Oscar Pistorius auf Bewährung frei
5. Januar 2024Der frühere südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius ist auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Das gab die südafrikanische Strafverfolgungsbehörde in einer kurzen Mitteilung bekannt. Pistorius sei nun "zu Hause". Die Entlassung in eine fünf Jahre dauernde Bewährung erfolgte fast elf Jahre nach der Tötung von Pistorius' damaliger Freundin Reeva Steenkamp. Der als Sportidol geltende Pistorius hatte die damals 29-Jährige in der Nacht zum Valentinstag 2013 mit vier Schüssen durch die Toilettentür seiner Villa getötet. Für die Tat wurde der unterhalb beider Knie amputierte Sprintstar 2014 zunächst zu fünf, später wegen Totschlags zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.
Bilder des heute 37-Jährigen beim Verlassen des Gefängnisses in Pretoria gab es nicht: Die Strafverfolgungsbehörde hatte in den Tagen vor der Entlassung betont, Pistorius werde behandelt wie jeder andere auf Bewährung entlassene Häftling. "Häftlinge und auf Bewährung Entlassene werden niemals zur Schau gestellt", hieß es mit Blick auf all jene, die vielleicht hofften, Pistorius das Gefängnis verlassen zu sehen. "Medien, die außerhalb einer Haftanstalt campieren, werden nicht an ihrer Arbeit gehindert, aber es wird ihnen nicht möglich sein, Bilder oder Videos von Pistorius zu bekommen." Zahlreiche südafrikanische und internationale Fernsehteams und Fotografen hatten dennoch seit Mitternacht vor dem Gefängnis ausgeharrt.
Aggressionsbewältigung, kein Alkohol, keine Interviews
Für Pistorius, sechsmaliger Gold-Gewinner bei Paralympics und sechsmaliger Weltmeister, gelten strenge Auflagen. Er wird zunächst im Haus seines Onkels leben, das er ohne Erlaubnis der Behörden nicht verlassen darf. Seit der Bewilligung der Bewährung musste er in der Haftanstalt ein Reintegrationsprogramm durchlaufen. Zu den Bewährungsauflagen gehören eine Therapie zur Aggressionsbewältigung sowie gemeinnützige Arbeit im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt. Alkohol ist in der fünfjährigen Bewährungszeit für Pistorius tabu, Drogen sowieso. Er muss zu bestimmten Zeiten zu Hause sein und darf keine Medieninterviews geben.
Das Leid der Eltern
Eine schriftliche Stellungnahme von Steenkamps Mutter June macht deutlich, dass die Wunden der Angehörigen auch nahezu elf Jahre nach der Bluttat nicht verheilt sind. Sie und ihr inzwischen verstorbener Ehemann Barry hätten sich nie mit dem Tod ihrer Tochter abfinden können, schreibt Steenkamp. Das weltweite Medieninteresse an dem Fall "bedeutete den Verlust unserer Privatsphäre und machte es schwierig, in Frieden zu trauern".
Freilassung bleibt umstritten
Unumstritten ist die Freilassung von Pistorius auf Bewährung nicht. Brenda Madumise-Pajibo, Leiterin einer Organisation zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, sprach im südafrikanischen Fernsehsender SABC von einem falschen Signal. Täter, die wegen brutaler geschlechtsspezifischer Straftaten verurteilt würden, sollten keine Möglichkeit erhalten, auf Bewährung freizukommen. Die Frauenorganisation des regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) forderte in einer Stellungnahme, die Bewährungsauflagen für Pistorius sollten sorgsam überwacht werden. "Wir können über die Schwere des Verbrechens von Oscar Pistorius nicht hinwegsehen", heißt es darin.
sti/pg (dpa, sid)