Oliver Bierhoff verlässt den DFB
5. Dezember 2022Beide Parteien verständigten sich auf eine Auflösung des bis 2024 laufenden Vertrages. Dies gab der DFB am Montagabend bekannt. Bierhoff war beim Verband zuletzt "Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie". Über die Nachfolgeregelung sollen die DFB-Gremien beraten.
"Nach 18 Jahren in verantwortlichen Positionen beim DFB habe ich mit sofortiger Wirkung meine Tätigkeit als Geschäftsführer Nationalmannschaften & Akademie beendet. Darauf habe ich mich heute mit Präsident Bernd Neuendorf verständigt", heißt es in der Stellungnahme des 54-Jährigen, der nach eigenen Worten den Weg für neue Weichenstellungen frei machen will. "Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung."
Bundestrainer Hansi Flick, der nach dem frühzeitigen Scheitern bei seinem ersten großen Turnier am Mittwoch (07.12.2022) mit der DFB-Führung um Präsident Bernd Neuendorf zur Analyse zusammenkommen wird, zeigte sich betroffen über Bierhoffs Rücktritt. "Meinem Trainerteam und mir fällt im Moment die Vorstellung schwer,
wie die durch Olivers Ausscheiden entstehende Lücke fachlich und menschlich geschlossen werden kann", sagte Flick in einer DFB-Mitteilung. Die Zusammenarbeit mit Bierhoff sei immer von Loyalität, Teamgeist, Vertrauen und Zuverlässigkeit geprägt gewesen, sagte Flick. "Zusammenhalt war die DNA unseres Teams."
Flicks Zukunft ungewiss
Oliver Bierhoff revidierte mit dem Rücktritt seine unmittelbar nach dem WM-Aus geäußerte Haltung, dass er die Heim-EM 2024 als nächstes großes Ziel ansteuern wolle. "Ich wünsche dem DFB, seinen vielen engagierten Mitarbeitern, allen unter seinem Dach versammelten Verbänden und Clubs, Einrichtungen und Initiativen sowie unseren Nationalmannschaften viel Erfolg bei ihren wichtigen Aufgaben", sagte der frühere Profi.
Bierhoff räumt den Posten als für die Nationalmannschaften und die Akademie verantwortlicher DFB-Direktor noch vor dem Krisengespräch mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke. Welche Konsequenzen der Rücktritt für die Zukunft von Hansi Flick hat, ist unklar. Ein definitives Bekenntnis zu seiner Rolle als Bundestrainer gab Flick nicht ab und sprach in seiner Mitteilung von Bierhoff als "Ansprechpartner und Freund". "Ich danke ihm persönlich und als Bundestrainer für diese lange Zusammenarbeit und das dabei entstandene unschätzbar hohe Vertrauen", sagte Flick, Vertrauen sei das höchste Gut.
Seit 2004 beim DFB
Bierhoff war 2004 zeitgleich mit Bundestrainer Jürgen Klinsmann zum DFB gekommen. Zuvor hatte er 37 Tore in 70 Länderspielen geschossen und die DFB-Auswahl im EM-Finale 1996 mit seinen beiden Finaltoren, darunter dem ersten Golden Goal, zum Europameister. Zwei Jahre nach seinem letzten Länderspiel begann er 2004 zunächst als Manager der DFB-Auswahl. 2018 wurde er Direktor Nationalmannschaften und Akademie und 2022 Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie der DFB GmbH & Co KG.
Für Bierhoff folgte parallel zum sportlichen Niedergang spätestens nach dem EM-Aus 2016 ein kontinuierlicher Akzeptanzverlust bei den Fans. Seine Marketingkonzepte wurden ihm negativ ausgelegt. Der von ihm eingeführte Begriff "Die Mannschaft" als Markenbotschaft für die Nationalmannschaft verfing überhaupt nicht.
Auch bei den Turnierplanungen lief es für den früheren Mittelstürmer nicht mehr rund. Sein hymnisch gefeiertes Hüttendorf Campo Bahia in Brasilien war der letzte Glücksgriff als Teamquartier. Für das Hotel in Watutinki nahe Moskau gab es 2018 viel Kritik - besonders nach dem WM-Aus. Das Resort in Al-Ruwais im Norden Katars wurde auch zum Symbol einer zu sehr behüteten und abgeschotteten Nationalmannschaft. Nach dem erneuten Vorrundenscheitern war Bierhoff noch mehr als Flick in den Fokus der enttäuschten Fußball-Fans geraten, auch nach den Diskussionen um die umstrittene One-Love-Kapitänsbinde.