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Pakete austragen - ein prekärer Knochenjob?

Mischa Ehrhardt
10. November 2023

Paketausträger verdienen im Durchschnitt 20 Prozent schlechter als Fachkräfte anderer Branchen. Und fast 30 Prozent sind atypisch beschäftigt, also etwa vermittelt durch Zeitarbeitsfirmen.

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Ein Mitarbeiter räumt in einem Deutsche Post DHL Paketzentrum Pakete in einen Lkw.
Viel zu tun: EIn Paketbote bei der ArbeitBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

In rund zwei Wochen ist es wieder soweit. Dann lockt der Handel mit bunten Angeboten und vermeintlich unschlagbaren Schnäppchen. Die Cyber-Week läutet den Endspurt für das Weihnachtsgeschäft ein. Ab Ende November werden dann an einzelnen Tagen mehr als 11 Millionen Pakete durch die Republik transportiert. Das schätzt der führende Paketdienstleister DHL. Das sind fast doppelt so viele Paketsendungen wie die 6,2 Millionen an gewöhnlichen Durchschnittstagen.

Schuften und ächzen werden die Paketbotinnen und Paketboten dabei vor allem auf der so genannten letzten Meile - also den Transport der Pakete bis zur Haustür der Kunden. Und für diese körperliche Plackerei werden sie auch noch schlecht bezahlt.

Ein Paketzusteller sortiert und räumt in einer Zustellbasis von DHL Pakete in ein Zustellfahrzeug
Ein nicht enden wollender Strom: Pakete in einem Sortierzentrum der DHL in KölnBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

Wild-West-Methoden?

Fachkräfte von DHL, Hermes, UPS, DPD, GLS, Fedex & Co. verdienen nämlich deutlich weniger als ihre Kollegen in anderen Wirtschaftszweigen. So bekommen in Vollzeit beschäftigte Paketzusteller im Durchschnitt 2719 Euro brutto. "Damit erhielten Fachkräfte in diesem Bereich durchschnittlich gut 20 Prozent weniger als Fachkräfte in der Gesamtwirtschaft", stellt das Statistische Bundesamt trocken fest. Die aktuelle Untersuchung der Wiesbadener Behörde bezieht sich auf April 2022. Doch die Verhältnisse dürften sich kaum verändert haben.

Manche sehen in der Paketbranche Wild-West-Methoden - unter anderem deswegen, weil große Logistiker wie Amazon oder Hermes in den meisten Fällen Fremdfirmen beauftragen, also Subunternehmen. Und dort gelten oft keine Tarifverträge. Unter den Großen hat einzig DHL ihre Paketboten weitestgehend im eigenen Betrieb angestellt. Hier gelten auf der letzten Meile also Tarifverträge.

Bei anderen Paketdienstleistern geht es weniger fair zu, stellen Beobachter seit langem fest. Denn in vielen der beauftragten Subunternehmen gibt es keine Betriebsräte. "Kontrollen bringen immer wieder schlechte oder rechtswidrige Arbeitsbedingungen zutage, darunter Verstöße gegen das Mindestlohngesetz. Ebenso Scheinselbständigkeit sowie die Missachtung notwendiger Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes", so die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Geringerer Verdienst, unübliche Arbeitszeiten

So sind Paketboten häufig auch "atypisch" beschäftigt. Das sind befristete Anstellungen, Teilzeitbeschäftigung oder Beschäftigte in Zeitarbeit. Das trifft laut Statistischem Bundesamt auf fast 29 Prozent der Vollzeit-Branchenbeschäftigten zu. Zum Vergleich: Über alle Branchen hinweg liegt der Durchschnitt bei 19 Prozent. "In der Post- und Paketbranche arbeiten Erwerbstätige nicht nur zu vergleichsweise geringen Verdiensten, sondern oft auch zu unüblichen Zeiten", so die Statistiker weiter. Knapp 60 Prozent der Zusteller müssen auch am Wochenende arbeiten. In der Gesamtwirtschaft liegt der Anteil bei der Hälfte.

Ein Angestellter trägt ein Exoskelett bei der Sortierung der Pakete im regionalen Paketzentrum der Post in Basel
Mögliche Arbeitserleichterung: Exoskelette könnten bei der schweren Arbeit Unterstützung leistenBild: Georgio Kefalas/KEYSTONE/picture alliance

Zu viel und zu harte Arbeit beklagt auch die Gewerkschaft DPVKOM, die sich vor allem um die Interessen der Beschäftigten der ehemaligen Deutschen Bundespost kümmert - also von Post, Postbank und Telekom. "Immer mehr Pakete, hohe Paketgewichte, stetig größer werdende Zustellbezirke und der vorherrschende Personalmangel führen zu einer enormen körperlichen und psychischen Belastung der Beschäftigten", sagt Gewerkschaftssprecher Maik Brandenburger gegenüber der DW. So verließen auch Zustellerinnen und Zusteller der DHL-Group das Unternehmen, weil sie unter diesen erschwerten Bedingungen nicht mehr arbeiten wollten.

DHL ist der Marktführer in der Branche. Für das Unternehmen arbeiten über 116.000 Zusteller im Post- und Paket-Segment. Hinzu kommen 40.000 Mitarbeiter in den Sortierzentren und 10.000 saisonale Aushilfskräfte. "Wir sind optimal auf das Weihnachtsgeschäft vorbereitet", sagte Post- und Paket-Deutschlandchefin Nikola Hagleitner Anfang der Woche am Konzernsitz in Bonn.

Verbesserung beim Postgesetz in Sicht

Trotzdem müssen Beschäftigte der Branche überdurchschnittlich hart arbeiten. Das hat auch ein Gesundheitsreport der Barmer-Krankenkasse festgestellt. Der Report aus dem Jahr 2020 stellt fest, dass im Bereich der Post-, Kurier- und Expressdienste die mit Abstand häufigste Ursache für Fehlzeiten Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems sind - der Anteil belief sich auf fast ein Drittel.

Die Zustände zu verbessern helfen sollte das 2019 in Kraft getretene Paketboten-Schutzgesetz. Es schreibt vor, dass große Auftraggeber gewährleisten müssen, dass ihre Subunternehmer Sozialversicherungsbeiträge für ihre Beschäftigten abführen. Inzwischen gehen die Forderungen weiter. So hat der Bundesrat im Frühjahr die Bundesregierung aufgefordert, das Gesetz zu ändern und künftig sogenannte Werkverträge zu verbieten.

Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales sagte eine Sprecherin auf Anfrage, das Ministerium wolle die Arbeitsbedingungen auf der letzten Meile in der Kurier-, Express und Paketbranche verbessern. Hierzu bringe das Ministerium Arbeitsschutzaspekte in die anstehende Novellierung des Postgesetzes ein. Es habe dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium Vorschläge in dieser Richtung übermittelt.