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Musharraf in Haft

Shamil Shams19. April 2013

In Pakistan ist der langjährige frühere Armeechef und Militärmachthaber Musharraf verhaftet worden. Beobachter fragen sich, ob die Armee es zulassen wird, dass einer der ihren tatsächlich hinter Gitter muss.

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Pervez Musharraf beim Verlassen des Gerichts (Foto: Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Der frühere pakistanische Militärherrscher Pervez Musharraf ist am Freitagnachmittag (19.04.2013) in Gewahrsam der Polizei in deren Hauptquartier in der Hauptstadt Islamabad genommen worden.

Zuvor hatte das oberste Gericht der Stadt seinen Hausarrest angeordnet, nachdem Musharraf sich am Donnerstag seiner angeordneten Festnahme entzogen und unter dem Schutz seiner Leibwächter das Gerichtsgebäude verlassen hatte. Von seinem Anwesen in einem noblen Vorort Islamabads brachte ihn die Polizei am Freitag in ihr Hauptquartier nach Islamabad.

Binnen zwei Tagen muss Musharraf vor einem Gericht erscheinen, das für die Terrorismus-Bekämpfung zuständig ist. Bei dem Verfahren geht es um die Entlassung von hohen Richtern des Landes, die Musharraf 2007 im Zuge eines Ausnahmezustandes angeordnet hatte. Musharraf bezeichnete in einem Facebook-Beitrag den Haftbefehl gegen ihn als "politisch motiviert", er werde wegen seiner Dienste an Pakistan und seinem Volk bestraft.

Todfeind der Extremisten

Musharraf war einst der mächtigste Mann Pakistans und herrschte acht Jahre lang mit diktatorischer Macht, nachdem er den damaligen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif 1999 in einem gewaltlosen Putsch gestürzt hatte. Er galt als einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Kampf gegen die Taliban und gegen Al Kaida in Afghanistan. Auch gegen die Extremisten im eigenen Land ging er mit Härte vor, was ihm Attentatsversuche  und Todesdrohungen einbrachte.

Musharraf mit dem Wahlmanifest seiner Partei(Foto: Xinhua)
Musharraf wenige Tage vor seiner Verhaftung mit dem Wahlmanifest seiner ParteiBild: imago stock&people

2008 floh Musharraf ins Exil, nachdem die gewählte neue Regierung unter Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet hatte.

Am 24. März 2013 kehrte Musharraf aus Dubai nach Pakistan zurück, um bei den Parlamentswahlen am 11. Mai zu kandidieren. Die Wahlkommission des Landes schloss ihn jedoch von der Teilnahme an den Wahlen aus, mit der Begründung, dass gegen ihn mehrere Gerichtsverfahren anhängig seien, unter anderem wegen mutmaßlicher Beteiligung an der Ermordung der früheren Ministerpräsidentin Benazir Bhutto. 

Gericht und Wahlkommission sagten nein

Der Haftbefehl gegen Musharraf hat viele Beobachter in Pakistan überrascht, die davon ausgingen, dass die quasi allmächtige Armee  eine Verhaftung ihres ehemaligen Oberbefehlshabers nicht zulassen würde.

Bevor Musharraf in Karatschi wieder pakistanischen Boden betrat, hatte er seine Haftverschonung gegen Kaution sichergestellt. Anfang April ließ er sich die Haftverschonung verlängern, in der Hoffnung auf eine abermalige Verlängerung. Diese wurde ihm jedoch am Donnerstag (18.04.2013) vom Gericht in Islamabad verweigert. Daraufhin verließ Mushharraf das Gericht unter dem Schutz seiner eigenen Sicherheitsleute, aber auch solcher, die ihm von der Regierung und der Armee zur Verfügung gestellt worden waren.

"Diejenigen, die Musharraf hätten festnehmen sollen, haben ihn geschützt", berichtet der politische Beobachter Ali K. Chishti aus Karatschi gegenüber der Deutschen Welle. Das Militär sei über die Festnahme Musharrafs "nicht glücklich", so Chishti weiter. Er habe mit einigen Generälen gesprochen, und die fänden die jetzige Situation äußerst unangenehm für die Armee. "Die pakistanische Armee will nicht, dass ihr früherer Chef hinter Gitter kommt."

Als Ex-General privilegiert?

Ähnlich äußerte sich der aus Kaschmir stammende und in Schweden wohnende  Aktivist Talat Bhat. "Musharraf repräsentiert immer noch die Armee.  Die Kommandeure werden seine Festnahme nicht zulassen. Das ist jetzt ein Test für Pakistan und sein System, für das Militär und für die Justiz", so Talat Bhat vor der Festnahme Musharrafs gegenüber der Deutschen Welle.

Anhänger Musharrafs mit Porträts des Ex-Diktators und des Staatsgründers Mohammd Ali Jinnah (Foto: Getty Images)
Anhänger Musharrafs mit Porträts des Ex-Diktators und des Staatsgründers Mohammd Ali JinnahBild: Getty Images

Kritiker in Pakistan weisen darauf hin, dass Musharraf trotz seiner Verhaftung immer noch eine privilegierte Behandlung genieße. Wäre er ein ziviler Politiker, hätte man ihn schon ins Gefängnis gesteckt, heißt es aus diesen Kreisen.  Politikexperte Chishti  glaubt hingegen, dass er wegen der Todesdrohungen gegen ihn besonderen Schutz erhält, nicht wegen seines militärischen Hintergrunds.

Debatte über Rolle der Justiz

Miqteda Mansoor, politischer Kommentator aus Karatschi, sieht in dem beispiellosen Vorgang um den Ex-Armeechef ein weiteres Zeichen dafür, dass sich die Machtverhältnisse in Pakistan verschieben. "Die Justiz ist in den vergangenen fünf Jahren zu einer mächtigen Institution geworden", führt Mansoor gegenüber der Deutschen Welle aus. Den Haftbefehl gegen Musharraf sieht er kritisch, die Justiz habe ihn aus "Rachsucht"  ausgestellt. "Es hätte zuerst einen ordentlichen Prozess geben müssen." Ali K. Chishti sieht dagegen in der Festnahme Musharrafs einen Beleg für das Verantwortungsbewusstsein der Justiz, die sich für Rechtsstaatlichkeit in Pakistan einsetze.