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Pakistans Retter?

Thomas Bärthlein2. Januar 2004

Zu Jahresbeginn 2004 hat sich Pakistans Präsident Musharraf für weitere drei Jahre im Amt bestätigen lassen. Im In- und Ausland gilt er als Schlüsselfigur im Kampf gegen Terrorismus.

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Schwer einzuschätzen: Pakistans Präsident Pervez MusharrafBild: AP

Im Fernsehzeitalter wird Politik gerne personalisiert. Komplizierte Konfliktlagen werden als "Showdown" zwischen zwei starken Männern inszeniert: George W. Bush gegen Saddam Hussein, zum Beispiel.

In Wirklichkeit geht die Tendenz eher in die gegenteilige Richtung. Unsere politischen Systeme sind weltweit derart komplex geworden, dass der Spielraum für einzelne Führungsfiguren dramatisch abgenommen hat. Das gilt auch für Pakistan, zur Zeit eine Mischung aus Demokratie und Militär-Diktatur. Es ist keineswegs so, dass ein einzelner General und Präsident über das Wohl und Wehe des Landes entscheidet.

Pakistan im Einklang mit den USA

Pervez Musharraf hat sich nach dem 11. September von den Taliban distanziert und auf die Seite der USA geschlagen. Das wird ihm bis heute in Washington hoch angerechnet. Aber hätte er, oder hätte ein anderer an seiner Stelle, sich in jener Situation anders entscheiden können?

Pakistan war und ist auf enge militärische, wirtschaftliche und damit eben auch politische Zusammenarbeit mit den USA angewiesen. Als Pakistans Armee und Geheimdienst seit den Achtzigerjahren radikale islamistische Kräfte in Afghanistan förderten und aufbauten, geschah das auch in enger Abstimmung mit den USA.

Musharraf setzt auf Dialog mit Indien

Musharraf setzt zur Zeit auf den Dialog mit Indien und zeigt sich zu Zugeständnissen bereit: Auf seine Anregung hin gilt seit Ende November ein Waffenstillstand zwischen indischen und pakistanischen Truppen an der Grenze in Kaschmir.

In den kommenden Tagen (4. bis 6.1.) wird Indiens Ministerpräsident Atal Behari Vajpayee am Gipfel des Verbands Südasiatischer Staaten (SAARC) in Islamabad teilnehmen. Dahinter steckt aber nicht plötzliche Friedens-Sehnsucht eines Generals, sondern rationales Kalkül: Der Dauerkonflikt mit dem Nachbarn Indien ist wirtschaftlich und, spätestens seit beide Seiten Atomwaffen besitzen, auch weltpolitisch eine untragbare Belastung für Pakistan.

Armee blockiert Aussöhnung

Auf der anderen Seite stehen starke Interessen, die zu große Konzessionen an Indien ausschließen: Der Kampf um Kaschmir hat über die Jahre eine enorme Bedeutung für das Selbstverständnis Pakistans angenommen. Außerdem kann die Armee in Friedenszeiten eigentlich nur verlieren und neigt deswegen dazu, Aussöhnung zu blockieren.

Zur Erinnerung: Musharraf hat sich 1999 in Islamabad an die Macht geputscht, nachdem dem amtierenden Ministerpräsidenten Nawaz Sharif vorgeworfen wurde, Indien zu sehr nachzugeben, und nachdem die Armee - unter Musharrafs Führung - daraufhin auf eigene Faust erfolglos einen Krieg gegen Indien in Kargil anzettelte.

Taktische Polit-Mannöver

Musharraf ist kein prinzipientreuer Politiker oder gar ein visionärer Reformer, sondern auch im innenpolitischen Alltag oft genug ein Opportunist. In den vergangenen Tagen hat er einen Deal mit der islamistischen Oppositionsallianz MMA abgeschlossen, wonach er bis 2007 im Präsidentenamt bleiben kann, dafür aber in einem Jahr den Oberbefehl über die Streitkräfte aufgeben wird.

Solange die Islamisten diese Einigung blockiert hatten, hatte Musharraf regelmäßig Tiraden gegen die Extremisten gehalten und für einen gemäßigten Islam geworben.

Flexible Politik

Ähnlich wird Musharraf auch weiter lavieren zwischen Islamisten und Amerika, zwischen Indien und den Interessen seiner Armee. Politik ist, in Südasien wie anderswo, die Kunst des Möglichen, ein Geben und Nehmen, bei dem es dem Einzelnen in der Regel primär um die eigene Machtposition geht.

Ideologien und persönliche Überzeugungen sind im Ernstfall flexibel, das gilt für Pervez Musharraf wie für jeden denkbaren Nachfolger – ob er nun aus den Reihen der pakistanischen Armee oder dem Parlament käme.