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Oprah for President? Winfrey versus Trump

Torsten Landsberg
9. Januar 2018

Oprah Winfrey ist eine der einflussreichsten Personen in der US-Unterhaltungsindustrie. Mit ihrer Rede bei den Golden Globes könnte sie den ersten Schritt hin zu einer politischen Karriere gemacht haben.

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Golden Globes 2018 Oprah Winfrey Rede
Bild: Reuters/NBC/P. Drinkwater

Wie verzweifelt das progressiv-kulturelle Amerika sein muss, während sich in diesen Tagen Donald Trumps Präsidentschaft zum ersten Mal jährt, zeigen die Reaktionen auf Winfreys Auftritt bei den Golden Globes. Die frühere Talkshow-Moderatorin nahm den Cecil-B.-DeMille-Preis für ihr Lebenswerk entgegen und die Gelegenheit zum Anlass für eine - wie viele Beobachter meinen - inoffizielle Bewerbungsrede für die Präsidentschaftskandidatur 2020.

"Zu lang wurden Frauen nicht angehört oder ihnen wurde nicht geglaubt, wenn sie den Mut hatten, gegen die Macht von Männern aufzubegehren. Aber deren Zeit ist um!", sagte Winfrey am Sonntagabend in Los Angeles und wiederholte mehrfach den Slogan "Time's up", unter dem sich Hollywood-Schauspielerinnen gegen Macht- und sexuellen Missbrauch wehren. 

Winfrey dankte jenen, die zu den Enthüllungen über sexuelle Übergriffe des Produzenten Harvey Weinstein beigetragen hatten. Sie sprach über Rassendiskriminierung, die Rechte von Frauen, die Pressefreiheit und von einer Zeit, "in der niemand mehr 'me too' sagen muss".

Winfreys Lebensgefährte bestätigt die Bereitschaft

Der Nachrichtensender CNN berichtete anschließend unter Berufung auf namentlich nicht genannte Freunde der Unternehmerin, sie sei bereit und denke ernsthaft über eine Präsidentschaftskandidatur nach. Oscar-Preisträgerin Meryl Streep sagte nach der Preisverleihung, Winfrey bleibe nach dieser Rede gar keine andere Wahl. Die "Los Angeles Times" zitierte gar Winfreys Lebensgefährten Stedman Graham mit den Worten: "Sie würde es definitiv machen."

Auch die Nutzer der sozialen Netzwerke griffen die Rede auf. Viele lobten Winfrey, etwa als "wirklich inspirierende Aktivistin". Der Broadway-Schauspieler Leslie Odom Jr. ging bereits fest von ihrer Kandidatur aus: "Ein neuer Tag ist auf dem Weg."

Selbst die Präsidententochter und -beraterin Ivanka Trump twitterte mit Bezug auf die Bewegung "Time's Up": "Lasst uns alle zusammenkommen, Frauen und Männer, und sagen: Die Zeit ist um."

Es finden sich allerdings auch zahlreiche Tweets - insbesondere von Trump-Anhängern - mit Fotos, die Winfrey freundschaftlich an der Seite des Filmproduzenten Harvey Weinstein zeigen, der über Jahrzehnte Frauen sexuell bedrängt und missbraucht haben soll - und damit unfreiwillig Auslöser jener Bewegung wurde, die Oprah Winfrey nun auf der Bühne lobte. Manche Userinnen twitterten die Fotos mit dem Zusatz #Sheknew (dt. Sie wusste es).

Oprah Winfrey hat sich aus ärmlichen Verhältnissen zu einer der einflussreichsten Personen in der US-Unterhaltungsindustrie hochgearbeitet. Über 25 Jahre moderierte sie die "Oprah Winfrey Show", die später schlicht in "Oprah" umbenannt wurde und rund 20 Millionen Zuschauer hatte. Ihre Gäste waren Menschen, die Schicksale erlitten, Angehörige verloren hatten, arm oder Opfer von Straftaten oder Unfällen waren. Bei prominenten Gästen kreischte das Publikum hysterisch, wie es nur in einer US-Fernsehsendung inszeniert wird. In Erinnerung blieb vor allem der Auftritt eines liebestollen, auf ihrer Couch herumhüpfenden und irgendwie derangiert wirkenden Tom Cruise.

Ernste Themen und wohltätige Zwecke

In ihrer Show behandelte Winfrey auch sexuellen Missbrauch und Drogensucht, beides hat die heute 63-Jährige selbst erlebt. Nach dem Ende ihrer Show gründete sie 2011 einen eigenen Pay-TV-Sender und setzte sich mit zahlreichen Initiativen für wohltätige Zwecke ein.

Donald Trump für die Republikaner, und demnächst Oprah Winfrey für die Demokraten? Für manche Anhänger der Demokraten ist ein mögliches Celebrity-Duell eher ein Graus: "Wir haben bereits großartige Optionen", schreibt ein User bei Twitter zu einem Foto, das Bernie Sanders, Nina Turner und Tulsi Gabbard als hoffnungsvolle Bewerber der Demokraten zeigt.

Bekannt und beliebt ist Oprah Winfrey - zwei nicht unwesentliche Kriterien auf dem Weg zur Präsidentschaft. Und auch ihre finanzielle Ausstattung stünde einer Kandidatur für die Demokraten nicht im Weg: Mit einem geschätzten Vermögen von 2,8 Milliarden Dollar übertrifft sie sogar den amtierenden Präsidenten.

tla/rey (Twitter, latimes.com)