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Paris und Rom wollen Europa verändern

16. März 2014

Vor seinem Antrittsbesuch in Berlin ist der neue italienische Regierungschef Renzi zu einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Hollande nach Paris gereist. Die beiden Sozialdemokraten haben Großes vor.

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Frankreichs Präsident Hollande (l.) und der italienische Regierungschef Renzi in Paris (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

"Wir werden sehr effizient zusammenarbeiten, im Interesse unserer Länder aber auch Europas, denn wir müssen Europa gemeinsam ändern", sagte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi nach dem Treffen im Elysee-Palast in Paris. Der französische Staatschef François Hollande (auf dem Artikelbild links neben Renzi) sprach vom Heraufziehen eines "anderen Europas", das Wachstum und Arbeit ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücke.

Hinter diesen Formulierungen verbirgt sich der Wunsch der beiden Sozialdemokraten nach einer Aufweichung des strikten Sparkurses in den Euro-Staaten, um die Konjunktur anzukurbeln. Frankreich und Italien leiden unter hoher Arbeitslosigkeit und schwachem Wachstum.

Renzis Steuerreform

Italien: Der Verschrotter als Regierungschef

Renzi hatte Ende Februar seinen Parteifreund Enrico Letta von der Spitze der Regierung in Rom verdrängt. Der 39-Jährige plant umfangreiche Reformen um Italien aus der Krise und der politischen Instabilität zu ziehen. Mitte der Woche hatte der Ministerpräsident eine Steuerreform angekündigt, durch die rund zehn Millionen Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen vom 1. Mai an um insgesamt zehn Milliarden Euro entlastet werden sollen. Zudem will Renzi bestimmte Unternehmenssteuern um zehn Prozent senken. Außerdem werde der Staat alle seine bei Privatunternehmen ausstehenden Rechnungen bis Juli bezahlen, kündigte der Regierungschef an. Dabei geht es um 68 Milliarden Euro.

Zur Gegenfinanzierung will Renzi unter anderem Einsparungen bei den Staatsausgaben vornehmen und eine Abgabe auf bestimmte Finanzprodukte auf 26 von bislang 20 Prozent anheben. Allerdings wird die Regierung auch neue Schulden aufnehmen und ihr Defizitziel anheben müssen. Renzi betonte aber, gegen die von der EU vorgegebene Höchstgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werde Italien nicht verstoßen.

Das Drei-Prozent-Ziel ist im EU-Stabilitätspakt festgelegt, ebenso eine Obergrenze von 60 Prozent des BIP für den Gesamtschuldenstand eines Staates. Das Haushaltsdefizit Italiens lag 2013 bei 3,0 Prozent und steuert laut einer Prognose der EU-Kommission 2014 auf 2,6 Prozent zu. Die Staatsschulden der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone belaufen sich auf rund 133 Prozent der Wirtschaftsleistung. Diese Rate wird in der Währungsgemeinschaft nur von Griechenland übertroffen.

Konsultationen in Berlin

In einer Fernseh-Talkshow erläuterte Renzi jüngst seine Position mit unverblümter Offenheit: "Wir können kein Geld ausgeben wegen des Stabilitätspaktes, der ein Dummheitspakt ist". Er sei Regierungschef eines Landes, das seine Verpflichtungen gegenüber Europa durchaus erfülle, sagte der Sozialdemokrat. Europa dürfe aber keine "seelenlose Ansammlung von Technokraten" sein. Für Gesprächsstoff ist also gesorgt, wenn Renzi mit seinem Kabinett am Montag zu deutsch-italienischen Regierungskonsultationen nach Berlin kommt.

wl/se (afp, dpa, rtr)