Geld für Innere Mongolei?
19. Juni 2011Bis 2015 sollen insgesamt umgerechnet über 300 Millionen Euro in die Entwicklung der Inneren Mongolei fließen, so die Pläne der Regierung in Peking. Staatliche chinesische Medien berichten, dass mit dem Geld der Lebensstandard der lokalen Bevölkerung, der Umweltschutz und die gesellschaftliche Stabilität in der Region verbessert werden soll. Der Vorsitzende des Mongolischen Bündnisses für Menschenrechte, Xi Haiming, hält zwar die Pläne der Regierung an sich für eine gute Sache. "Aber die Umsetzbarkeit und die Glaubwürdigkeit der Regierung wage ich noch zu bezweifeln. Die ganze chinesische politische Führung ist korrupt." Die Gelder, die den Nomaden versprochen werden, habe man im Grunde genommen auch den Nomaden zu verdanken: "China hat Ressourcen in deren Lebensraum abgebaut. Den Menschen in der Inneren Mongolei bleibt nur eine zerstörte Umwelt", so Xi.
Gefährdeter Lebensraum
Die Innere Mongolei ist eine autonome Region Chinas und reich an wichtigen Rohstoffen für die hungrige Wirtschaft des Landes. Experten schätzen die Kohlereserven auf über 740 Milliarden Tonnen - mehr als in jeder anderen Provinz Chinas. Zudem verfügt die Innere Mongolei über Vorkommen von Erdgas und über die für die Elektroindustrie so wichtigen Seltenen Erden. Chinesische Unternehmen investieren Milliarden, um diese Bodenschätze auszubeuten.
Die Folgen für die Umwelt und die lokale Bevölkerung sind dramatisch: Bergbau und Industrie verbrauchen das wenige Wasser in der Region. Mehr als die Hälfte der Fläche der Inneren Mongolei ist inzwischen Wüste. Jedes Jahr gehen nach Angaben chinesischer Medien über 800.000 Hektar Grasland verloren. Viele der einheimischen Mongolen leben als Nomaden mit ihren Schaf- und Rinderherden von diesem Grasland. Ihnen wird die Lebensgrundlage entzogen. Dabei sieht das chinesische Gesetz eigentlich den besonderen Schutz der mongolischen Minderheit vor, erklärt Xi Haiming. "Es gibt in China sowohl ein Gesetz zum Schutz der Steppenlandschaften, als auch ein Gesetz zur Selbstverwaltung des Autonomen Gebietes der ethnischen Minderheiten." Beide Gesetze bestünden jedoch nur auf dem Papier. "Wenn die Regierung die Probleme in der Inneren Mongolei von Grund auf lösen will, soll sie zuerst die Gesetze einhalten."
Ehrgeizige Pläne
Die Entwicklungspläne der Regierung sehen nun umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen vor. Bis 2015 soll rund ein Fünftel der Inneren Mongolei von Wäldern bedeckt sein, über 40 Prozent der Fläche soll Grasland sein. Bis zum Jahr 2020 soll das Durchschnittseinkommen in der Inneren Mongolei dem nationalen chinesischen Durchschnitt entsprechen. Noch leben in der Region nach Regierungsstatistiken derzeit rund 1,5 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze. Bis 2013 sollen auch Bauern und Hirten uneingeschränkt Zugang zu sauberem Trinkwasser und Elektrizität haben.
Chen Jiqun, Gründer der NGO "Echoing Steppe", die sich für den Schutz des mongolischen Weidelandes einsetzt, begrüßt die ehrgeizigen Pläne der Regierung. Es sei wichtig, dass die Probleme in der Inneren Mongolei Beachtung finden würden, so der Aktivist. Jetzt müsse sich Peking allerdings an den eigenen Plänen messen lassen. "Die Reaktion der Hirten ist jetzt schon sehr heftig. Wenn diese Investitionen nicht am Ende in die Hände der einheimischen Hirten gelangen, werden die Probleme nur noch größer."
Die Innere Mongolei ist ein Pulverfass
Wie angespannt die Lage in der Inneren Mongolei ist, wurde zuletzt Mitte Mai deutlich. Der chinesische Fahrer eines Kohletransporters hatte einen mongolischen Hirten, der gegen die Zerstörung des Graslandes protestiert hatte, offenbar absichtlich überfahren. Der Tod des Mannes hatte wütende Proteste der mongolischen Minderheit nach sich gezogen.
Autor: Christoph Ricking
Redaktion: Ana Lehmann