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Pipeline-Diplomatie auf Hochtouren

Thomas Bärthlein26. Februar 2005

Asien ist nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch sicherheitspolitischer Brennpunkt: Um den Energiehunger der boomenden Wirtschaften Indiens und Chinas zu stillen, braucht es diplomatische Hochseilakte.

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Indien braucht Energie: Doch wo soll sie herkommen?Bild: AP

In der vergangenen Woche lief die Pipeline-Diplomatie in Asien auf Hochtouren: Irans Außenminister Kharrazi und Afghanistans Präsident Karzai geben sich in Neu-Delhi die Klinke in die Hand. Das Haupt-Thema ist überall das gleiche: Indiens Wirtschaft boomt - und braucht mehr Energie. Indiens Ölminister Mani Shankar Aiyar geht strategisch an das Problem heran. Er will ein Pipeline-Netz quer durch Asien aufbauen, um Indiens Gasversorgung zu sichern.

Vor allem drei Länder kommen als Gas-Lieferanten in Frage: Iran und Turkmenistan im Westen und Birma (Myanmar) im Osten. Der Deal mit Birma und dem Transit-Land Bangladesch ist schon relativ weit. Jetzt geht es darum, auch die anderen beiden Geschäfte festzuklopfen - eine Pipeline aus dem Iran und die andere aus Turkmenistan via Afghanistan. Die größte Herausforderung bei beiden Projekten: Sie würden auch über pakistanisches Territorium führen.

Indische Versorgung abhängig von Pakistan?

Fast zwei Jahre dauert die Entspannung zwischen den nuklearen Rivalen Indien und Pakistan jetzt. Trotzdem war Indien bisher nicht bereit, seine Energieversorgung von Pakistan abhängig zu machen. Jetzt haben die Iraner eine Lösung für das Dilemma gefunden. Hamid Ansari, ehemaliger Botschafter Indiens in Iran, erklärt, wie sie funktioniert: "Wir brauchen Gas, das kann aus dem Iran kommen - aber: Die Verantwortung dafür, dass das Gas in Indien ankommt, die muss die iranische Regierung übernehmen." Mit anderen Worten: Wie das Gas durch Pakistan kommt, darum muss sich der Iran kümmern.

Pipeline in Pakistan
Pipeline in PakistanBild: AP

Über 2700 Kilometer soll die Iran-Indien-Pipeline lang werden. Von dem Vier-Milliarden-Dollar-Projekt würde natürlich auch Pakistan als Transitland profitieren. Dieses wirtschaftliche Interesse hat auch in Islamabad während der letzten Monate einen Sinneswandel herbeigeführt. Ursprünglich war Pakistan ganz dagegen, dann wurden allerlei vage Ausflüchte hinsichtlich der Sicherheitslage vorgebracht. "Jetzt hat die pakistanische Regierung ziemlich deutlich gesagt, dass sie die Sicherheit dieser Pipeline garantieren wird", meint Hamid Ansari. "Darüber wird sie mit dem Iran verhandeln, und das ist auch in unserem Interesse."

China auf der Suche

Während die "Pipeline-Diplomatie" für das indisch-pakistanische Verhältnis nur gut sein kann, könnten sich anderswo neue Spannungen auftun. Denn nicht nur Indien ist auf der Suche nach neuen Energie-Reserven in Asien - in China hat das rasante Wachstum von durchschnittlich acht Prozent pro Jahr bereits zu Versorgungs-Engpässen und Strom-Abschaltungen für die Industrie geführt. Der gestiegene chinesische Energieverbrauch ist ein wichtiger Grund für den hohen Ölpreis weltweit.

In China und Indien leben zusammen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung. Immer häufiger sind beide Länder inzwischen Konkurrenten auf dem Energiemarkt - zum Beispiel bemühen sich gerade indische wie chinesische Konzerne um Anteile bei der Yukos-Tochter Yuganskneftegaz. Liu Xiaoxue von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften glaubt allerdings nicht, dass Peking nun Delhi als seinen wichtigsten Rivalen betrachtet: "Der Großteil der Öl-Förder- und Verkaufs-Rechte ist doch in der Hand amerikanischer Konzerne. Also sähe sich China, wenn überhaupt, in erster Linie amerikanischem Druck ausgesetzt, und nicht indischem."