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Opernmelodien im Kampf gegen AIDS

Rick Fulker22. Mai 2016

Gute Laune, starke Solisten und ein Rekordergebnis: Die 5. Bonner Operngala war ein voller Erfolg für die AIDS-Stiftung. Trotz besserer Behandlungsmöglichkeiten sei der Kampf gegen HIV nicht vobei, so die Initiatoren.

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Bonner Operngala für die Deutsche AUDS-Stiftung. Copyright: Deutsche AIDS-Stiftung/Patric Fouad
Bild: Deutsche AIDS-Stiftung/Patric Fouad

"Vergesst das Lachen nicht," war Guido Westerwelles Botschaft an das Publikum der Gala im vergangenen Jahr. Die 5. Operngala Bonn für die Deutsche AIDS-Stiftung am Samstag wurde denn auch dem inzwischen an Leukämie verstorbenen ehemaligen Bundesaußenminister gewidmet.

Der Bundestagspräsident, Klassik-Fan und Schirmherr der Veranstaltung, Norbert Lammert (CDU), sagte in seiner Eröffnungsansprache, dass das Engangement der AIDS-Stiftung trotz Erfolgen bei der Bekämpfung der Immunschwäche-Krankheit immer noch dringend nötig sei. "Beachtenswerte Fortschritte und das Engagement der Stiftung geben jedoch die Hoffnung, dass wir das bewältigen können", sagte er.

Starke Darbietungen der Solisten

Die über dreistündige Veranstaltung verlangte zwar einiges vom Publikum ab. Von erfrischender Knappheit waren dafür die Erläuterungen der deutschen Fernsehmoderatorin Bettina Böttinger, die das Kunststück fertig brachte, als Anreiz die meist komplizierten Opern- und Arieninhalte sehr kompakt, beinahe in Twitter-Format, wiederzugeben.

Mit 23 musikalischen Einlagen versprühte das Marathonprogramm viele musikalischen Funken aus dem Opern- und Liedrepertoire. Darin war kein Moment der Schwäche bei den Auftritten der neun Vokalsolisten zu spüren - von der eher lyrischen Tenorstimme des Italieners Roberto de Biasio und dem zarten Sopran der Amerikanerin Robin Johannsen bis hin zum eleganten Coloratura-Gesang der Russin Julia Novikova; dem starken, dunkel timbrierten Bariton des Italieners Davide Luciano oder dem vom ersten Ton an stimmgewaltigen Einsatz der russischen Sopranistin Marina Prudenskaya.

Die Sopranistin Chiara Skerath mit dem Dirigenten Stefan Blunier im Hintergrund. Copyright: Deutsche AIDS-Stiftung/Patric Fouad
"Meine Lippen, sie küssen so heiß", sang Chiara Skerath aus der Oper 'Giuditta' von Franz LehárBild: Deutsche AIDS-Stiftung/Patric Fouad

Mit komödiantischen Einfällen und gelungener Sinnvermittlung stellte eine Solistin jedoch alle andere in den Schatten: die deutsche Sopranistin Simone Kermes. "Schön" sang sie zwar nicht, das sei wohl auch nicht ihre Absicht gewesen. "Ich bin keine Opernsängerin", sagte Kermes im DW-Gespräch. Stattdessen liebt der Fixstern am Opernhorizont das Experiment, etwa durch Crossover-Projekte und einfallsreiche Präsentationsformen, weshalb sie oft als "freie Radikale" der Szene bezeichnet wird. In Bonn brillierte Kermes durch waghalsige Gesangsimprovisationen, wofür ihr der Dirigent Stefan Blunier alle erforderlichen Freiräume ließ. Für den Auftritt mit einer Arie aus Jacques Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" erschien die Sängerin im ulkigen Kleid und absurden Plattformschuhen und mimte fernsehreif die von Fäden gezogene Marionette, der zweimal die Puste ausging. Das Publikum in der Bonner Oper tobte.

Opernohrwürmer mit ernstem Hintergrund

Auch im DW-Fernsehen wird die Operngala ausschnittweise zu sehen sein: in der Sendung Kultur.21 vom 3. und am 10. Juli 2016. Ab dem 3 Juni ist der Audio-Mittschnitt für zwei Wochen als Audio-on- Demand auf der Seite von Concert Hour abrufbar. In einer kurzen Ansprache erklärte der DW-Intendant Peter Limbourg, warum sich der Auslandssender als Medienpartner für die Gala engagiert: "Der Aufklärungsgrad über die Gefahr von HIV und AIDS mag in Deutschland hoch sein, aber in der Welt ist die Aufklärung umso wichtiger. Die Gefahren der Krankheit über Jahrzehnte rechtfertigen einen hohen Einsatz, und das leisten wir."

Kind mit Löfffel, Foto: dpa - Bildfunk
Was kostet ein Menschenleben? Die Deutsche AIDS-Stiftung bekämpft erfolgreich die Immunschwäche in AfrikaBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Aber auch in Deutschland muss die Präventionsarbeit noch intensiviert werden, sagte Ulrich Heide, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen AIDS-Stiftung. Die 3200 Neuinfektionen pro Jahr seien immer noch zu viele. Nach medizinischen Fortschritten, die die Immunschwäche zu einer behandelbaren Krankheit gemacht haben, sei das Bewusstsein über ihre Gefahr in der Bevölkerung verblasst; in diesem Zusammenhang sprach Heide sogar von einer "Präventionsfalle". Die Initiatoren der Gala, Helmut Andreas und Arndt Hartwig, brachten es auf den Punkt: "HIV und AIDS sind weiterhin nicht heilbar."

Neben der Förderung eines Instituts für HIV-Forschung am Universitätsklinikum Essen leistet die Stiftung projektbezogene Einzelmaßnahmen für erkrankte Menschen im Inland: Dort, wo der Sozialstaat nicht greift, lindert sie die Situation einzelner Betroffene beispielsweise durch die Finanzierung eines Umzugs oder hilft etwa bei der Anschaffung eines nötigen Haushaltsgeräts. Die Deutsche AIDS-Stiftung engagiert sich jedoch auch im Ausland - wohl als einzige unter vergleichbaren Privatstiftungen weltweit. Die Erfolgsquote beim DREAM-Programm in Mosambik, die die Übertragung von HIV von Mutter auf Kind verhindern soll, liegt inzwischen bei über 99 Prozent.

Rekord-Erlös für die AIDS-Stfitung

Ingesamt wurden bei der Gala 194.500 Euro gesammelt: ein Rekord. Der Betrag könne sich durch nachträgliche Spenden noch einmal erhöhen. Die "runde Zahl" von 200.000 Euro sei also in greifbarer Nähe, sagte Helmut Andreas Hartwig.

Die Sopranistin Julia Novikova. Copyright: Deutsche AIDS-Stiftung/Patric Fouad
Julia Novikova ist längst vom Opern-Sternchen zum Star aufgestiegenBild: Deutsche AIDS-Stiftung/Patric Fouad

Rund 80 Prozent des Finanzvolumens der Deutschen AIDS-Stiftung fließe direkt in die Wohltätigkeitsarbeit, erklärte Ulrich Heide im DW-Gespräch. Dabei liegt der Anteil des Etats aus Bundeshaushaltsmitteln bei circa einem Prozent. Gut so? "Es mag bequemer sein, von öffentlichen Mitteln getragen zu werden", sagte Heide. "Aber der Zwang, Finanzen durch Veranstaltungen wie diese aufzutreiben, trägt unsere Botschaft viel stärker in die Gesellschaft als bei einer staatlichen Einrichtung möglich wäre."