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PR für Profis

Michael Brückner24. August 2002

Um das Ansehen seines Landes und vor allem seiner Person zu mehren, ist dem libyschen Revolutionsführer auch manch ungewöhnliche Aktion wert. Muammad el Gaddafi, der "bunte Vogel"?!

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Gaddafis Sohn Saif zusammen mit Jörg Haider auf dem Wiener OpernballBild: AP

Durch Europa reist zur Zeit eine Ausstellung der "Gaddafi International Charity Foundation". Die Stiftung des libyschen Revolutionsführers Muammar al Gaddafi versteht sich selbst als eine "Nicht-Regierungs-Organisation". Stiftungspräsident ist der Sohn des Diktators, Saif El-Islami Gaddafi. Im Mai 2002 war die Ausstellung in Berlin zu Gast, davor in Paris und Anfang August auch in London. Der Eintritt ist immer frei. Ebenfalls kostenlos wird das "Grüne Buch" von Gaddafi senior verteilt, in welchem dieser in der Art der legendären Mao-Bibel über Demokratie und Revolution philosophiert.

Der einzigartige Adler

Die Schau zeigt neben Zeugnissen der Kultur-Geschichte Libyens vor allem Gemälde des nicht eben bescheidenen Stiftungsvorsitzenden Saif El-Islami. Titel: "Die Wüste schweigt nicht". Kitschige Polit-Collagen, in denen er seinen Vater als "einzigartigen Adler" verklärt, hängen zwischen römischen Antiken und sozialistisch-realistischen Naturdarstellungen, die jeder Allunionsausstellung zur Ehre gereicht hätten.

Die Gaddafi Stiftung war es auch, die über ihr Büro auf den Philippinen 1999 Kontakt zu der Terrorgruppe Abu Sayyaf aufnahm und die Befreiung entführter westlicher Touristen erreichte. Zum Dank der deutschen Regierung gehörte unter anderem die Order des Auswärtigen Amtes an das Bundesvermögensamt, Gaddafi junior für seine Ausstellung das ehemaligen Staatsratsgebäude am Berliner Schlossplatz zu vermieten.

Auf Tour in Afrika

Als im Juli im südafrikanischen Durban die afrikanische Union gegründet wurde, wollte Gaddafi offensichtlich den Gastgebern die Schau stehlen. Ursprünglich hatte er sogar gehofft, diesen Gründungskongress nach Libyen zu holen. Das verhindert zu haben, war einer der größten diplomatischen Erfolge des südafrikanischen Präsidenten Mbeki.

Dafür kam Gaddafi jedoch mit dem mit Abstand größten Gefolge aller Staatsgäste nach Durban: Mit sechzig gepanzerten Fahrzeugen reiste er in Südafrika ein. Die Zollbehörden wunderten sich außerdem über 6 Millionen Dollar Bargeld, sowie "genug Waffen, um einen kleinen Krieg zu starten, und ausreichend Vorräte, um eine Armee zu versorgen", wie es der südafrikanische Sunday Independent beschrieb. Wo sich der Gaddafi-Tross aufhielt, funktionierte dank seiner persönlichen Störsender kein Handy mehr. Und bevor der Gaddafi-Konvoi zum tanken fuhr, landeten vor verdutzten Tankwarten erst mal zwei Hubschrauber um die Lage zu klären.

Nach dem Gipfel von Durban veranstaltete Gaddafi eine Tour durch den schwarzen Kontinent, um für seine Vision von den "Vereinigten Staaten von Afrika" zu werben. Auf der Konferenz brachte er so viele Änderungsanträge ein, dass sich demnächst wahrscheinlich ein Sonderkonferenz mit Libyens Sonderwünschen befassen wird. In Libyen, vermutlich.

Fußball für den Sohnemann

Auch mit Sport kann man bekanntlich Politik machen. Doch anders als bei der vorsichtigen "Ping-Pong" Politik, als die USA und China einst den legendären Nixon-Besuch durch die Entsendung von Tischtennis-Mannschaften behutsam vorbereiteten, hält die Familie Gaddafi sich nicht lange mit Freundschaftsspielen auf. Sie kauft sich lieber in Mannschaften ein und in den Weltfußballverband Fifa gleich mit.

Für 23 Millionen Euro erhielt Gaddafi 5,31 Prozent der Anteile am italienischen Fußball-Rekordmeister Juventus Turin. 20 Prozent sollen es bald werden, verkündete sein Sohn und libyscher Nationalspieler Al Saadi. Ängstliche Juve-Fans befürchten, dies solle vielleicht das Eintrittsgeld für Saadi als Mitspieler sein. Der hatte erst vor zwei Jahren verkündet, dass er das Zeug dazu habe, bester Spieler Afrikas zu werden.

Auf der berüchtigten Fifa-Konferenz im Mai in Seoul, als der umstrittene Fifa-Präsident Joseph Blatter ausschließlich seine eigenen Lobredner auftreten ließ, tat sich besonders Saadi al Gaddafi als effektiver Unterstützer des Fußballdiktators Blatter hervor. Der libysche Fußballverband hatte bereits im Vorfeld mit sogenannten Kooperationsverträgen 17 schwarzafrikanische Fußballverbände an sich gebunden. Geld gegen Stimmen könnte man das auch nennen. Blatter hatte Gaddafi versprochen ihn zum zum Fifa-Vizepräsidenten zu machen.

Auch im deutschen Sport wollte sich Libyens Führer in den 1980er Jahren engagieren. Der Eishockey-Bundesligist ECD-Iserlohn trug im Dezember 1984 zwei Tage lang Trikots, die für Gaddafis Weltanschauungs-Werk "Das Grüne Buch" warben. Die internationalen Proteste machten der ungewöhnlichen Literaturwerbung aber sofort ein Ende.