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Palästinensische Fußballer - Nationalteam ohne Staat

21. November 2023

Die palästinensische Fußball-Nationalmannschaft ist in die zweite Phase der asiatischen Qualifikation für die WM 2026 gestartet - trotz des Kriegs in Nahost. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

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Das palästinensische Team bei der Hymne vor einem Heimspiel 2019 in Al-Ram im Westjordanland.
Das palästinensische Team bei der Hymne vor einem Heimspiel 2019 in Al-Ram im WestjordanlandBild: HAZEM BADER/AFP/Getty Images

Warum gibt es ein Nationalteam ohne anerkannten palästinensischen Staat?

Die Football Association of Palestine wurde bereits 1928 gegründet. Damals vertrat der Verband vor allem jüdische sowie britische Fußballer, die nach dem Ersten Weltkrieg in dem britischen Mandatsgebiet spielten. Nach der Gründung des Staates Israel 1948 ging der Verband in der Israel Football Association auf.

1962 wurde die Palestinian Football Association (PFA) ins Leben gerufen, ein eigener Verband für die arabischen Palästinenser - mit Ligen im Westjordanland und im Gazastreifen. Der Weltverband FIFA und der asiatische Verband AFC erkannten die PFA erst 1998 an, nachdem in den palästinensischen Gebieten die Autonomiebehörde formal Regierungsfunktionen übernommen hatte.

Die palästinensische Nationalmannschaft spielte zunächst nur im Ausland. 2008 wurde in Al-Ram nahe der Stadt Ramallah im Westjordanland das erste FIFA-taugliche Heimstadion eingeweiht, mit Kunstrasen und 6000 Sitzplätzen. Wegen der häufig angespannten Lage in den palästinensischen Gebieten wurden jedoch auch einige Heimspiele im Ausland ausgetragen.

Welche Folgen hat der aktuelle Konflikt für das palästinensische Nationalteam?

Dem palästinensischen Team erging es ähnlich wie der israelischen Nationalmannschaft: Die Mannschaft verlor Spielpraxis und musste sich darüber hinaus nach sicheren Ersatzorten für die anstehenden internationalen Spiele umsehen.

In den palästinensischen Gebieten wurde der Fußballbetrieb eingestellt. Die PFA sagte den Start des Nationalteams beim Merdeka-Turnier in Malaysia ab.

Bei dem "Mini-Asien-Cup" Mitte Oktober, bei dem neben Gastgeber Malaysia noch Indien und der spätere Sieger Tadschikistan antraten, wollten sich die palästinensischen Fußballer eigentlich auf die anstehenden Aufgaben in der Asien-Qualifikation für die WM 2026 vorbereiten: auswärts gegen Libanon, daheim gegen Australien.

Wegen der militärischen Auseinandersetzung Israels mit der Hamas im Gazastreifen und auch mit der Hisbollah im Libanon wurden beide Spiele ins Ausland verlegt. Das palästinensische Team bereitete sich in Jordanien auf die beiden WM-Qualifikationsspiele vor.

Wo tragen die Palästinenser aktuell ihre Spiele aus?

Die Partie der Palästinenser gegen Libanon wurde am Donnerstag vergangener Woche (16. November) in der Stadt Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten gespielt. Die beiden Teams trennten sich 0:0. Das "Heimspiel" gegen Australien wurde an diesem Dienstag (21. November) in Ardiya in Kuwait ausgetragen. Die Palästinenser verloren unglücklich mit 0:1. 

Zunächst hatte Algerien verkündet, Gastgeber des Australien-Spiels und bis auf Weiteres auch für alle anderen Pflicht- und Testspiele der Palästinenser zu sein. Doch die FIFA und die AFC pfiffen die Nordafrikaner zurück. Die Spiele des palästinensischen Teams müssten "gemäß den geltenden Regeln in ihrem geografischen Gebiet, das heißt auf dem asiatischen Kontinent", ausgetragen werden, hieß es in einem Schreiben an den algerischen Verband.

Wer spielt in der palästinensischen Mannschaft?

Das Team wird seit 2021 von Makram Daboub trainiert. Der Tunesier nominierte für die beiden Partien gegen Libanon und Australien 26 Spieler. Zehn von ihnen spielen für Vereine in den palästinensischen Gebieten, zehn im Ausland, unter anderem in Indonesien, Thailand, Chile, Belgien, Schweden und der Schweiz.  Drei Spieler stehen bei israelischen Klubs unter Vertrag, drei sind aktuell vereinslos.

Makram Daboub, Trainer der Palästinenser, gestikuliert an der Seuitenlinie während eines Spiels im Dezember 2021 gegen Jordanien.
Keine leichte Aufgabe für Makram Daboub (r.) , den tunesischen Trainer der Palästinenser Bild: JACK GUEZ/AFP/Getty Images

Wie ist die palästinensische Mannschaft sportlich einzuschätzen?

In der aktuellen Weltrangliste steht das Team auf Position 96 von 207 Mannschaften, 25 Plätze hinter Israel (71). Die bisherigen Erfolge waren überschaubar. 2014 gewann das palästinensische Team den AFC Challenge Cup und qualifizierte sich damit erstmals für den Asian Cup.

Bei dem Turnier 2015 in Australien schied die Mannschaft nach drei Niederlagen als Gruppenletzter aus. 2019 schaffte das Team in den Vereinigten Arabischen Emiraten immerhin zwei Unentschieden. Es verpasste aber als Tabellendritter erneut den Einzug ins Viertelfinale.

Für die kommende Asienmeisterschaft, die vom 12. Januar bis 10. Februar 2024 in Katar ausgespielt wird, sind die Palästinenser erneut qualifiziert. Im Rennen um ein WM-Ticket waren die palästinensischen Fußballer bisher stets gescheitert. Diesmal stehen die Chancen trotz des mäßigen Starts in die zweite Phase der WM-Qualifikation mit nur einem Punkt aus zwei Spielen etwas besser: Für das Turnier 2026 in den USA, Kanada und Mexiko wurde die Zahl der Teams aus Asien von vier auf acht verdoppelt.

Ziel des palästinensischen Teams ist es, mindestens Gruppenzweiter zu werden und damit erstmals die dritte Runde der asiatischen WM-Qualifikation zu erreichen. Dritter Gegner der Gruppe I neben Libanon und Australien ist Bangladesch, letzter Gruppenspieltag ist der 11. Juni 2024.

"An einer Weltmeisterschaft teilzunehmen wäre ein Traum, das möchte jeder Spieler erreichen", sagte Torwart Rami Hamadi, der mit 40 Länderspielen einer der Erfahrensten im aktuellen Kader ist. "Und wir wollen unser Volk träumen lassen."

Der Artikel wurde nach dem 0:0 der palästinensischen Fußballer gegen Libanon und dem 0:1 gegen Australien aktualisiert. 

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter