantragt.

In Indonesien hat Novavax bereits seit Anfang November eine Notfall-Zulassung, in Großbritannien, Kanada und Australien werden die Anträge noch geprüft.

Aber auch andere Impfstoffhersteller wie der indische Pharmakonzern "Biological E" und der chinesische Konkurrent "Clover Biopharmaceuticals" werden in nächster Zeit entsprechende Anträge stellen. Ebenfalls in den Startlöchern steht der Impfstoff Vidprevtyn, den der französische Pharmariese Sanofi und mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelt, sowie das kanadische Unternehmen "Medicago" und der südkoreanischen Pharmakonzern "sk bioscience".

Entwickelt werden proteinbasierte Impfstoffe allerdings in vielen Ländern, und in einigen Ländern wie Kuba, Russland und Taiwan sind proteinbasierte Impfstoffe längst ein zentraler Pfeiler der nationalen Impfkampagnen.

Wie unterscheiden sich proteinbasierte Impfstoffe?

Proteinbasierte Corona-Impfstoffe enthalten einen winzigen Partikel des markanten Spike-Proteins. Das Immunsystem reagiert auf die Proteine im Impfstoff. Dabei erfolgt die Immunreaktion deutlich schneller, weil der Körper - anders als bei anderen Impfstoffen - diese Spike-Proteine nicht erst noch produzieren muss.

Impressionen einer Impfaktion in Siaya, im Westen Kenias
Statt auf Erbinformationen setzen einige Impfstoff-Hersteller auf Proteine: Werden ihre Vakzine zum Gamechanger?Bild: DW

Bevor mRNA-Impfstoffe durch die Corona-Pandemie ihren Durchbruch feierten, galten proteinbasierte Impfstoffe als eine besonders zukunftsweisende, ausgereifte Technik, so Prof. Dr. Carlos Alberto Guzman, Leiter der Abteilung Vakzinologie und Angewandte Mikrobiologie am Helmholtz-Zentrum: "Proteinbasierte Impfungen sind einfach sehr gut bekannt, werden in der Regel besser toleriert, und es gibt da keine großen Fragezeichen. Ein Nachteil ist, dass die Entwicklung von proteinbasierten länger dauert als bei Vektoren- oder mRNA-Impfstoffen."

Denn es braucht Zeit, die Bauanleitung für ein Spike-Protein in aus Mikroben, Säugetieren, Insekten oder Pflanzen gewonnenen Zellen zu integrieren. Die letzten Monate haben gezeigt, wie aufwändig es ist, die gereinigten Proteine so anzupassen, dass sie wirklich fehlerfrei im großen Maßstab produziert werden können.

Leider sind auch den großen Pharmakonzernen bei der Entwicklung und Testung vermeidbare Fehler unterlaufen, die sie teilweise um Monate zurückgeworfenhaben. Aber wenn die Entwicklung und die nötigen klinischen Tests erst einmal abgeschlossen sind, dann sind diese proteinbasierten Impfstoffe ernstzunehmende Konkurrenten für die bereits etablierten Vektor- und mRNA-Impfstoffe.

Wie wirksam sind Corona-Proteinimpfstoffe?

Proteinbasierte Impfstoffe sind nicht nur günstiger und leichter zu transportieren, sondern auch effektiv. Mit einer Gesamtwirksamkeit von 90,4 Prozent liege der Impfstoff von Novavax laut Unternehmensangaben mit den mRNA-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna etwa gleich auf. Diese Zahlen stammen allerdings aus der Mitte des Jahres aus den USA und Mexiko.

Bei einer britischen Studie, bei der bereits die Alpha-Variante kursierte, kam Novavax auf eine Wirksamkeit von 83 Prozent. Bei einer zeitgleich stattfindenden Studie in Südafrika lag die Wirksamkeit durch die Beta-Variante nur noch bei ca. 50 Prozent. Und bei der Delta- oder bei der aktuellen Omikron-Variante sähe es vermutlich noch finsterer aus.

Deswegen muss auch der Novavax-Impfstoff an die neue Virus-Variante angepasst werden, so Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, auf Twitter.

Breiten sich die Varianten weiter so aggressiv aus, wird die Effektivität wie bei allen vorhanden Vakzinen weiter abnehmen. Deshalb braucht es den Booster.

Doppelter Schutz vor SARS CoV-2 und Influenza

Schlauerweise ist der Novavax-Impfstoff ein Kombinationsimpfstoff, der gleichzeitig vor dem Coronavirus und der saisonalen Grippe schützen soll. Das könnte sich als clevere Strategie erweisen, denn dann müsste man nicht mehr zwischen den Impfungen warten und könnte sich gleich gegen beides impfen lassen. 

Laut Guzman "stellt der kürzlich erschienene Preprint des Novavax-Protein-COVID-19-Impfstoffs NVX-CoV2373 einen Durchbruch dar. Er liefert den ersten Nachweis, dass ein COVID-19-Impfstoff gleichzeitig mit einem saisonalen Influenza-Impfstoff in zwei verschiedenen Armen verabreicht werden kann, ohne dessen Wirksamkeit zu beeinträchtigen."

Tragende Rolle in der globalen Impfkampagne

Auch wenn viele europäische Länder angesichts der hohen Infektionszahlen dort sehr mit sich selbst beschäftigt sind, bleiben sie der globalen Pandemiebekämpfung verpflichtet.

Infografik COVID-19 Impfziel 40 Prozent weltweit

Deutschland zum Beispiel hat bereits 107 Millionen Impfdosen an die internationale Impfstoffplattform COVAX abgegeben, die bislang 144 Länder und Regionen mit insgesamt über 504 Millionen Impfstoffdosen u.a. von AstraZeneca, Johnson & Johnson, Moderna und BioNTech versorgt hat. Insgesamt will Deutschland mindestens 175 Millionen Dosen an Schwellen- und Entwicklungsländer abgeben. Damit ist Deutschland laut Auswärtigem Amt weltweit der zweitgrößte Spender.

Die Europäische Union will mindestens 500 Millionen Dosen Impfstoffe abgeben, die USA spendeten bislang circa 252 Millionen Dosen. Die G7-Staaten wollen gemeinsam mindestens 870 Millionen Dosen bis Ende 2022 zur Verfügung stellen.

Neben den vorhandenen Impfstoffen werden bei Impfkampagnen in strukturschwachen Regionen aber wohl vor allem proteinbasierte Impfstoffe zum Einsatz kommen. Novavax zum Beispiel hat Covax bereits über eine Milliarde Dosen zugesagt.

Laut Novavax könnten monatlich zunächst 100 Millionen Impfdosen und später sogar 150 Millionen Impfdosen pro Monat hergestellt werden. "Viele unserer ersten Dosen werden in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen gehen, und das war von Anfang an das Ziel", sagte Novavax-Chef Stanley Erck bei der Beantragung der Notfallzulassung bei der EMA.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund