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Portugal: Schwere Dürre, keine Konzepte

Jochen Faget in Lissabon
2. Juni 2023

Im westlichsten Land Europas wird das Wasser knapp. Doch das scheint niemanden zu stören. Die Politiker setzen weiter auf wirtschaftliche Aktivitäten, die besonders viel Wasser verbrauchen.

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Dürre in Portugal: Eine Kirschbaum-Plantage in Enxabarda/ Castelejo
Dürre in Portugal: Eine Kirschbaum-Plantage in Enxabarda/ CastelejoBild: Pedro Reis Martins/GlobalImagens/IMAGO

Rund 30 Prozent des Leitungswassers in Portugal versickert ungenutzt im Boden, weil die Versorgungsnetzwerke nicht modernisiert werden. Und damit nicht genug: Etwa 80 Prozent der Wasservorräte des Landes - laut Fachleuten viel zu viel - verbraucht die Landwirtschaft und acht Prozent wertvolles Trinkwasser werden auf Golfplätze für Touristen gegossen. Echter Luxus, denn offiziell herrscht auf 89 Prozent der Landesfläche Trockenheit, von extremer Trockenheit sind immerhin 40 Prozent betroffen.

Doch niemand scheint sich deswegen wirklich Sorgen zu machen: "Es herrscht Dürre und die wird schlimmer werden", wagt der Universitätsprofessor und Wasserfachmann Joaquim Poças Martins einen Erklärungsversuch: "Aber weil wir eine gute Wasserversorgung haben und aus allen Hähnen ständig Wasser sprudelt, ist das den Bürgern nicht wirklich bewusst."

Den Politikern anscheinend auch nicht, stellt Francisco Ferreira, ebenfalls Universitätsprofessor und engagierter Umweltschützer, fest: "Wir sollten seit Langem einen nationalen Wasserplan haben, um diese wertvolle Ressource nachhaltig zu nutzen. Den gibt es aber nicht. Darum herrscht in Krisen wie dieser nur eher nutzloser Aktivismus."

"Ein ökologisches Verbrechen"

Da wäre als erstes die Landwirtschaft: Die setze auf die falschen Nutzpflanzen, und verbrauche wegen überalterter Bewässerungsmethoden zu viel Wasser, sagen die Fachleute. Die Umweltingenieurin Catarina Rodrigues zum Beispiel, die auch bei der Umweltschutzorganisation Quercus aktiv ist: "In der Algarve im Süden ist eine 600 Hektar große Avocadopflanzung geplant. Dabei brauchen Avocados extrem viel Wasser, das in der Region bereits jetzt knapp ist. Das ist ein ökologisches Verbrechen."

Allerdings eines, das das portugiesische Landwirtschaftsministerium bis jetzt recht begeistert unterstützt hat: Vor allem im wasserarmen Süden des Landes ließ es zu, dass immer mehr Plantagen entstanden, auf denen besonders viel Wasser verbraucht wird: Avocados und Beeren wachsen dort auf immer größeren Flächen, zum Teil sogar in Landschaftsschutzgebieten - weil sie sich teuer verkaufen lassen.

Portugal Funchal, Madeira | Früchte und Gemüse (Avocado) auf dem Bauernmarkt
Avocados: Sie gelten als besonders gesundes "Superfood" - brauchen aber immense Mengen an WasserBild: Gela Frantisek/CTK/dpa/picture alliance

Der Grundwasserspiegel sinkt

Sogar der Wasserfachmann Poças Martins findet das gut: "Auch wenn es politisch nicht korrekt ist, das zu sagen: Wir sollten so viel wie möglich davon produzieren. Schwarzbeeren zum Beispiel können sogar per Flugzeug exportiert werden und bringen noch immer gutes Geld." Man könnte, rechnet er vor, sie sogar mit teurem Wasser aus Entsalzungsanlagen bewässern und würde immer noch Gewinn machen. Allerdings gibt es die in Portugal noch nicht. Also bohrten viele Landwirte schnell mal einen illegalen Brunnen und versorgten sich so mit kostenlosem Wasser, weiß die Umweltingenieurin Rodrigues.

Nur wird auch das immer schwieriger: In viel Teilen Portugals sinkt der Grundwasserspiegel. Auch, weil dort Eukalyptusmonokulturen wachsen. Gepflanzt, damit die Zellulose- und Papierindustrie des Landes gute Geschäfte machen kann, Milliardengeschäfte: "Die Eukalyptusplantagen stehen für einen Wirtschaftszweig, der rund fünf Milliarden Euro wert ist", rechnet Universitätsprofessor Poças Martins, der auch schon Umweltstaatssekretär war, vor. Auf die könne Portugals Wirtschaft nicht so einfach verzichten. Da müsse ein vernünftiger Mittelweg gefunden werden. Geht nicht, sagt Francisco Ferreira, der andere Universitätsprofessor: "Eukalyptus ist eine Monokultur. Wir müssen auf Diversität und Resilienz setzen und verantwortlich mit den Wasservorräten umgehen. Sonst werden unsere Landschaften weder die nächsten Waldbrände, noch die nächste Trockenheit überstehen."

Francisco Ferreira
Universitätsprofessor und Umweltschützer Francisco Ferreira fordert mehr "Wiederverwertung von Abwasser"Bild: Jochen Faget

Und dann kommen noch die Touristen

In der Ferienregion Algarve hat die maßlose und unkontrollierte Grundwasserentnahme im Küstenstreifen inzwischen dazu geführt, dass Salzwasser sich mit dem Grundwasser vermischt, es unbrauchbar macht und die Böden schädigt. Doch die Algarve braucht Wasser, viel Wasser, denn dort tummeln sich viele Touristen. Zehn Millionen - so viele Menschen, wie Portugal Einwohner hat - waren es jährlich vor der Covid-Pandemie. In diesem Jahr, das versprechen die aktuellen Zahlen, werden es noch mehr. Die Regierung und die Lokalpolitiker freuen sich, der Tourismus ist inzwischen zu Portugals Haupteinnahmequelle geworden.

Leider hat das einen großen Haken: "Der Massentourismus bedeutet für Regionen wie die Algarve einen extrem hohen Wasserverbrauch", erklärt der Umweltschützer Francisco Ferreira. Vor allem, weil die Anbieter eben auf das knappe Wasser setzten: Thalasso- Angebote seien ebenso in Mode wie Schwimm- und Vergnügungsbäder. Täglich gewaschene Hand- und Badetücher sowie das viel zu sorglose Verhalten der Urlauber trieben den Wasserverbrauch in erschreckende Höhen.

"Und dann ist da noch der Golfsport, für den Portugal so stark wirbt und den es massiv ausgebaut hat", stellt Ferreira fest. Dafür gießt Portugal acht Prozent seines Trinkwassers auf die Golfplätze. Von den rund 40 Anlagen im Süden des Landes werden gerade einmal drei mit aufbereitetem Wasser bewässert. "Vor allem bei der Wiederverwertung von Abwasser müssen wir noch viel tun", klagt Ferreira. "Der Anteil liegt jetzt bei gerade einmal zwei Prozent."

Portugal, Lissabon 2022 | Strandbesucher bei Hitzewelle und erhöhter Waldbrandgefahr
Touristen kommen in großer Zahl und bringen viel Geld mit - verbrauchen aber auch sehr viel WasserBild: Pedro Fiuza/Zuma/picture alliance

Blumengießen verboten

Zwar verspricht die Regierung auf diesem Gebiet Besserung und es sollen demnächst auch Entsalzungsanlagen zur Trinkwassergewinnung gebaut werden - natürlich mit nachhaltiger Energie betrieben. Auf der anderen Seite jedoch mache sie den Bau von Tourismusgroßprojekten leichter, kritisiert die Umweltingenieurin Catarina Rodrigues: "Ein Gesetz, das Simplex Ambiental heißt, hat inzwischen die Genehmigung vieler umstrittener Projekte ermöglicht und es dürften noch viel mehr genehmigt werden."

Simplex Ambiental könnte man übrigens mit "vereinfachter Umweltschutz" übersetzen. Die vom Wasserfachmann Poças Martins so gepriesenen "guten Wasserversorgungsunternehmen" in Portugal werden dafür sorgen, dass auch in diesen neuen Hotelburgen das Wasser aus den Hähnen sprudeln wird.

Vorerst zumindest. Denn im vergangenen Sommer mussten die öffentlichen Freibäder in der Algarve aus Wassermangel schließen, wurden Springbrunnen abgestellt und wurde im ganzen Land das Blumengießen in den Gärten verboten. Die Touristen dürften davon allerdings nicht viel gemerkt haben.