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Phantastische Welten

Jochen Kürten4. November 2007

Bevor der Ton Einzug hielt in die Kinogeschichte feierte der phantastische Film weltweit Triumphe. Vor allem in Deutschland entstanden in dieser Phase Meisterwerke des Kinos, allen voran Murnaus "Nosferatu".

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Nosferatu - Der blasse Herr mit den langen Fingernägeln lehrt bis heute das Gruseln (Foto: Transit Classics)
Nosferatu - Der blasse Herr mit den langen Fingernägeln lehrt bis heute das Gruseln

In den 1920er Jahren bevölkerten Vampire und andere Untote, Menschen aus Lehm und Eisen, skrupellose Schwerverbrecher und verrückte Wissenschaftler das deutsche Kino. Die Regisseure setzten suggestive Schwarz-Weiß-Bilder, gespenstisch geschminkte Darsteller und eine nicht selten bedrohlich wirkende Filmmusik ein, um das Grauen und den Horror auf die Leinwand zu bannen. Regisseure wie Friedrich Wilhelm Murnau und Fritz Lang, Paul Leni und Robert Wiene sorgten dafür, dass der deutsche Stummfilm überall auf der Welt gesehen und zum Vorbild vor allem auch für das frühe Hollywood-Kino wurde. Einige dieser Meisterwerke liegen jetzt in zum Teil frisch restaurierten Fassungen mit rekonstruierten Musikeinspielungen auf DVD vor.

"Nosferatu - eine Symphonie des Grauens" von Murnau (1922)

Wohl kein anderer Horrorfilm aus Deutschland beeinflusste das Genre so stark wie Friedrich Wilhelm Murnaus Vampirschocker nach Bram Stokers Dracula-Roman. Hauptdarsteller Max Schreck als bizarr kahlköpfiger und langfingriger Nosferatu kann auch heutige Kinozuschauer noch erschrecken. Und Regisseure wie Werner Herzog zeigten sich Jahrzehnte später noch derart fasziniert von Murnaus Werk, dass sie den Stoff neu verfilmten. "Murnaus besondere Könnerschaft besteht darin, dass vage Unheimliche, das verschwebend Traumhafte zur scharf umrissenen, malerisch plakativen Gestalt zu verwandeln: der Transfer aus der nebulösen Phantasie ins prägnant Phantastische." (Thomas Koebner)

"Dr. Mabuse, der Spieler" von Lang (1922)

Der neben Murnau bekannteste deutsche Regisseur war Fritz Lang. Er schuf im letzten Jahrzehnt der Stummfilmära gleich mehrere stilbildende Werke des phantastischen Genres. Seine beiden Mabuse-Filme zeigten zwar keine Phantasiegestalten mit Vampirzähnen, doch sein Superverbrecher Dr. Mabuse war in seiner Monstrosität und Skrupellosigkeit kaum weniger bedrohlich. Mabuse saugte einer ganzen Gesellschaft das Blut aus den Adern: "Langs Arbeit nimmt die aktuellen Ängste der Menschen auf und zeichnet ein 'Bild der Zeit', das von Inflation, Verbrechen, Rauschgift, Gewalt und sozialen Widersprüchen gekennzeichnet ist." (Georg Seeßlen)

"Der Schatz" von Pabst (1923)

G.W. Pabst stand immer im Schatten seiner berühmten Landsleute Murnau und Lang. Doch auch Pabst schuf mit Filmen wie "Die freudlose Gasse" und "Die Büchse der Pandora" Meisterwerke des Stummfilms. Jetzt ist sein lang verschollenes Regiedebüt "Der Schatz" auf DVD wieder zu entdecken. Ein in vielen Momenten dem phantastischen Genre zuzurechnender Film über die den Menschen in den Wahnsinn treibende Gier nach Gold, inszeniert in einer phantastischen Filmarchitektur: "Ähnlich wie Fritz Lang am Ende der 'Nibelungen' beschreibt Pabst die Katastrophe eines Bauprinzips, einer mörderischen, auf den Menschen lastenden und sie am Ende verschlingenden Architektur. Der Untergang einer vermauerten Welt, die von Geistern, Golems, Caligaris, Hunnen, Glockengießern und Schatzsuchern bewohnt wird." (Klaus Kreimeier)

"Nosferatu" liegt auf DVD beim Anbieter "Transit Classics" vor, ebenso die Fritz Lang-Collection, in der außer den Mabuse-Filmen noch "Spione" (1928) und "Frau im Mond" (1928/29) enthalten sind. "Der Schatz" von G.W. Pabst ist bei "Kinowelt/Arthaus" erschienen.