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"Der Kongo wird alleingelassen!"

Josephine Mahachi
13. November 2022

Der kongolesische Oppositionsführer Martin Madidi Fayulu fordert die Weltgemeinschaft auf, die Krise in der Demokratischen Republik Kongo endlich zu priorisieren. Im DW-Interview kritisiert er Ruanda und Uganda scharf.

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Martin Fayulu zu Besuch bei der DW in Bonn
Oppositionspolitiker Martin Madidi Fayulu fordert mehr Unterstützung für die Demokratische Republik KongoBild: Dirke Köpp/DW

Oppositionspolitiker Martin Madidi Fayulu unterlag 2018 Felix Tshisekedi bei der Präsidentenwahl in der Demokratische Republik Kongo (DRK). Er zog bis vor das Verfassungsgericht des zentralafrikanischen Staates, das die Klage der Opposition gegen das amtliche Ergebnis aber abwies. Nächstes Jahr will sich Fayulu wieder zur Wahl stellen.

DW: Die Demokratische Republik Kongo leidet unter einer Krise, die M23-Rebellen terrorisieren das Land. Können Sie uns mehr über die Situation vor Ort berichten?

Martin Madidi Fayulu: Die M23 sind keine Rebellen, sie sind Ruander, die von Ruandas Präsidenten Paul Kagame in den Kongo geschickt wurden, um das Land zu destabilisieren. Sein Ziel ist es, Teile des Kongos zu beherrschen, um an kongolesische Bodenschätze zu kommen. Er will Kongolesen vertreiben und stattdessen Ruander dort ansiedeln. Dieser Krieg wurde von Kagame und von Uganda verursacht.    

Aber es sind über zehn Jahre vergangen, seitdem die M23-Bewegung gegründet wurde. Warum hat es so lange gedauert, bis Kongos Regierung diese Krise angegangen ist?

Weil alle Regierungen in der DRK von Kagame installiert wurden. Kongos früherer Präsident Joseph Kabila wurde von Kagame eingesetzt. Und als Kabilas Amtszeit sich dem Ende zuneigte, haben sie versucht, ihn zu ersetzen. Und weil sie keinen direkten Kandidaten von Kabila nehmen konnten, handelten sie einen Deal zwischen Kagame, Kabila und Felix Tshisekedi aus - und deshalb ist Tshisekedi heute Präsident. Und dann gibt es die Armee, in der viele Ruander sind, die für Kagame arbeiten. Das macht es alles schwierig, diese Krise zu lösen.

Felix Tshisekedi steht an einem Podium
Präsident Tshisekedi: Höchstrichterlich 2018 zum Wahlsieger erklärtBild: Giscard Kusema

Wenn Sie heute Präsident wären, was würden Sie anders machen im Vergleich zu Präsident Tshisekedi?

Zuallererst die Korruption stoppen! Dann eine starke, gut ausgebildete Armee einsetzen und sie in den Kampf schicken. Ich würde eine Militärbasis in der Nähe von Beni an der nördlichen Grenze Kongos einrichten. Und dann würde ich die Leute darüber informieren, was wirklich los ist und mit der Weltgemeinschaft sprechen und Kagame öffentlich verurteilen. Ich würde mit den Vereinten Nationen, der Afrikanischen und Europäischen Union, mit Ländern wie Deutschland und Frankreich sprechen und sagen, wir brauchen Frieden. Ihr müsst so handeln, wie im Fall der Ukraine, wo ihr auch Russland verurteilt. Wir im Kongo haben auch ein Problem und niemand verurteilt Ruanda. Warum nicht?

Die US-Botschaft in Kinshasa hat eine Sicherheitswarnung für die nächsten zwei Tage herausgegeben, weil Proteste angesagt wurden. Haben Sie dazu Informationen? Bislang ist unklar, warum diese Proteste stattfinden.

Die Kongolesen wollen ihr Land beschützen. Sie demonstrieren, um zu sagen, wir sind gegen Ruanda; Ruanda sollte seine Leute, die M23, aus dem Land abziehen. Ich selbst werde zurück nach Kinshasa fahren und meine Reise in Europa jetzt vorzeitig beenden. Es ist kein Protest, es ist eine Demonstration. Wir sagen, dass die Welt verstehen muss, dass die Demokratische Republik Kongo von Ruanda und Uganda angegriffen wurde - und sie muss das verurteilen.

Während früherer Proteste haben jüngere Kongolesen Russland gebeten, einzugreifen. Glauben Sie, dass Russland auf irgendeine Art und Weise helfen kann?

Nein, ich denke, wir Kongolesen müssen uns selbst helfen. Es geht nicht darum, jemanden um Hilfe zu bitten. Es geht darum, dass die Vereinten Nationen, zu denen auch wir gehören, Sanktionen gegenüber Ruanda und Uganda verhängen müssen. Diese beiden Länder bringen Kongolesen um, über zehn Millionen Kongolesen wurden bereits getötet. Mehr als sechs Millionen Kongolesen sind zurzeit Vertriebene im eigenen Land. Wie kann es sein, dass das niemanden interessiert, aber jeder spricht über die Ukraine? Ja, wir müssen über die Ukraine reden. Aber gleichzeitig spricht jeder darüber, dass der Kongo den Regenwald hat, Kongo hat Kupfer, Kobalt, Lithium, all diese Bodenschätze. Diese Rohstoffe werden für die Energiewende benötigt. Und trotzdem wird der Kongo alleingelassen!

Die nächsten Wahlen im Kongo finden 2023 statt. Sie sind Teil der Opposition. Wie hat sich Ihrer Meinung nach die Regierung von Tshisekedi bislang geschlagen?

Ich bin nicht hier, um zu kommentieren, was Tshisekedi getan hat. Aber er hat versagt. Er hat keine Kompetenzen, er kann das Land nicht führen. Jeder weiß, dass er nicht zur Schule gegangen ist, keinen Tag in seinem Leben gearbeitet hat. Das ist der erste Job, den ihm Kabila gegeben hat, weil er ihn führen kann. Dieser Ort ist voll von Korruption. Er begünstigt seine Freunde, die sich bereichern, während das Land ärmer und ärmer wird.

Werden Sie selbst sich wieder für die Wahlen aufstellen lassen?

Ja, denn die Kongolesen wollen, dass ich mich zur Wahl stelle. Ich denke, ich bin ihnen das schuldig. Außer sie selbst sagen, dass sie mich nicht mehr brauchen.

Sie glauben immer noch, dass Sie die Wahlen 2018 gewonnen haben. Unter welchen Bedingungen werden die nächsten Wahlen transparent sein?

Unter der Bedingung, dass alle Teilnehmer den Spielregeln zustimmen. Dass wir uns auf eine Wahlkommission verständigen, auf ein Wahlgesetz, die Wahltermine so legen, dass die Sicherheit der Wahl gewährleistet ist. Deshalb reise ich um die Welt, ich diskutiere mit Kongolesen, mit Mitgliedern von westlichen Regierungen. Die Demokratische Republik Kongo ist ein wichtiges Land in der Welt und dieses Land braucht Hilfe. Wir haben jetzt eine Diktatur und die Welt braucht Demokratie mit guten, unabhängigen und glaubwürdigen Wahlen.

Das Interview führte Josephine Mahachi.

Dieses Interview wurde aus dem Englischen adaptiert.