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Politik

"Nach jedem Tweet schwieriger"

20. Juni 2018

Der Rückzug aus dem UN-Menschenrechtsrat stellt das Verhältnis zu den USA abermals auf die Probe. Es sei zunehmend schwierig, den freundlichen Ton zu halten, sagt Omid Nouripour. Doch gute Beziehungen seien wichtig.

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Symbolbild Verhältnis USA Deutschland
Bild: picture-alliance/R. Peters

Deutsche Welle: Es hatte sich schon länger abgezeichnet, am Dienstag wurde es schließlich offiziell. Die USA haben sich aus dem Rat für Menschenrechte der Vereinten Nationen zurückgezogen. Wie bewerten Sie diesen Schritt?

Omid Nouripour: Der US-amerikanische Schritt raus aus dem UN-Menschenrechtsrat ist mehr als bedauerlich. Es ist einfach nicht zu fassen, dass die Amerikaner schlicht aussteigen - auch wenn die Kritik an dem Gremium teilweise berechtigt ist. Dass bestimmte Menschenrechtsverletzungen dort nicht mehrheitlich verurteilt werden, ist richtig. Aber wir haben keine anderen Vereinten Nationen und deshalb ist das, was die Amerikaner machen, schlicht falsch. Es ist die Fortsetzung von Trumps Politik, sich grundsätzlich aus supranationalen und internationalen Zusammenhängen zurückzuziehen.

Sie sprechen es selber an: Trump scheint sich aus allen möglichen multilateralen Abkommen zurückziehen zu wollen. Was bedeutet dieses Verhalten für Deutschland?

Es ist dringend notwendig, dass Deutschland sich zusammen mit den anderen EU-Staaten zusammen setzt und überlegt, wie man zumindest die freiwilligen Beiträge, die die Amerikaner jetzt nicht mehr bezahlen, auffängt. Es geht ja nicht nur um den UN-Menschenrechtsrat, sondern auch um den Ausstieg bei der Bildungseinrichtung UNESCO oder die Gelder, die bei der Flüchtlingshilfe zurückgefahren werden.

USA New York Donald Trump und Nikki Haley
US-Präsident Trump und UN-Botschafterin Nikki Haley: Ausstieg "einfach nicht zu fassen"Bild: picture-alliance/newscom/UPI Photo/J. Angelillo

Erst vor wenigen Wochen war ich in den USA und führte unter anderem Gespräche über die Lage in Kolumbien. Im Weißen Haus sagten sie mir: "Es wäre gut, wenn ihr Kolumbien helft, weil bereits so viele Flüchtlinge aus Venezuela kämen." Ich war verwirrt. Die Organisation, die das am besten auffangen könnte, ist das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, der UNHCR - und denen fehlt jetzt das Geld der Amerikaner.

Und wenn die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, Venezuela und die katastrophale Lage vor Ort anspricht, die nicht vom Menschenrechtsrat verurteilt würde, kann ich sagen: Wenn die Amerikaner es ernst meinten mit Venezuela, dann sollten sie dem UNHCR helfen, damit den Flüchtlingen in Kolumbien geholfen werden kann.

Sie sprechen die finanziellen Folgen an. Gibt es denn auch etwas, was Deutschland an seinem kommunikativen Verhalten gegenüber den USA ändern sollte? Noch ist der Ton ja relativ freundlich.

Es ist zunehmend schwierig, den freundlichen Ton den Vereinigten Staaten gegenüber zu halten. Ich bin selbst Transatlantiker und ein großer Fan der USA. Aber nach jedem Tweet Trumps, gerade nach denen, die unser Land direkt mit Dreck bewerfen, wird es schwieriger.

Bundespressekonferenz Stichtag zum Iran-Abkommen Menschenrechte Omid Nouripour
Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher der GrünenBild: Imago/Metodi Popow

Sie haben es gerade angesprochen. Es gab ja alle möglichen Einmischungen in deutsche Politik, auch zum Thema Flüchtlingspolitik oder Kriminalitätsstatistiken. Was würden Sie sagen: Wie muss man dem denn künftig begegnen?

Wenn der amerikanische Präsident sich hinstellt und sagt, dass die deutschen Behörden die Statistiken über die Kriminalität in Deutschland fälschen, dann muss man ihm die Frage stellen, ob er dafür von Putin oder Russia Today bezahlt wurde. Das ist quasi eins zu eins die Propaganda-Platte, die wir von Russia Today kennen. Das ist nicht hinnehmbar und muss scharf zurückgewiesen werden.

Ein positiver Blick scheint derzeit schwer möglich: Wie sehen Sie denn die deutsch-amerikanischen Beziehungen in naher Zukunft?

Die transatlantischen Beziehungen basieren auf den Freundschaften zwischen Menschen - und die sind ja nicht weg. Ich war selbst als deutsch-iranischer Doppelstaatler Anfang vergangenen Jahres von dem sogenannten "Muslim ban" betroffen, also dem Einreiseverbot für Menschen aus bestimmten muslimischen Staaten. Ich durfte als stellvertretender Vorsitzender der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe nicht einreisen. 

Ich habe so viele Reaktionen aus den USA bekommen. Menschen haben ihre Arbeit liegengelassen, sind zu den Flughäfen gekommen und haben dort tagelang campiert, um Leuten wie mir zu helfen. Das ist auch Amerika. Und diese Leute dürfen wir nicht im Stich lassen, indem wir sagen, dass wir die Amerikaner aufgeben. Das Zentrale ist jetzt, dass man die "People to people"-Beziehungen, also von Mensch zu Mensch, ausbaut. Die Netzwerke und Austauschprogramme brauchen wir mehr als je zuvor.

Omid Nouripour ist außenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag.

Das Gespräch führte Stephanie Höppner.

Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft