Oppositionspolitikerin Abir Moussi in Tunesien festgenommen
4. Oktober 2023Tunesiens Präsident geht mit harter Hand gegen Kritiker vor. "Abir Moussi wurde 48 Stunden lang unter dem Vorwurf der Verarbeitung personenbezogener Daten, der Behinderung des Rechts auf Arbeit und des Angriffs mit dem Ziel, Chaos zu stiften, festgehalten", sagte ihr Anwalt Aroussi Zgir. Sie sei am Dienstag am Eingang des Präsidentenpalastes festgenommen worden. Moussis Assistent bezeichnete ihre Festnahme vor dem Palast in einem auf Facebook veröffentlichten Video als "Entführung". Moussi hatte zuvor erklärt, sie sei zum Palast gegangen, um ihre Einsprüche gegen die Kommunalwahlen einzureichen, die für Ende des Jahres geplant sind. Die Behörden waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Moussi führt die Freie Verfassungspartei und ist eine Anhängerin des verstorbenen Präsidenten Zine El Abidine ben Ali, der 2011 durch Massenproteste gestürzt wurde. Die Partei hat in den vergangenen Monaten Proteste gegen Saied organisiert. Moussi wirft Saied vor, außerhalb des Gesetzes zu regieren. Zugleich erklärte sie sich bereit, persönliche Opfer zu bringen, um Tunesienzu retten.
Bereits mehr als 20 führende Oppositionspolitiker festgenommen
Die Polizei hat in diesem Jahr mehr als 20 führende Oppositionspolitiker unter dem Vorwurf der Verschwörung gegen die Staatssicherheit in Gewahrsam genommen. Saied bezeichnete die Verhafteten als "Terroristen, Verräter und Kriminelle". Saied hatte im Juli 2021 das Parlament per Dekret aufgelöst, was die Opposition als Staatsstreich einstufte. Zudem setzte er eine Verfassung durch, die alle wichtigen Machtbefugnisse in die Hände des Präsidenten legt und die Handlungsmöglichkeiten der Regierung stark einschränkt. Saied rechtfertigt sein Vorgehen damit, eine jahrelange Krise in Tunesien beenden zu wollen. Seine Gegner befürchten, dass er den letzten demokratischen Staat Nordafrikas in eine Autokratie umwandeln und die demokratischen Errungenschaften der Revolution des Arabischen Frühlings 2011, die von Tunesien ausging, rückgängig machen will.
Am Freitag trat der inhaftierte Oppositionsführer Rached Ghannouchi, ein weiterer Kritiker Saids, in einen dreitägigen Hungerstreik. Ihm schlossen sich fünf weitere prominente Oppositionelle an.
nob/kle (rtr, afpf)