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Philippinen: Der Präsident in der Kritik

Monika Griebeler29. Juli 2014

"Die Philippinen sind es wert, für sie zu kämpfen", sagte Präsident Benigno Aquino in seiner Rede zur Lage der Nation - und kämpfen wird er vermutlich müssen. Denn aktuell droht ihm die Amtsenthebung.

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Präsident Benigno Aquino bei seiner Rede zur Lage der Nation (Foto: REUTERS/Romeo Ranoco)
Bild: Reuters

"Die Probleme, die wir geerbt haben, haben wir gelöst", sagte Benigno Aquino, der Präsident der Philippinen in seiner Rede zur Lage der Nation. "Die Probleme, die es akut gibt, lösen wir gerade. Und auf die Probleme, die künftig auf zu kommen, bereiten wir uns vor." Um die beiden letztgenannten zu sehen, hätte er im Grunde nur aus dem Fenster des Repräsentantenhauses schauen müssen.

Denn während drinnen der Präsident sprach, brüllten draußen die Demonstranten. Rund 6000 Menschen protestierten gegen Aquino und seine Regierung, verbrannten Bilder des 54-Jährigen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Demonstranten zurück zu halten. Dabei waren sich Politiker und Wähler anfangs doch recht einig gewesen: Aquino sollte die Philippinen retten, den schwachen Mann Asiens stärken, das schlechte Image aufpolieren.

Der neue Investment-Liebling der Weltwirtschaft

Er werde Korruption und Armut bekämpfen, versprach Aquino in seinem Wahlkampf - und gewann 2010 mit deutlichem Vorsprung. Wie sich die Philippinen in seiner Amtszeit entwickelt haben, zeigen die Zahlen: Als Aquino Präsident wurde, stand sein Land im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International auf Platz 134, neben Nigeria und Togo. Inzwischen belegt es Platz 94.

Proteste in Manila, Philipinen, gegen Präsident Aquino und seine Politik (Foto: REUTERS/Erik De Castro)
"Er verfolgt Korruption bei seinen Feinden, aber seine korrupten Freunde schützt er": Proteste gegen AquinoBild: Reuters

Die Armutsquote ist in den vergangenen zwei Jahren von 27,9 Prozent auf 24,9 Prozent gefallen. Die Wirtschaft wächst weiter rasant und das Bruttosozialprodukt mit ihr: 2013 sogar um 7,2 Prozent - trotz Naturkatastrophen wie Taifun Hayan, bei dem mehr als 6000 Menschen starben. Internationale Ratingagenturen wie Standard & Poor's stuften die Kreditwürdigkeit der Philippinen hoch.

Der Fall aus der Stratosphäre

"Das beruht alles auf guter Regierungsführung", sagte Aquino jetzt in seiner Rede, stolz auf das Erreichte. Nach Ansicht von Prospero de Vera, Professor für öffentliche Verwaltung an der Universität der Philippinen, genügt das aber nicht: "Das Volk wartet sehr ungeduldig auf Ergebnisse."

Denn: "Die hohe Wachstumsrate der Philippinen hat die Armut nur geringfügig verringert. Auch die Arbeitslosigkeit ist weiterhin hoch", sagt Steven Rood von der Asia Foundation in Manila im Interview mit der DW. Die Regierung habe versucht, dagegen vorzugehen: "Die Investitionen in Infrastruktur zu verdoppeln - wie in den vergangenen Jahren geschehen - wird die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, durch Mehrausgaben für Gesundheit und Bildung werden auch die Einkünfte der Bevölkerung im Schnitt steigen." Doch die Investitionen werden erst langfristig Wirkung zeigen.

Kinder betteln auf Cebu, Philippinen, nachdem der Taifun Hayan die Gegend verwüstet hat (Foto: EPA/JAY ROMMEL LABRA)
"Die Hilfe kommt zu spät und wird nicht gerecht verteilt": Nach Taifun Hayan wurde Kritik lautBild: picture-alliance/dpa

Das dauert vielen im Volk zu lange. Auch deshalb sinkt der Präsident derzeit in ihrer Gunst: Aktuell ist er so unbeliebt wie noch nie in seiner Amtszeit. Die Beliebtheit von Präsidenten nehme üblicherweise während ihrer Amtszeit ab, sagt Rood von der Asia Foundation: "Bis vor kurzem schien Präsident Aquino dagegen immun, hatte immer sehr hohe Werte. Im Juni ist er aber aus dieser Stratosphäre gefallen." Dazu habe auch die laut Rood "überzogene Diskussion" um das Disbursement Acceleration Program (DAP), also das Programm zur beschleunigten Finanzmittelverwendung beigetragen.

Infografik Beliebtheit der phillipinischen Präsidenten von 1986-2014 (Copyright: DW)
"Aquinos Werte sind auf Rekordtief, aber historisch gesehen in Ordnung", sagt Steven Rood von der Asia Foundation

Korruptionsvorwürfe gegen den Korruptionsbekämpfer

Kurz nach Beginn seiner Präsidentschaft hatte Aquino das Drei-Milliarden-Euro-Programm aufgelegt. Es sollte die Wirtschaft beleben: So hat der Kongress das alleinige Recht, Geld von einer Behörde in Projekte zu investieren, die für die Regierung Vorrang haben. Senatoren könnten dadurch freihändig Wahlkampfgeschenke verteilen, bemängeln Kritiker.

Und auch das Oberste Gericht urteilte Anfang Juli, das DAP sei in Teilen verfassungswidrig. "Das Urteil stellt klar, dass der Präsident die Verfassung und das Gesetz verletzt hat. Der nächste logische Schritt wäre, Aquino dafür zur Verantwortung zu ziehen", sagt der ehemalige Abgeordnete Teddy Casiño von der Bayan Muna-Partei, die auch die jüngsten Proteste organisierten. Vertreter verschiedener Organisationen reichten daraufhin zwei Amtsenthebungsklagen ein gegen den Anti-Korruptions-Präsidenten - wegen des Vorwurfs der Korruption und Vetternwirtschaft. Eine dritte Klage wirft Aquino vor, beim Verteidigungsabkommen mit den USA die Verfassung verletzt zu haben: Demzufolge sei es verboten, dass ausländische Truppen im Land stationiert sind. Auch dafür soll der Präsident gehen.

Screenshot der Facebook-Kampagne #scrapthepork (Copyright: Facebook)
"Uns steht ein angemessener Lohn zu": Auch im Netz - bei Facebook und Twitter - wird gegen das DAP protestiertBild: Facebook

Das wird wohl nicht passieren, meint Steven Rood von der Asia Foundation in Manila im Interview mit der DW, allein weil die Befürworter der Klage zu wenige Stimmen hätten, die sie gegen Aquino einsetzen können. Zumal Aquinos Einfluss auch im Repräsentantenhaus so stark ist, dass er sich den Problemen wohl eher gelassen stellen kann.