Islands Premier stürzt über Panamaleaks
5. April 2016Nicht nur vermögende Sportler, Künstler oder Unternehmer stehen in den Listen der so genannten "Panama Papers". Auch die Frau des islandischen Ministerpräsidenten Sigmundur David Gunnlaugsson wird in den Dokumenten genannt und mit einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln in Verbindung gebracht - einem Überseegebiet in der Karibik, das als Steueroase gilt. Die Firma soll Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes gehalten haben. Bis zum Jahr 2009 soll auch ihr Mann daran beteiligt gewesen sein.
Dieser beteuerte am Montag, dass seine Familie stets alle Steuern bezahlt habe und lehnte einen Rücktritt ab, doch da war er in der Gunst der Bürger bereits stark gesunken. Am Montagabend demonstrierten in Reykjavik bis zu 20.000 Menschen gegen Gunnlaugsson. Laut Polizei war es die größte Demonstration, die Island mit seinen rund 330.000 Einwohnern je erlebt hat.
Keine Rückendeckung vom Koalitionspartner
Im Laufe des Dienstags muss den Vorsitzenden der liberalen Fortschrittspartei dann das Gefühl überkommen haben, dass er vielleicht doch die Unwahrheit gesagt hat, oder aber, dass sein Ruf irreparabel zerstört ist. Zudem distanzierte sich der Koalitionspartner, die Unabhängigkeitspartei, von Gunnlaugsson.
Zunächst bat der Regierungschef den isländischen Präsidenten Olafur Ragnar Grimmson um die Erlaubnis, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grimsson erklärte gegenüber Journalisten, dass er noch Gespräche mit der Unabhängigkeitspartei führen wolle, bevor er eine Entscheidung über Neuwahlen treffe. In der Zwischenzeit zog Gunnlaugsson dann selbst Konsequenzen aus der Affäre. In einer Fraktionssitzung habe er angekündigt auf sein Amt verzichten zu wollen, erklärte Landwirtschaftsminister und Partei-Vize Sigurdur Ingi Johannsson am Abend im Fernsehen. Johannsson kündigte an, er werde die Regierungsgeschäfte übernehmen.
Kritik von der Vorgängerin
Islands Politik steht noch immer unter dem Eindruck der schweren Finanzkrise von 2009. Damals musste der Staat viel Geld für die Rettung der Banken aufbringen, die sich verzockt hatten. Gunnlaugsson war damals einer der führenden Köpfe einer Kampagne, die dagegen ankämpfte, den Bürgern zu viele Lasten aus der Bankenrettung aufzubürden.
Nun habe er selbst "sein Misstrauen" gegenüber der isländischen Währung und Wirtschaft gezeigt, kritisierte die Ex-Regierungschefin Johanna Sigurdadottir das Verhalten ihres Nachfolgers. "Die Leute sollten keinen Ministerpräsidenten haben, dessen sie sich schämen."
djo/uh (dpa, rtr)