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Pessimismus in Berlin, Zuversicht in Athen

6. August 2015

Die Bundesregierung zweifelt einem Medienbericht zufolge an einer raschen Einigung mit Athen über das dritte Hilfspaket. Griechenlands Premier Tsipras sieht die Verhandlungen dagegen "auf der Zielgeraden".

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Bei einer Demonstration vor dem Parlament in Athen schwenken Teilnehmer griechische und EU-Fahnen (Foto. Reuters)
Bild: Reuters/Y. Behrakis

In der Bundesregierung wachsen nach Informationen der "Bild"-Zeitung Zweifel, ob das dritte Hilfspaket für Griechenland noch rechtzeitig vor dem 20. August vereinbart werden kann. In Berlin werde mit einer weiteren Brückenfinanzierung für Athen gerechnet. Denn die Verhandlungen der Geldgeber mit der griechischen Regierung könnten nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise.

Als Grund für die Skepsis wurde laut "Bild" zum einen genannt, dass viele Fragen zum Reformpaket derzeit noch ungeklärt seien. Eine Vereinbarung müsse aber vom griechischen Parlament und den nationalen Parlamenten von sechs Euro-Ländern, darunter Deutschland, nach Abschluss der Verhandlungen noch beraten und abgestimmt werden. "Das ist nicht zu schaffen", zitierte die Zeitung einen hochrangigen Regierungsvertreter.

Umstrittene Reformen

Zudem versuche die griechische Regierung die Beschlussfassung über die in der eigenen Bevölkerung besonders umstrittenen Reformmaßnahmen auf den Herbst zu verschieben. Dabei gehe es um den Stopp der Frühverrentungen und die Streichung von Steuervorteilen für Landwirte. Die Bundesregierung habe immer erklärt, dass sie neuen Hilfen nur zustimme, wenn alle Reformen vom griechischen Parlament beschlossen worden seien.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras (Foto: dpa)
Griechenlands Ministerpräsident Alexis TsiprasBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Das dritte Hilfspaket, das bis zu 86 Milliarden Euro umfassen soll, sollte eigentlich noch in diesem Monat beschlossen und verabschiedet werden. Die Zeit drängt, da Griechenland bis zum 20. August mehr als drei Milliarden Euro an alten Schulden an die EZB zurückzahlen muss.

Ministerpräsident Alexis Tsipras gab sich indessen optimistisch. Die Verhandlungen mit den Gläubigern über zusätzliche Sparauflagen im Gegenzug für neue Milliardenhilfen befänden sich "auf der Zielgeraden", sagte er im Fernsehen.

"Neue Brückenfinanzierungsrunde"

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP zuversichtlich, dass eine Einigung gelingt. Die Gespräche liefen nach ersten Anlaufschwierigkeiten für beide Seiten "befriedigend". Alles deute "auf eine Einigung diesen Monat hin, vorzugsweise vor dem 20.", sagte Juncker. Sollte keine Einigung bis zum 20. August gelingen, "werden wir eine neue Brückenfinanzierungsrunde arrangieren müssen" wie im Juli, als Athen sieben Milliarden Euro zur Begleichung fälliger Kredite erhalten hatte.

Finanzminister Euklid Tsakalotos und Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis führten in einem Athener Hotel die Gespräche mit den Gläubigern über weitere Reformschritte fort. Laut griechischen Medien kreisten die Gespräche vor allem darum, wie der Privatisierungsfonds Taiped umstrukturiert werden soll, damit in den kommenden 30 Jahren die anvisierten 50 Milliarden Euro durch den Verkauf griechischen Staatsvermögens in die öffentlichen Kassen fließen. Mit einem Teil der Erlöse sind Schuldenrückzahlungen geplant. Zudem wurde das Problem der Rekapitalisierung der Banken erörtert.

Die Lobby der Athener Börse am "scharzen Montag" (Foto: dpa)
Die Lobby der Athener Börse am "schwarzen Montag"Bild: Getty Images/AFP/A. Messinis

"Sowohl die Gläubiger als auch wir wünschen, dass dieses Verfahren bis zum Jahresende vollendet ist", sagte Finanzminister Tsakalotos nach dem Ende der Verhandlungen. Die Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden. Die größten Probleme stellen nach Berichten des Staatsfernsehens die faulen Kredite dar, die mittlerweile ein Volumen von 120 Milliarden Euro erreicht hätten. Die Geldgeber fordern zudem, Steuererleichterungen für Bauern abzuschaffen, ein höheres Renteneintrittsalter einzuführen, Streiks durch neue Gesetze einzuschränken und den Arbeitsmarkt zu liberalisieren.

Am Aktienmarkt ging die Talfahrt indessen weiter: Der Leitindex der Athener Börse ging mit einem Minus von rund 2,5 Prozent aus dem Handel. Die Aktien der Piraeus Bank und der Alpha Bank fielen erneut um knapp 30 Prozent - den größtmöglichen Tagesverlust. Die Eurobank-Papiere rutschten 26,7 Prozent ab, die der National Bank (NBG) etwa 24 Prozent. Am "schwarzen Montag" - dem ersten Handelstag nach gut einem Monat Zwangspause - hatte es an der Athener Börse einen Kurssturz von gut 16 Prozent gegeben. Tags darauf erholte sich der Leitindex und lag am Schluss mit einem Minus von 1,22 Prozent bei 659,94 Punkten.

stu/xx (afp, dpa, rtr)