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Politik

Olaf Scholz auf aussichtsloser Mission

9. Mai 2021

Der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten ist nicht zu beneiden: Er hat die schlechteste Ausgangsposition im Rennen um die Nachfolge von Angela Merkel. Der SPD-Parteitag brachte da keine Kehrtwende, meint Katharina Kroll.

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Olaf Scholz auf dem virtuellen Parteitag seiner SPD
Olaf Scholz auf dem Parteitag seiner SPD - am Sonntag wurde er nahezu einstimmig zum Kanzlerkandidaten gewählt Bild: Clemens Bilan/Getty Images

Endlich im Scheinwerferlicht stehen - auftauchen aus der Unsichtbarkeit. Das ist für Olaf Scholz überlebenswichtig. Denn derzeit dreht sich im Wahlkampf alles um seine beiden Konkurrenten. Um Annalena Baerbock von den Grünen und Armin Laschet von CDU/CSU. Die Grüne und der Konservative - das sind die Pole, an denen sich Wahlvolk und öffentliche Aufmerksamkeit reiben. Das ist das spannende Duell dieses Wahlkampfs. Dazwischen steht Olaf Scholz. Und das hat viele Gründe.

Widersprüchliche Signale

Der Kanzlerkandidat und die SPD - sie bilden keine stimmige Einheit. Olaf Scholz  steht für den pragmatischen Kurs der Mitte: solide Finanzen, Wirtschaftskompetenz. Die Partei und ihre beiden Vorsitzenden dagegen sehnen sich nach linker Politik und träumen von sozialen Wohltaten. Diese Widersprüchlichkeit spiegeln die Umfragen wider: Während Olaf Scholz persönlich gute Zustimmungswerte hat, verharrt die SPD im Umfragekeller.

DW Katharina Kroll
Katharina Kroll, Leiterin Analysen und Reportagen Bild: K. Kroll

Es fehlt der unverwechselbare Kern der SPD. Wenn Olaf Scholz vom Klimaschutz spricht, dann wirkt er wie eine unentschlossene Kopie der Grünen. Wenn er sich als erfolgreichster Pandemiebekämpfer inszeniert, dann wirkt er wie eine Abziehbild von Angela Merkel. Wenn er radikale Sozialreformen verspricht, dann wirkt er lange nicht so entschlossen wie die Linken. Die SPD hat es in den vergangenen Jahren versäumt, sich ein klares, unterscheidbares Profil zu erarbeiten. Das beim Parteitag verabschiedete Wahlprogramm kann diese Leerstelle nicht füllen.

Zweckgemeinschaft statt Begeisterung

Die SPD stellte sich nun auf ihrem Parteitag nicht nur hinter das Programm, sondern auch mit 96 Prozent geschlossen hinter Olaf Scholz. Trotz seiner trockenen, wenig kämpferischen Rede. Kein einziger Streit - dafür maximale Langeweile.

Die SPD und ihr Kanzlerkandidat wirken wie eine Zweckgemeinschaft. Da funkt es nicht. Vor nicht einmal 18 Monaten hat die Partei Olaf Scholz eine herbe Niederlage verpasst und ihn nicht zum Parteivorsitzenden gewählt. Dabei braucht er sie so dringend  - seine Partei. Damit sie sich begeistert in den Wahlkampf stürzt und die Emotionen auslöst, die der Kandidat selbst mit seinem sachlichen Auftreten nicht entfachen kann.

Die SPD trifft nicht den Ton

Was aber ist es, das die Sozialdemokraten in diese so schwierige Lage gebracht hat? Wo ging ihr der Kern verloren, sich um die Menschen zu kümmern, die mit dem Tempo der Veränderungen nicht schritthalten können? Zu ihren traditionellen Wählern dringt die SPD nicht mehr durch. Die Sozialdemokraten finden nicht den richtigen Ton. Sicher fehlt es auch an Glaubwürdigkeit. Die vielen internen Kämpfe der vergangenen Jahre, der gnadenlose Verschleiß des Führungspersonals - das alles ist unvergessen.

Was aber könnte Olaf Scholz doch noch ins Kanzleramt tragen? Als Vizekanzler und Finanzminister kann er aus einem starken Amt heraus Wahlkampf führen. Er hat bewiesen, dass er auch auf internationaler Bühne eine gute Figur abgibt. Und: Die Wähler halten ihn für führungsstark. Führungsstärker sogar als seine Konkurrenten Baerbock und Laschet. Viel von seinem Stil erinnert an Angela Merkel.

Und doch ist es nach derzeitigem Stand ganz und gar unwahrscheinlich, dass die SPD als Siegerin aus den Wahlen hervorgeht und eine Regierung anführen kann. Sie liegt so weit abgeschlagen hinter den Grünen und der Union, dass die angekündigte Aufholjagd wie eine unrealistische Träumerei erscheint. Die Mission des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz ist ziemlich aussichtslos.