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Polen will Ende des Justiz-Streits mit der EU

3. Februar 2022

Seit Jahren stößt sich die EU an der polnischen Disziplinarkammer für Richter. Diese widerspreche Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit. Polens Präsident Andrzej Duda will jetzt den Streit entschärfen.

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Bundespräsident Steinmeier in Polen - Präsident Andrzej Duda
Präsident Duda will auch mit Blick auf die international angespannte Lage keinen Streit mit der EUBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Wie mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend berichten, hat er ein Gesetz zu Auflösung der Disziplinarkammer für Richter vorgeschlagen. Duda hofft, dass auf diese Weise auch bislang zurückgehaltene finanzielle Mittel der Europäischen Union für Polen freigegeben werden könnten. Duda betonte, Polen könne zur Zeit keinen Streit mit der Europäischen Kommission brauchen. Das Staatsoberhaupt wörtlich: "Polen braucht jetzt Ruhe, und angesichts der angespannten internationalen Lage müssen wir zusammenstehen als eine gemeinsame Kraft".

Eine Million Zwangsgeld - täglich

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Oktober Polen zur Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro pro Tag verurteilt, weil die Regierung in Warschau die Auflösung der Disziplinarkammer verweigerte. Durch sie sieht die EU-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz untergraben.

Duda sagte, nach Annahme seines Gesetzentwurfs werde die Disziplinarkammer aufhören zu existieren. Ihre Richter könnten entweder in den Ruhestand oder zu anderen Kammern des Obersten Gerichtshofes gehen. Disziplinarverfahren gegen Richter würden von einem neuen Ausschuss behandelt, dem elf per Los bestimmte Richter des Obersten Gerichtshofes angehören würden. Der Entwurf soll nun im Unterhaus des Parlamentes debattiert werden.

Polens Richter bleiben skeptisch

Die polnische Richtervereinigung erklärte allerdings, durch den Gesetzentwurf werde sich wenig an der politisch motivierten Ernennung von Richtern ändern, das Chaos in der Justiz aber vergrößert. Denn der elfköpfige Ausschuss für Disziplinarverfahren werde sehr wahrscheinlich weiter von einem mit der Regierungspartei PiS verbundenen Gremium bestimmt.

EuGH in Luxemburg
Der Europäische Gerichtshof übte schon 2020 in einem Urteil Kritik an Polens JustizBild: Arne Immanuel Bänsch/dpa/picture alliance

Die EU-Kommission wirft Polen seit langem vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und damit den Rechtsstaat abzubauen. Die seit 2015 von der national-konservativen PiS geführte Regierung argumentierte dagegen stets, sie wolle die Effizienz des Justizsystems verbessern. Die Disziplinarkammer führte sie als einen wesentlichen Teil einer Justizreform ein. Sie kann jeden Richter und jede Staatsanwältin entlassen, ihre Mitglieder werden von einem vom Parlament gewählten Gremium bestellt.

Scheibchenweise

Die EU-Kommission sieht darin die Unabhängigkeit der Justiz ausgehöhlt. Sie leitete deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Im April 2020 entschied der EuGH, dass Polen die Disziplinarkammer sofort aussetzen müsse, weil diese nicht unabhängig sei. Dem folgte die Regierung ein Stück weit, aber nicht vollständig.

Im Juli 2021 stellte die EU-Kommission Polen ein Ultimatum, das EuGH-Urteil umzusetzen, sonst folgten Geldstrafen. Da Polen auch dem nicht nachkam, sondern nationales über EU-Recht erhob und damit einen Grundsatz der EU infrage stellte, wurde die Strafe fällig.

haz/qu (rtr, dpa, afp)