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Politik

Polen: Drei Ex-Präsidenten contra Regierung

8. Dezember 2020

Es ist der bislang schärfste Warnschuss aus dem Land selbst: Walesa, Kwasniewski und Komorowski setzen ihre ganze Autorität ein, um die Führung in Warschau vom Widerstand gegen den EU-Rechtsstaatsmechanismus abzubringen.

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Ex-Gewerkschaftschef und Ex-Präsident Lech Walesa
Ex-Gewerkschaftschef und Ex-Präsident Lech WalesaBild: DW/M. Sieradzka

Drei ehemalige polnische Präsidenten haben in einem offenen Brief an die nationalkonservative PiS-Regierung und Staatschef Andrzej Duda appelliert, die Blockadehaltung im EU-Haushaltsstreit aufzugeben. Ein Veto wäre eine verständliche Entscheidung, wenn das geplante Haushaltspaket für Polen ungünstig oder ungerecht wäre, heißt es in dem Schreiben von Lech Walesa, Aleksander Kwasniewski und Bronislaw Komorowski laut Nachrichtenagentur PAP. Dies sei aber nicht der Fall.

"Keine polnische Version der Rechtsstaatlichkeit"

Vielmehr habe die Regierung von Mateusz Morawiecki den Haushalt mitverhandelt und akzeptiert. Deshalb rufen Walesa, Kwasniewski und Komorowski den Staatschef und die Regierung auf , die übrigen EU-Mitglieder nicht weiter mit einem Veto gegen den Haushalt "zu erpressen". "Es gibt keine einzigartige polnische Version der Rechtsstaatlichkeit, die anders ist als die europäische Version und deren Beachtung die polnische Regierung offenbar fordert", stellen die früheren Präsidenten in ihrem Brief klar.

Polens Ex-Staatschefs Bronislaw Komorowski (l.) und Aleksander Kwasniewski (mit Sonnenbrille) im Juni 2019 in Danzig
Polens Ex-Staatschefs Bronislaw Komorowski (l.) und Aleksander Kwasniewski (mit Sonnenbrille) im Juni 2019 in DanzigBild: Reuters/K. Pempel

Polen und Ungarn blockieren das Finanzpaket der Staatengemeinschaft mit ihrem Veto, weil sie den geplanten Rechtsstaatsmechanismus verhindern wollen. Die anderen 25 EU-Staaten drohen deshalb damit, das 750 Milliarden Euro schwere Corona-Wiederaufbaupaket aus dem Haushalt auszuklammern und so neu aufzulegen, dass sie die Auszahlung der Hilfen unter sich organisieren.

Dies könnte aber auch bedeuten, dass der Europäischen Union von Januar an nur noch eine Art Notbudget zur Verfügung steht. Ein ranghoher EU-Diplomat sagte am Montag, man erwarte bis spätestens diesen Dienstag ein Signal von Polen und Ungarn, dass sie ihr Veto fallenlassen.

Warschau bleibt hart

Die Warschauer Regierung bekräftigte unterdessen ihre ablehnende Haltung. Sein Land könne nicht akzeptieren, dass künftig eine Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung von Rechtsstaatsprinzipien geknüpft werden solle, bekräftigte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak. Die PiS-Regierung baut seit Jahren das polnische Justizsystem um und liegt darüber im Clinch mit der EU-Kommission. Sie wertet den geplanten Rechtsstaatsmechanismus als Eingriff in die eigene Souveränität.

Gunther Krichbaum ist der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Gunther Krichbaum ist der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Angelegenheiten der Europäischen UnionBild: DW/C. Ștefănescu

Der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestages, Gunther Krichbaum, verlangte unterdessen einen Ausschluss von Polen und Ungarn von den Corona-Hilfen. "Ich habe große Sympathie dafür, diesen Weg mit 25 EU-Staaten zu gehen, wenn Polen und Ungarn im Streit um die Rechtsstaatlichkeit nicht einlenken", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Entscheidung müsse auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag fallen. "Wir dürfen von Corona stark betroffene Länder wie Italien, Frankreich oder Portugal nicht hängen lassen", so Krichbaum weiter. Damit plädiert der erste prominente deutsche Politiker offen dafür, ohne die beiden osteuropäischen Staaten voranzugehen.

sti/as (dpa, rtr)