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Kritik auf Samtpfoten

Angela Lieber15. März 2007

In Russland und Zentralasien ist das Leben für ausländische Korrespondenten schwer. Nicht mit roher Gewalt wird ihnen gedroht - schweigende Telefone und abgelehnte Akkreditierungen sind an der Tagesordnung.

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Der russische Präsident Wladimir Putin und US-Außenministerin Condoleezza Rice - umringt von Journalisten, Quelle: AP
Nicht nur russische, sondern auch westliche Journalisten stehen in den GUS-Staaten zunehmend unter politischem DruckBild: AP
Usbekische Soldaten beziehen in Andischan Stellung, Quelle: AP
Nach dem Massaker von Andischan im Mai 2005 wurden fast alle westlichen Korrespondenten des Landes verwiesenBild: AP

Es sind Geschichten wie aus einem billigen Agententhriller: Telefongespräche brechen plötzlich ab - Haarbürsten finden sich am Feierabend schon mal im Gefrierfach wieder. Während die Regime in Russland und Zentralasien offen gegen kritische Journalisten aus dem eigenen Land vorgehen, kommen die Drohungen für westliche Korrespondenten auf subtilere Weise daher.

"In den letzten Jahren hat sich die Lage für ausländische Journalisten verschärft", sagt Nicholas Allen, langjähriger Korrespondent für die Moscow Times und den englischsprachigen dpa-Dienst in Moskau. Bereits 2004 sei mit dem Mord an Paul Klebnikow ein klares Signal gesetzt worden, dass die Sicherheit für ausländische Journalisten in Russland nicht mehr garantiert sei.

Der amerikanische Chefredakteur der Wirtschaftszeitung "Forbes" hatte mehrfach kritisch über den Tschetschenienkrieg berichtet. Noch heute ranken sich die wildesten Gerüchte um den Mord. Die Hintergründe der Tat sind nach wie vor unbekannt.

Versteckte Drohungen zwischen den Zeilen

Auch wenn der Mord an Klebnikow bislang ein Einzelfall offener Gewalt an Auslandskorrespondenten war - die staatliche Einflussnahme zwischen den Zeilen ist nicht von der Hand zu weisen. Im Juli 2005 musste das Korrespondentenbüro des amerikanischen TV-Senders ABC in Moskau schließen. Grund: Die Akkreditierungen der dort arbeitenden Journalisten wurden nicht mehr verlängert, nachdem sie ein Interview mit dem tschetschenischen Top-Terroristen Schamil Bassajew ausgestrahlt hatten.

"Die bürokratischen Hürden sind um einiges höher geschraubt worden", sagt auch Tobias Zhin, bis vor kurzem Redakteur bei der Moskauer Deutschen Zeitung (MDZ). Es werde immer schwieriger, Visa zu bekommen oder für Pressekonferenzen und politische Veranstaltungen akkreditiert zu werden.

Der Focus-Korrespondent Boris Reitschuster stellt sein Buch über Wladimir Putin vor, Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung
Auch Focus-Korrespondent Boris Reitschuster bekommt den politischen Druck zu spürenBild: KAS

Boris Reitschuster, Focus-Korrespondent in Moskau, spricht von einem "Klima der Angst" unter westlichen Korrespondenten. "Heutzutage gibt es Dinge, über die man aus Angst vor unangenehmen Folgen nicht mehr berichtet", sagt der Journalist. Insbesondere Berichte über Vermögensverhältnisse im Umfeld von Wladimir Putin seien heikel. Sein neues Buch "Putins Demokratur" hätte eigentlich auch auf Russisch erscheinen sollen, doch habe es eindeutige Warnungen gegeben, "dass man das lieber nicht machen soll."

Nervöse Reaktionen in Zentralasien

Auch manche Regime Zentralasiens reagieren nervös auf ausländische Journalisten. Marcus Bensmann ist derzeit einer der wenigen westlichen Korrespondenten, die regelmäßig aus dieser Region berichten. Besonders in Usbekistan würden Korrespondenten aus dem Ausland konsequent eingeschüchtert. Seit dem Massaker von Andischan habe der usbekische Staat eine regelrechte Kampagne gegen Menschenrechtler und Journalisten gestartet. Es gäbe derzeit keine unabhängige Presse mehr. "BBC wurde des Landes verwiesen, Radio Free Europe musste gehen und die Journalisten, die dort eine Akkreditierung hatten, wurden nicht mehr ins Land gelassen", sagt Bensmann.

Am 13. Mai 2005 hatten usbekische Sicherheitskräfte ohne Vorwarnung auf unbewaffnete Demonstranten geschossen. Bensmann selbst war Augenzeuge des Massakers - ihm habe die usbekische Regierung seitdem fast schon Terroristenstatus verliehen. Turkmenistan lasse keine ausländischen Journalisten mehr ins Land. Akkreditierungen, keine Chance.

In Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan können Journalisten hingegen frei berichten: "Auch wenn ich über staatskritische Themen geschrieben habe, hat das nie zu Problemen geführt", meint Bensmann. Er könne sich allerdings entsinnen, dass einige Journalisten auch dort Probleme gehabt hätten, Visa oder Akkreditierungen zu bekommen. Grundsätzlich sei es aber möglich, in diesen Ländern ungehindert zu recherchieren.

Kritik auf Samtpfoten

Es gehört eine große Portion Mut dazu, offen über regierungskritische Themen zu berichten. Auslandskorrespondenten versuchen im Regelfall, so viel wie nötig und so wenig wie möglich mit den Regimen in Russland und Zentralasien auf Konfrontationskurs zu gehen. "Es hängt von der Charakterfrage des jeweiligen Journalisten ab: Schreibt er so, dass er ein zweites Mal ein Visum bekommt, oder schreibt er über das, was er sieht", schildert Bensmann die Situation für Korrespondenten in Usbekistan.

Unverständlich findet er den Umgang deutscher Politiker mit diesem Thema. "Ich begreife nicht, wie zum Beispiel die deutsche Bundesregierung, die alles daran setzt, die Beziehungen zu Usbekistan zu verbessern, nicht erst einmal fordert, dass Journalisten aus Deutschland dieses Land besuchen dürfen", so Bensmann.