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Jubiläum: 150 Jahre deutsche Postkarte

Elizabeth Grenier | Dagmar Breitenbach
16. Juli 2020

Als 1870 die erste deutsche Postkarte verschickt wurde, galt sie noch als unanständig. Doch die schnelle analoge Kurznachricht wurde bald zum Renner.

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Auf einer antiken Postkarte, die vor 150 Jahren verschickt wurde, ist unter anderem "Norddeutsches Postgebiet" und "Bestimmungsort Magdeburg" zu lesen (Foto: picture-alliance/akg-images).
Analoge Kurznachricht: Erste deutsche Postkarte 1870 nach Magdeburg verschicktBild: picture-alliance/akg-images

Genau 150 Jahre ist es her, dass der Oldenburger Drucker und Buchhändler August Schwartz am 16. Juli 1870 die erste Postkarte Deutschlands verschickte. Adressat dieses postalischen Grußes war ein Verwandter in Magdeburg, zu sehen war darauf das Bild eines Kanoniers auf dem Schlachtfeld - ein Vorbote des Deutsch-Französischen Krieges, der kurz darauf ausbrach.

Ganz gesichert ist es allerdings nicht, ob die Karte des August Schwartz wirklich die allererste in Deutschland war, räumte Veit Didczuneit, Sammlungsleiter des Berliner Museums für Kommunikation, gegenüber der Nachrichtenagentur KNA ein. "Die Karte hat lange keiner mehr gesehen, man müsste sie mal genauer untersuchen."

Mehr als Worte: 150 Jahre Postkartengrüße

Klar ist jedoch: Die Postkarte hat eine beeindruckende Karriere hinter sich gelegt. Zu Beginn wurde das neue Medium allerdings kritisch beäugt. Befürchtet wurde unter anderem, dass "Diener Nachrichten an die Herrschaft lesen könnten" und überhaupt die Briefkultur schwer leiden würde, so Didczuneit. 

Ein früher Verfechter des neuen Formats war Heinrich von Stephan, der Generalpostdirektor des Deutschen Reichs späterer Gründervater des Berliner Museums für Kommunikation. Er schlug bereits bei einer Postkonferenz im Jahre 1865 die Einführung eines offenen Postblatts vor; sein Vorschlag wurde damals allerdings als "unanständige Form der Mitteilung" verworfen. Die österreichisch-ungarische Postverwaltung griff die Idee aber wieder auf, führte vier Jahre später, am 1.Oktober 1869, die damals noch unbebilderte "Correspondenz-Karte" ein und markierte damit den Beginn des neuen Kommunikationsmediums.

Ansichtskarten lassen grüßen!

"1885 wurde dann die Bildpostkarte in Deutschland offiziell zugelassen, zuvor hatte die Post sie schon jahrelang geduldet", erklärt Didczuneit. Dann kam in den 1890er-Jahren die Chromolithografie dazu - ein neues Druckverfahren, das farbige Karten ermöglichte.

Zwischen 1895 und 1914 erlebte die Ansichtspostkarte eine Blütezeit, und bescherte den Herstellern lukrative Gewinne. Allein im Ersten Weltkrieg wurden rund zehn Milliarden kostenfreie Feldpostkarten, darunter viele Ansichtskarten, verschickt.

Die Motive dienten laut Didczuneit anfangs vor allem der "Aneignung der Welt". So zeigten die bebilderten Postkarten der Jahrhundertwende beliebte Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele, überbrachten Urlaubsgrüße und Hochzeitsglückwünsche.

Postkarten: Analoge Kurznachrichten

In Großstädten wurde die Post mehrmals am Tag ausgeliefert, das heißt, die Grußkarte erreichte oft in wenigen Stunden den Empfänger. Günstig waren die Karten auch, das Porto kostete halb so viel wie beim Brief. Man konnte sogar Doppelkarten mit bereits vorbezahltem Antwortschreiben versenden. So avancierte die Postkarte schnell zum beliebten Format, um schnelle Grüße zu verschicken und Verabredungen zu treffen.

Um die Jahrhundertwende beförderte die Post noch wesentlich mehr Karten als heute: 1900 waren es rund eine Milliarde, 1982 noch 877 Millionen und 2018 kam man auf 155 Millionen, mit fallender Tendenz. Das dürfte in der aktuellen Urlaubssaison wohl so weitergehen - Stichwort Corona.