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Parlamentsbesetzung auf Taiwan beendet

Jun Yan10. April 2014

Die Besetzung des taiwanischen Parlaments durch Studenten ist beendet, diese sehen sich als Sieger im Streit um ein Dienstleistungsabkommen mit China. Aber der grundlegende Konflikt schwelt weiter.

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Studenten verlassen Taiwans Parlament (Foto: (Foto: Kyodo)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Studenten, die über drei Wochen lang das taiwanische Parlament besetzt hatten, haben sich am Donnerstag (10.04.2014) zurückgezogen. Im Laufe der Besetzung hatten sie im Plenarsaal einen Art Mini-Staatsapparat aufgebaut, einschließlich Sekretariat, Presseabteilung, medizinischer Versorgung, IT-Abteilung und Rechtsanwälten.

Die Studentenbewegung, die Sonnenblumen als Symbol erkoren hatte, verlangt, dass die Regierung ein mit dem Festland ausgehandeltes Freihandelsabkommen im Dienstleistungsbereich zurücknimmt und es einem gründlichen demokratischen Beratungs- und Abstimmungsprozess unterwirft. Den hat es ihrer Sicht bisher nicht gegeben. Die regierende Nationale Volkspartei (KMT) unter der Führung von Präsidenten Ma Ying-jeou gab nach wochenlangen Protesten nach und versprach den Studenten, einen geforderten gesetzlichen Mechanismus zur Überwachung des umstrittenen Freihandelsabkommens mit China einzurichten.

Angst vor der Wirtschaftsmacht des Nachbarn

Im Kern des Freihandelsabkommens geht es um die Öffnung der Dienstleistungssektoren auf beiden Seiten der Straße von Taiwan. China beteiligt sich mit der Öffnung von 80 Dienstleistungsbranchen, Taiwan mit 64. Es umfasst Wirtschaftszweige wie Telekommunikation, Bauwesen, Tourismus, Unterhaltungsindustrie und Sport. Die protestierenden Studenten und Bürgerorganisationen sehen große Gefahren für die heimische Wirtschaft, wenn finanziell gut ausgestattete chinesische Staatsunternehmen freien Zugang zum taiwanischen Markt erhalten.

Studentenführer Lin Fei-fan verlässt das Parlament mit dem Abgeordneten der oppositionellen DPP, Ker Chien-ming (Foto: Reuters)
Studentenführer Lin Fei-fan verlässt das Parlament mit dem Abgeordneten der oppositionellen DPP, Ker Chien-ming (r, im grünen Hemd)Bild: Reuters

Der Vorsitzende des Parlaments, Wang Jin-pyng, sicherte den Demonstranten am vergangenen Sonntag (06.04.2014) zu, dass er keine weiteren Beratungen über das Freihandelsabkommen mit dem Festland ansetzen werde, bis ein Gesetz zur Überprüfung solcher Vereinbarungen mit China in Kraft getreten sei.

Machtprobe im Parlament

Ausgelöst wurde die Protestbewegung, als die regierende KMT das umfassende Dienstleitungsabkommen im Parlament im Eilverfahren durchwinken wollte. Zwar war es bereits im vergangenen Juni von Präsident Ma Ying-jeou unterzeichnet worden, Kritiker bemängelten aber, dass das Abkommen hinter verschlossenen Türen ausgehandelt und nicht demokratisch legitimiert worden sei. Präsident Ma hingegen betonte in einem aktuellen Interview mit dem britischen "Economist", die Beschwerden basierten auf einem "Missverständnis." Die Regierung habe nicht weniger als "110 Gesprächsrunden mit 46 Sektoren" aus Wirtschaft und Gesellschaft über das Abkommen durchgeführt. Offenbar sei das nicht ausreichend in der breiten Öffentlichkeit angekommen.

Parlamentsvorsitzender Wang Jin-pyng bereitete die Einigung mit den Besetzern vor (Foto: Reuters)
Parlamentsvorsitzender Wang Jin-pyng (mit Mikro) bereitete die Einigung mit den Besetzern vorBild: Reuters

Der Konflikt hatte sich im Parlament zugespitzt, als ein KMT-Abgeordneter mit Hilfe eines 30-Sekunden-Monologs das Abkommen für rechtskräftig erklären wollte. Die oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei (DDP) versuchte daraufhin, mit allen Mitteln die Verabschiedung des Abkommens zu blockieren. Hunderte Studenten machten sich die Sache zu eigen und besetzten das Parlamentsgebäude.

Studenten wollen sich nicht zufriedengeben

Nun haben die Studenten zwar die Besetzung beendet, wollen aber taiwanischen Medien zufolge weiter für ihre Anliegen werben, auf Nachbarschafts- und Bürgerversammlungen. Denn Präsident Ma Ying-jeou sagte zwar zu, das Abkommen noch genauer prüfen zu lassen, aber die Regierung will grundsätzlich daran festhalten. Ein demonstrierender Student, Chen Weiting, sagte gegenüber der Hongkonger Zeitung "Ming Pao": "Die Sonnenblumenbewegung wird fortgeführt werden. Wenn die Regierung keine Einsicht zeigen wird, werden wir zurückkommen, dann aber nicht mehr nur ins Parlament."