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Operationen durchs Schlüsselloch

Ellen Schuster15. Januar 2005

Wer jemals operiert wurde, hatte es vermutlich schon einmal mit Instrumenten und Apparaten der Firma Karl Storz Endoskope zutun. Der Weltmarktführer hat sogar einen kompletten Operationssaal entwickelt.

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Hier muss alles funktionierenBild: AP

Ihre Mitarbeiter nennen sie respektvoll die Chefin. Im Schwäbischen, wo die Firma Zuhause ist, sagt man, sie habe eine Nase fürs Geschäft. Die Rede ist von Sybill Storz, Geschäftsführerin der Firma Karl Storz Endoskope. Das Unternehmen ist heute Weltmarktführer im Bereich der so genannten minimal invasiven - der eindringenden -Chirurgie und der starren Endoskopie, der Untersuchung von Körperhöhlen. Es stellt die notwendigen Instrumente und Apparate dafür her.

Außerdem konzentriert sich das Unternehmen Karl Storz auf den Bereich Forschung und Entwicklung. Prunkstück der Entwickler ist derzeit der so genannte OR1, ein integrierter Operationssaal, mit dem das Unternehmen seit 1999 auf dem Markt ist - nach zehn Jahren Entwicklungszeit.

Operationssaal mit Netzwerkverbindung

Wie aus einem Science-Fiction-Film erscheint dem Laien der OR1: Über einen Bildschirm steuert der Chirurg alle benötigten Geräte. Zusätzlich kann er Bilder und Videos von der Operation aufnehmen, Kommentare diktieren und all dies später für seinen Operationsbericht oder Forschungszwecke weiterverwenden. Und schließlich kann der Operateur aus dem OR1 heraus über eine Netzwerkverbindung Kontakt mit Kollegen aufnehmen und sich mit ihnen austauschen. Auch Live-Übertragungen von endoskopischen Eingriffen sind mit dem OR1 kein Problem. Weltweit 500 Operationssäle wurden bislang mit einem OR1 ausgestattet.

Die Produktions-, Vertriebs- und Verwaltungszentrale von Karl Storz befindet sich seit den Gründerjahren im schwäbischen Tuttlingen, einem 35.000-Einwohner-Städtchen im Süden von Baden-Württemberg. Tuttlingen nennt sich stolz das "Weltzentrum der Medizintechnik" - an die 400 Unternehmen aus dem Bereich Medizintechnik sind hier ansässig.

Traditionsunternehmen eines Tüftlers

1945, nach dem Zweiten Weltkrieg, begann der Kaufmann und Instrumentenmacher Karl Storz mit der Herstellung medizinischer Geräte für Hals-Nasen-Ohren-Ärzte. Daneben verfolgte der kreative Tüftler hartnäckig einen Gedanken: Er will ein Instrument konstruieren, durch das besonders helles, aber kaltes Licht in menschliche Körperhöhlen geleitet werden kann. Es soll Ärzten eine brillante Sicht ins Körperinnere ihrer Patienten ermöglichen. Damals war es noch üblich, den Ort der Untersuchung im Köperinnern etwa durch elektrische Miniaturlämpchen zu beleuchten.

1960 wurde die Kaltlichtquelle erfunden. Diese Art der Lichtübertragung revolutionierte die Welt der Endoskopie. 1965 entwickelte Karl Storz gemeinsam mit dem amerikanischen Professor Hopkins das Hopkins-Stablinsensystem - ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Endoskopie. Das Unternehmen profitierte von diesen Entwicklungsanstrengungen - es wächst stetig weiter.

Generationenwechsel für die Zukunft

Tochter Sybill Storz begann ihre Laufbahn noch in einem im Familienunternehmen mit etwa zwei Dutzend Mitarbeitern. Heute führt sie ein Unternehmen mit annähernd 3000 Menschen. Sie arbeiten in sechs Produktionsstätten und mehr als 20 Marketing- und Vertriebsgesellschaften weltweit. Das Angebot an endoskopischen Instrumenten von Karl Storz umfasst inzwischen rund 8000 Produkte. Das Unternehmen engagiert sich inzwischen nicht nur im Bereich Humanmedizin, sondern auch in der Veterinärmedizin und der technischen Endoskopie. Beispielsweise wird das Innere von Lufthansa-Turbinen und Mercedes-Benz-Motoren mit Karl-Storz-Endoskopen inspiziert, die hauptsächlich im Werk Tuttlingen hergestellt werden. Traditionelle Hauptabsatzmärkte für die High-Tech-Produkte von Karl Storz sind Europa und die USA. Doch die Unternehmerin verfolgt auch aufmerksam Entwicklung auf anderen Märkten, etwa in China.

Auch sonst ist die Firma offenbar gut für die Zukunft gerüstet. Die nächste Generation steht schon in den Startlöchern - Karl Christian Storz, Sohn der Chefin, verantwortet heute den Bereich technische Endoskopie. Gut möglich, dass er eines Tages in die Fußstapfen seiner Mutter treten wird. Eine andere Option: Regelmäßig gibt es Gerüchte über einen Verkauf des Familienunternehmens an einen Großkonzern, etwa den US-amerikanischen Branchenriesen Johnson & Johnson. Doch die 67-jährige Storz winkt ab: "Man soll nie nie sagen, aber ich kann es mir heute nicht vorstellen. Und sehr wahrscheinlich auch morgen nicht."