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Plattfuß unter dem guten Stern

Detlev Karg29. April 2004

Ist die Welt zu groß für eine AG? DaimlerChrysler träumt seit Jahren von der Welt AG. Die Probleme indes reißen nicht ab. Einem gesunden Kerngeschäft stehen Verluste in Übersee gegenüber, die Anleger sind stinksauer.

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Am Hauptsitz in Stuttgart gibt man sich gern weltläufigBild: AP

Bis 2008 darf er noch. Der Aufsichtsrat von DaimlerChrysler will den Chef Jürgen Schrempp für drei weitere Jahre im Amt bestätigen. Das wurde vor der Hauptversammlung an diesem Mittwoch (7.4.2004) bekannt. Ein Signal an die Aktionäre in einer kritischen Phase der Welt AG (Schrempp), dass es trotz Kritik wie bisher weitergehen soll. Allerdings hat der überraschende Sturz des Infineon-Chefs Ulrich Schumacher Ende März gezeigt, dass die Halbwertszeit von Verträgen der Vorstandsvorsitzenden im Zweifel nicht viel wert ist.

Mercedes hui, der Rest pfui

Jürgen Schrempp hat auf genügend Baustellen alle Hände voll zu tun. Die amerikanische Tochter Chrysler enttäuschte 2003 den Mutterkonzern erneut. Die US-Sparte verfehlte trotz intensiver Sanierungsbemühungen die Gewinnschwelle, machte 40 Millionen Dollar Miese. Immerhin kann das zumindest als Erfolg betrachtet werden, denn Mitte 2003 war sorgte die US-Tochter noch für einen Milliardenverlust in den Büchern. Zudem ist eine Klage des ehemaligen Großaktionärs Kerkorian in den USA gegen die Fusion von Daimler und Chrysler anhängig.

Jüngster Dämpfer für den Stuttgarter Konzern: Die Beteiligung an Mitsubishi ist notleidend, denn der japanische Autobauer braucht rund 5,5 Milliarden Euro, um weitermachen zu können. Ein Sanierungsteam ist, wie sollte es anders sein, bereits unterwegs, um aus der 37-prozentigen Beteiligung eventuell eine vollständige zu machen.

Dementsprechend hatte DaimlerChrysler im März 2004 für das laufende Geschäftsjahr auch nur einen zurückhaltenden Ausblick gegeben. Rund lief es für den Konzern 2003 nur in den Kernsparten Mercedes Pkw und Nutzfahrzeuge, die 80 Prozent des Gewinns beisteuerten.

Gewinn: Prinzip Hoffnung

Autoshow Detroit Chrysler ME 4 12
Bild: AP

Von der Rentabilität des Autobauers zeigt sich die Finanzwelt enttäuscht. Dass der Gewinn 2004 nur leicht über den 5,1 Milliarden von 2003 liegen soll, ist Investoren zu wenig. Deutliche Ergebnisverbesserungen erwartet man am Hauptsitz in Stuttgart jedoch erst für die Jahre 2005 und 2006, wenn sämtliche neuen Fahrzeuge, die derzeit noch in der Produktpipeline stecken auf dem Markt sind – über 50 sollen es bis 2006 werden.

Die Gehälter des Vorstands

Ein kleines Signal an die verärgerten Aktionäre, von denen viele ihrem Unmut auf der Hauptversammlung Luft machen wollen, ist da die neue Struktur der Vorstandsgehälter. Sie sollen sich künftig aus drei Komponenten zusammensetzen. Vom Jahr 2005 an gibt es ein Basisgehalt, einen Jahresbonus und eine langfristige aktienorientierte Vergütung. Der Stuttgarter Automobilkonzern wird damit künftig auf die umstrittenen Aktienoptionen verzichten, das neue Programm ist erfolgsorientierter als bisher. Festgeschrieben ist auch das Prinzip, dass der Vorstand Aktien des Unternehmens erwerben und halten muss.

Cash-Burn AG

Mercedes SLK, Internationaler Autosalon 2004
Bild: AP

Vielleicht spucken die Vorstände nun mehr als bisher in die Hände: Denn derzeit treibt die mangelnde Profitabilität von DaimlerChrysler den Aktionären die Tränen in die Augen. 136 Milliarden Euro Umsatz für 2003, aber eine Rendite von 0,4 Prozent, da ist Omas Sparbuch geradezu ein Highflyer.

Tränen kullern auch beim Aktienkurs. Wer vor zehn Jahren einstieg, besitzt noch das gleiche Geld. Wer das vor fünf Jahren machte, als die Aktie einmal um 90-100 Euro pendelte, steht noch dümmer da. Die Wertvernichtung: Seit der Hausse 1998 implodierten 40 Milliarden Euro Börsenkapital.

Der Wille zu mehr Größe

Schrempps Vorgänger Edzard Reuter übrigens tat sich auch mit dem Wunsch nach der größeren Dimension hervor - und scheiterte mit seinem "integrierten Technologiekonzern" kläglich. Reuter hingegen investierte nicht wie Schrempp in Autos, sondern in andere Sparten, und musste schließlich wieder alles abstoßen. Schrempp dagegen wollte mit seinem Konzept auf allen drei Weltautomärkten vertretben sein und so von verschiedenen Konjunkturen profitieren. Auch darum glaubt er immer noch daran, dass sein Konzept richtig sei.