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SportGlobal

Olympisches Boxen vor der Spaltung

13. April 2023

Der Streit im internationalen Boxsport spitzt sich zu: Einige Verbände, darunter Deutschland, gründen einen alternativen Weltverband, um Russlands Einfluss zu minimieren. Sie hoffen auf Anerkennung durch das IOC.

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Symbolbild Boxhandschuhe liegen auf Boden von Boxring
Zerbricht der Boxsport und verliert seinen Status als olympische Sportart?Bild: Sergiy Tryapitsyn/PantherMedia/IMAGO

Der Streit im internationalen Boxsport erreicht eine neue Eskalationsstufe, dem olympischen Boxen droht damit weiteres Chaos. Am Donnerstag gründete eine Gruppe nationaler Verbände - darunter die der USA, Großbritanniens und Deutschlands - einen neuen Box-Weltverband mit dem Namen "World Boxing". Man strebe die Anerkennung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) an und wolle "sicherstellen, dass der Boxsport weiterhin im Mittelpunkt der olympischen Bewegung steht", teilte World Boxing am Donnerstagabend mit. Die Neugründung und damit Abspaltung des Welt-Boxverbands IBA geschehe als "Reaktion auf die anhaltenden Probleme im Zusammenhang mit dem bestehenden internationalen Dachverband des olympischen Boxsports". 

"Der Verlust des olympischen Status stellt eine existenzielle Bedrohung für den Boxsport dar, die negative Auswirkungen auf den Sport auf allen Ebenen haben wird. World Boxing hat sich zum Ziel gesetzt, dies zu verhindern", sagte Tyson Lee, Präsident des US-Verbandes.

Russischer Einfluss in der IBA 

World Boxing gehören Verbände an, die bereits einen Boykott der diesjährigen Weltmeisterschaften der Männer umgesetzt und für die WM der Frauen angekündigt haben. Organisator der Weltmeisterschaften ist die IBA, an dessen Spitze der Russe Umar Kremlew steht. Der Streit mit der IBA entzündet sich auch am Ukraine-Krieg und den damit verbundenen Sanktionen gegen Boxerinnen und Boxer aus Russland und Belarus. Ihnen soll unter anderem die Teilnahme an den Europaspielen verwehrt werden, die Ende Juni in Krakau in Polen stattfinden.

Die IBA forderte das IOC auf, dem Wettbewerb den Status der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 zu entziehen. Russischen und belarussischen Aktiven werde bei den Europaspielen "die Möglichkeit verwehrt, sich für Paris 2024 zu qualifizieren", heißt es in einer IBA-Mitteilung: "Die IBA bekräftigt ihr Engagement für faire Chancen für alle Athleten, unabhängig von ihrer Nationalität, und wird sich für die Rechte eines jeden von ihnen einsetzen. Die Athleten sollten an erster Stelle stehen, und es sollte keinen Platz für Politik in unserem Sport geben."

IBA-Präsident Umar Kremlew bei einer Pressekonferenz
IBA-Präsident Umar Kremlew macht sich für Boxerinnen und Boxer aus Russland und Belarus starkBild: Sondeep Shankar/Pacific Press/picture alliance

Unter Kremlew hatte die IBA zuletzt im März bei der Frauen-WM in der indischen Hauptstadt Neu Delhi russischen und belarussischen Boxerinnen eine uneingeschränkte Starterlaubnis erteilt - mit Flagge und Hymne. Gleiches ist für die anstehende Männer-WM in der usbekischen Hauptstadt Taschkent (1. bis 14. Mai) geplant. Zahlreiche Nationen planen deshalb erneut einen Boykott der WM.

Wird bei Olympia 2028 noch geboxt?

Ob Boxen nach 2024 weiterhin einen Platz bei den Olympischen Spielen haben wird, ist ungewiss. Das IOC hatte von der IBA Reformen gefordert und Boxen im ursprünglichen Programm für Los Angeles 2028 nicht mehr aufgeführt. 2019 hatte das IOC die IBA wegen Problemen in den Bereichen Führung, Finanzen, Schiedsrichterwesen und Ethik suspendiert. Dem Verband wurde die Beteiligung an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und an den Qualifikationswettbewerben für Paris 2024 entzogen.

Seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine im vergangenen Jahr haben sich die Beziehungen zwischen IOC und IBA weiter verschlechtert. Die IBA habe "kein wirkliches Interesse am Boxsport und den Boxern", sondern sei nur "an der eigenen Macht interessiert", teilte das IOC zuletzt mit. Spannend wird nun, ob die olympische Dachorganisation den neuen Boxverband "World Boxing" anerkennt und er damit an die Stelle der IBA als führender Weltverband tritt. Die IBA reagierte auf die Gründung von World Boxing und kündigte Maßnahmen an, um ihre "Autonomie als offizieller weltweiter Dachverband und globale Heimat des Boxsports zu schützen". 

 

Boxen war bereits in der Antike olympisch, in der Neuzeit gehört es seit den Sommerspielen 1904 in St. Louis zum olympischen Programm. Die Männer boxen aktuell in acht Gewichtsklassen. Bei den Sommerspielen 2012 in London durften erstmals auch Frauen starten, mittlerweile kämpfen sie in fünf Gewichtsklassen. Die USA führen die olympische Nationenwertung im Boxen mit insgesamt 117 Medaillen, davon 50-mal Gold, an - vor Kuba (78/41) und Großbritannien (62/20).

asz/sn (SID, Reuters)