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Oshi-Deutsche zwischen DDR und Namibia

Jasko Rust
30. August 2020

Vor 30 Jahren sind die ersten Oshi-Deutschen nach Namibia zurückgekehrt - in ein Land, das ihnen komplett fremd war. Manche von ihnen suchen noch nach Momenten, die sie an ihr Leben in der DDR erinnern.

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Ein Gruppenfoto und ein Einzeloto eine jungen Frau
Rückkehr in Namibia: Lucia Engombe 1993 als 18-Jährige mit ihrer Klasse an der Deutschen Oberschule in WindhukBild: picture-alliance/dpa/A. Probst

In Deutschland wächst langsam, aber sicher das Bewusstsein für die deutsch-namibische Geschichte. Dabei geht es vor allem um das Kolonialregime im damaligen Deutsch-Südwestafrika und den Genozid an Herero und Nama. Ein weniger bekanntes Kapitel ist hingegen das der sogenannten Oshi-Deutschen: Zwischen 1979 und 1990 wurden Hunderte Kinder von Namibia in die DDR verschifft, um sie vor den Gefahren des Befreiungskampfes gegen den Apartheidsstaat Südafrika in Sicherheit zu bringen. Der Name kommt von der besonderen Sprache, mit der die Kinder aufgewachsen waren - einer Mischung aus Deutsch, Englisch und Oshivambo.

Oshi-Deutsche | Lucia Engombe
Lucia Engombe - heute Journalistin beim deutschsprachigen Programm der der Namibian Broadcasting CorporationBild: Jasko Rust

Dann brach innerhalb weniger Monate zweimal die Weltpolitik über die Oshi-Deutschen herein: Im November 1989 fiel die Berliner Mauer, und im März 1990 wurde Namibia unabhängig. Wiederum ein paar Monate später, Ende August, wurden die ersten Kinder zurückgebracht. Hunderte schwarze Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mussten sich nach den beiden politischen Umbrüchen in einem Land zurechtfinden, dessen Kultur ihnen fremd war. "Wir hatten mit einem Dschungel gerechnet, mit Löwen und Palmen überall", erinnert sich Ina Maria Shikongo. Stattdessen bot sich ihr 1990 bei ihrer Ankunft in Namibia ein trockenes Land.

Zwei Fotos mit Koffern und Menschen, die aus einem Flugzeug steigen
Rückkehr in ein fremdes Land: Bilder aus dem Fotoalbum von Engombe zeigen die Ankunft der Kunder in WindhukBild: picture-alliance/dpa/A. Probst

Eine der ersten Oshi-Deutschen war Lucia Engombe - sie kam bereits 1979 in die DDR und ging dort elf Jahre lang zur Schule. Mit der Ausbildung sollten sie zur neuen Elite des Landes erzogen werden. Zurück in Namibia, sagt sie der DW, habe sie sich alleingelassen gefühlt: "Vorher haben sie uns ständig ermutigt und versucht, uns zu belohnen. Damit hätten sie einfach weitermachen sollen." Bei vielen löste der Umbruch eine Identitätskrise aus, dazu kam die finanzielle Unsicherheit.

Lucia Engombe schlug sich durch, wurde Journalistin, inzwischen hält sie eine Führungsposition beim deutschsprachigen Radioprogramm der Namibian Broadcasting Corporation.

Ort für Nostalgie

Ina Maria Shikongo ist mittlerweile Künstlerin und Aktivistin. "Wir sind unabhängige Denker geworden und sagen, was wir wollen, wenn wir es wollen", sagt sie im DW-Gespräch. Trotz ihrer Kritik an der namibischen Regierung besucht Shikongo weiter Veranstaltungen der Regierungspartei SWAPO - die aus der marxistischen Befreiungsorganisation hervorgegangen ist, die den Unabhängigkeitskampf angeführt und Kinder wie Shikongo ins sozialistische Bruderland DDR geschickt hatte.

Oshi-Deutsche | Ina Maria Shikongo
Ina Maria Shikongo - Künstlerin und Aktivistin - sucht nach der SolidaritätBild: Jasko Rust

Sie sagt, bei den Treffen würden für sie die Werte wieder lebendig, mit denen sie in der DDR aufgewachsen war: "Wenn ich dort bin, spüre ich diese Nostalgie, das Zusammensein, gemeinsam Lieder singen, die Solidarität. Das bringt die Erinnerungen zurück." Den Rednern höre sie jedoch nicht zu, sagt Shikongo.

Diese langjährige Kameradschaft ist nicht selten unter den ehemaligen DDR-Schülerinnen und Schülern. Viele sind immer noch in Kontakt und unterstützen einander regelmäßig. Zum 30. Jahrestag ihrer Rückkehr nach Namibia hätte es sogar ein Treffen der Oshi-Deutschen geben sollen - diesen Plan hat allerdings die Corona-Pandemie durchkreuzt.

Adaption: David Ehl