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Oettinger: Nicht nervös werden

Bernd Riegert20. März 2014

Russland liefert weiter Gas in die Ukraine. Doch wie lange noch und zu welchem Preis? Von Europa kann die Ukraine Hilfe bei der Suche nach neuen Energiequellen erwarten, sagt EU-Kommissar Oettinger im DW-Interview.

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Günther Oettinger (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Was kann die Europäische Union jetzt tun, um der Ukraine bei der Energieversorgung, bei der Gasversorgung zu helfen?

Günther Oettinger: Die Ukraine ist Mitglied der Europäischen Energiegemeinschaft. Deswegen haben wir auch eine Pflicht, ihr zu helfen. Wir schauen uns das Gas-Transit-System in der Ukraine an und haben für die Modernisierung und Renovierung Pläne ausgearbeitet, die man rasch realisieren kann, wo wir auch etwas ko-finanzieren zusammen mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und der Weltbank. Dann gibt es auch die Möglichkeit, dass wir die Abhängigkeit der Ukraine von russischem Gas etwas reduzieren, indem wir bestehende Gasleitungen von Polen in die Ukraine oder von Ungarn und der Slowakei in die Ukraine, die bisher nur Gas von Ost nach West transportieren, auch für die umgekehrte Richtung technisch vorbereiten. So können wir die Gasspeicher in der Ukraine mit Gas aus den europäischen Märkten füllen.

Der russische Gaslieferant Gazprom könnte im April die Lieferpreise für die Ukraine drastisch anheben. Kann die EU hier irgendwas tun, um zu unterstützen?

Angesichts dieser Entwicklung ist es umso wichtiger, dass wir Alternativen aufbauen. Gas muss auch aus der Europäischen Union dorthin kommen, damit die Ukraine in eine bessere Verhandlungsposition kommt und weniger Gas aus Russland importieren muss.

Wie abhängig ist die EU eigentlich noch von russischen Gaslieferungen? Gehen hier die Lichter aus und die Heizungen bleiben kalt, wenn Europa kein Gas mehr aus Russland bekommt?

Es gibt keinen Grund zur Nervosität. Wir haben sehr große gefüllte Speicher. Eine wochenlange Selbstversorgung wäre möglich. In der EU ist intern grenzüberschreitender Gastransport in viele Richtungen möglich. Wir sind weit weniger abhängig als jemals zuvor. Wir sind mit den russischen Partnern in einem ständigen Dialog. Die Russen wollen liefern und wir werden bezahlen. Deswegen haben wir eine gegenseitige Abhängigkeit. Im Augenblick sind Russland und wir gewillt, die Gas-Beziehung aus der aktuellen Krise und aus der Politisierung der Wirtschaft herauszuhalten.

Energielieferungen eignen sich also nicht für Sanktionen? Das würde beiden Seiten weh tun?

Sie sind mit Sicherheit nicht das ideale Instrument, um damit Politik zu machen.

Günther Oettinger (60) ist in der EU-Kommission für das Ressort Energie verantwortlich. Er setzt sich seit Jahren für eine enger verzahnte europäische Energiepolitik und eine größere Bandbreite bei den Lieferquellen und Bezugswegen ein. Die europäische Gaspipeline "Nabucco", die Oettinger befürwortete, scheiterte im vergangenen Jahr, weil sich nicht genügend Gaslieferanten in Zentralasien finden ließen. Der CDU-Politiker war bis zu seiner Berufung in die EU-Kommission im Jahr 2010 Ministerpräsident des Bundeslandes Baden-Württemberg.

Das Interview führte Bernd Riegert.