Osterbräuche
12. April 2009Christus ist auferstanden - er ist wahrlich auferstanden. So bezeugen es gläubige Christen in diesen Tagen. Neben Pfingsten und Weihnachten ist Ostern das höchste Fest der Christenheit. Sie feiert die Auferstehung Jesu von den Toten als das zentrale Ereignis der Weltgeschichte. Ostern bedeutet für Christen, dass am Ende das Leben über den Tod, die Wahrheit über die Lüge, die Gerechtigkeit über das Unrecht, die Liebe über den Hass und selbst über den Tod siegen wird. Im Laufe der Jahre bildete sich um das Osterfest eine Reihe von Bräuchen aus, teils mit theologischem Hintergrund, teils in Vereinnahmung heidnischer Frühlingsbräuche.
Das Osterfeuer ist ein gutes Beispiel für eine solche "Vereinnahmung". Denn schon in vorchristlicher Zeit gab es in vielen Ländern den Brauch, im Frühjahr ein großes Feuer zu entzünden, als Begrüßung für die Sonne, als Zeichen, dass nun wieder die Zeit des Lichts anbrechen wird. Und da konnten die Christen wunderbar anknüpfen, gilt doch Christus als "Licht der Welt".
Ein ähnliches Symbol ist die Osterkerze, sie wird meist am geweihten Osterfeuer entzündet und zu den Gläubigen in das Gotteshaus getragen. Langsam wird das Licht von hinten an die Gemeindemitglieder, die kleinere Ausgaben der Osterkerze in der Hand halten, weitergegeben. Schließlich wird der ganze Kirchenraum durch viele kleine Flammen erhellt. Dieser Brauch symbolisiert die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, der in die Welt gekommen ist, um die Dunkelheit zu vertreiben.
Beim Osterrad ist der heidnische Sonnenkult dagegen kaum überlagert. Bei diesem alten Brauch wird ein großes Rad aus Holz, Reisig oder Stroh nachts von Hügeln heruntergerollt. Kommt das Rad gut am Fuße des Hanges an, deutet das dem Volksglauben nach auf eine gute Ernte hin. Das Feuerrad gilt als Sinnbild der Sonnenscheibe, die die Dunkelheit des Winters vertreibt.
Rein christlich ist dagegen das Osterläuten. Am Ostermorgen erklingen erstmals wieder die Kirchenglocken, die seit Gründonnerstag schweigen. Der katholischen Legende nach fliegen die Glocken nach Rom, um erst mit der frohen Osterbotschaft wieder zurückzukehren.
Beim Osterwasser mischen sich heidnische und christliche Symbolik. Bei den Germanen wurde das Wasser zum Gedenken an die Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostera verehrt. In der katholischen Kirche wird den Gläubigen zu Ostern geweihtes Wasser mitgegeben, um zu Hause die kleinen Weihwasserbecken zu füllen. In vielen ländlichen Gegenden gehen Mädchen und Frauen in der Nacht vor Ostersonntag mit Krügen zu einem Bach oder einer Quelle und schöpfen Wasser. Mit dem Osterwasser pflegt man sich zu waschen, besprengt aber auch das Vieh und vereinzelt auch die Menschen, denen man begegnet. Dies soll Segen, Gesundheit und Schönheit bringen.
Für Katholiken unverzichtbar ist die päpstliche Ostermesse, das Spenden des Segens "urbi et orbi" von dem Balkon des Petersdomes aus. Die Stadt und der Erdkreis werden gesegnet. Zugleich wird ein vollkommener Ablass der Sündenstrafen gewährt - die fromme Gesinnung des Empfangenden vorausgesetzt.
Das Osterreiten ist ein alter sorbischer Brauch, der in der katholischen Oberlausitz gepflegt wird. Am Ostersonntag reiten die katholischen Männer einer Gemeinde in Frack und Zylinder auf festlich geschmückten Pferden in die Nachbargemeinde, um dieser die Auferstehungsbotschaft zu verkünden.
Zur Ostertradition gehört auch der Osterspaziergang, über den schon Goethe dichtete: "Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn. Denn sie sind selber auferstanden (...) Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht, sind sie alle ans Licht gebracht (...) Ich höre schon des Dorfs Getümmel. Hier ist des Volkes wahrer Himmel. Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!"
Eine etwas andere, noch relativ neue (und böse Zungen behaupten eine aussterbende) Form des Osterspaziergangs sind die Ostermärsche. Seit den 1960er Jahren marschieren in Deutschland Pazifisten aller Couleur gegen die atomare Aufrüstung der Supermächte. In den 80ern erreichten die Ostermärsche ihren zahlenmäßigen Höhepunkt: Mehr als 700.000 Menschen zogen 1983 für den Frieden durch die Straßen. 2009 sind es nur noch wenige tausend.
Ein Sinnbild des Friedens und der Unschuld ist das Osterlamm. Und doch wird es traditionell an Ostern verspeist, ob als Braten oder vegetarisch als Kuchen in Lammform. Das Schlachten eines Opferlammes zu Ostern stammt vom dem jüdischen Pessach-Fest ab, das an den Auszug der Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft erinnert. Auf Gottes Geheiß bestrichen die Juden ihre Türpfosten mit Blut der Opferlämmer. Der Todesengel, der die Erstgeborenen des Landes tötete, schritt an ihren Häusern vorbei. Im Neuen Testament wird Jesus als "Lamm Gottes" gedeutet, sein Tod als stellvertretendes Opfer für die Sünden der Menschen.
Längst hat ein anderes Tier das Osterlamm an Beliebtheit überholt: der Osterhase. Genau wie die Ostereier stammt der Osterhase eher aus der heidnischen Frühlings- und Fruchtbarkeitssymbolik. Schon die griechische Liebesgöttin Aphrodite wird mit dem Hasen in Verbindung gebracht, der sich im Frühling bekanntermaßen stark vermehrt. Warum nun gerade der Osterhase die Eier bringt - bis zum Anfang dieses Jahrhunderts hatte der Hase da in Deutschland durchaus noch Konkurrenz durch den Kuckuck, den Fuchs, den Storch oder den Hahn - erläutert der Dichter Eduard von Mörike scherzhaft und löst dabei auch noch nebenbei das Rätsel vom Huhn und dem Ei: "Erstlich ward ein Ei erdacht: Doch weil noch kein Huhn gewesen, Schatz, so hat's der Osterhas gebracht."
Schon in der Urchristenzeit galt das Ei als Symbol der Auferstehung. Wie ein Grab hält es Leben in sich verschlossen - hier wird die Beziehung zur Auferstehung Christi deutlich. Der Brauch, vor Ostern Eier bunt zu färben, entstand wahrscheinlich ganz prosaisch aus der Notwendigkeit, die in der Fastenzeit gesammelten und abgekochten Eier von den anderen zu unterscheiden. Die traditionelle Farbe für Ostereier ist rot - als Farbe des Lebens, der Freude und auch als Symbol für das Blut Christi. Inzwischen haben auch andere Farben das Ei erobert, seit dem 19. Jahrhundert entstand der Brauch, Ostereier zu verstecken, die dann von den Kindern gesucht werden - nicht sehr christlich, aber bis heute sehr beliebt.
Autorin: Rachel Gessat
Redaktion: Kay-Alexander Scholz