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Was kostet die Zukunft der Welt?

6. Dezember 2018

Viele unserer alltäglichen Produkte verursachen Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschäden und damit auch Kosten. Inzwischen kann man diese Kosten berechnen. Das hilft, um die Schäden zu reduzieren.

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Deutschland Umweltaktivisten im Hambacher Forst
Bild: picture-alliance/dpa/I. Fassbender

Treibhausgase und andere Schadstoffe schädigen unsere Gesundheit, zerstören Ökosysteme und heizen unser Klima auf. Extremwetter nehmen weltweit zu und verursachen Überschwemmungen, Dürren, Zerstörung und viel menschliches Leid. 11.500 Menschen verloren ihr Leben laut Klima-Risiko-Index durch Extremwetter im letzten Jahr. Die Sachschäden lagen bei über 375 Milliarden US-Dollar. 

Bislang bezahlen die Verursacher von Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschäden meist nichts. Oft bekommen die Geschädigten kaum Hilfen - und wenn überhaupt, dann nur von der Gemeinschaft, vom Staat.

Welche Folgekosten verursacht ein Produkt?

"Wir müssen dahin kommen, dass die Preise unserer Produkte die ökologische Wahrheit sagen", sagt Astrid Matthey vom Umweltbundesamt (UBA). Matthey und ihre Kollegen bewerten nach wissenschaftlichen Methoden, wie hoch die Schäden von einzelnen Produkten für die Menschen insgesamt sind.

"Das sind Gesundheitsschäden, Schäden, die an Gebäuden und Infrastruktur entstehen, in unseren Ökosystemen", erklärt Matthey der DW. "Und wenn ich diese Schäden monetarisiere, also in Euro ausdrücke, dann können sich die meisten Menschen einfach mehr vorstellen als unter Schäden am Ökosystem oder auch einer Tonne CO2".

Matthey hat gerade mit ihren Kollegen die neusten Kostensätze für Deutschland veröffentlicht. Daraus lässt sich ablesen, wie hoch die Umweltkosten von Strom aus Kohle oder Wind sind, wie teuer das Heizen mit Öl, Gas oder Sonnenenergie ist und wie viel eine Reise mit Bus, Zug, Auto oder Flugzeug kostet.

Infografik Was kostet Strom? DE

Preisschild hilft bei der Entscheidung

Eine Tonne CO2 verursacht beispielsweise nach UBA-Berechnungen Schäden von rund 640 Euro in den nächsten 100 Jahren. "Mit dem Kostensatz von 640 Euro je Tonne CO2 werden die Schäden, die zukünftigen Generationen entstehen, genauso gewichtet wie die, die der heutigen Generation entstehen", erklärt UBA-Expertin Matthey.

Werden diese Kosten zum Beispiel auf Verkehrsträger umgelegt, so hinterlässt heute laut UBA ein Kurzstreckenflug von 1000 Kilometer pro Passagier Umweltschäden von rund 235 Euro, ein Reisebus dagegen nur 26 Euro und der elektrisch betriebene Zug in Deutschland rund 46 Euro.

Die Fahrt mit dem PKW ist ebenfalls sehr umweltschädlich. Eine Strecke von 1000 Kilometern verursacht demnach langfristige Umweltschäden von 193 Euro mit einem Diesel-PKW, 189 Euro mit einem Benziner und 152 Euro mit einem Elektro-PKW, wenn der derzeitige deutsche Strommix zugrunde gelegt wird. 

Das UBA empfiehlt bei der Ermittlung von Schäden allerdings auch einen reduzierten Kostensatz von 180 Euro pro Tonne CO2, der die Schäden in der Zukunft geringer gewichtet als heutige Schäden, so Matthey. 

Im nächsten Jahr will das UBA auch erstmalig die Umweltkosten veröffentlichten, die bei der landwirtschaftlichen Produktion entstehen.

Infografik Umweltschäden durch Verkehr DE

Welchen CO2-Preis braucht der Klimaschutz?

Weltweit diskutieren Experten, wie sich Umweltkosten - vor allem im Zusammenhang mit dem Klimaschutz - in einem sogenannten CO2-Preis niederschlagen könnten. Ansätze gibt es viele: Diesbezüglich eingeführt wurden und werden CO2-Handelsysteme, CO2-Steuern und CO2-Mindestpreise. 

Um das Zwei-Grad Ziel zu erreichen, ermittelte die High-level Commission on Carbon Pricing unter der Leitung von Nikolas Stern und Nobelpreisträger Josef Stiglitz einen erforderlichen CO2-Preis von 35 bis 70 Euro je Tonne CO2 bis 2020 und von 44 bis 88 Euro pro Tonne bis 2030.

Um das Klimaziel von 1,5 Grad zu erreichen, wäre auf dieser Grundlage ein CO2-Preis im Jahr 2030 "ungefähr 3-4 mal so hoch", schreiben Ökonomen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC).

Demo für Klimaschutz
Klimademo in Köln - wie können wir unsere Zukunft retten?Bild: DW/G. Rueter

Intelligente Steuern für den Klimaschutz

Viele Klimaökonomen schlagen umfassende Steuerreformen weltweit vor. Ziel sei die Bepreisung von CO2 verbunden mit der Senkung von anderen Steuern. Dafür könnten Rückerstattungen an Bürger und Unternehmen erfolgen, die in klimafreundliche Infrastruktur investieren. 

"Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten dazu verwendet werden, andere Steuern zu senken oder Investitionen in dringend benötigte öffentliche Güter zu tätigen", sagt Matthias Kalkuhl vom MCC. "Um eine stärkere Belastung ärmerer Haushalte durch eine solche Reform zu vermeiden, könnte ein Teil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung rückerstattet werden, wie dies bereits in der Schweiz praktiziert wird."

In der Schweiz gibt es eine sogenannte CO2-Lenkungsabgabe auf Kraft- und Heizstoffe von rund 85 Euro pro Tonne CO2. Die so erzielten Einnahmen werden wieder an die Bevölkerung zurückerstattet.

"Nur sozial ausgewogene Reformen finden Akzeptanz", sagt Christian Hochfelder von der Denkfabrik Agora Verkehrswende mit Blick auf die Proteste der "Gelbwesten" in Frankreich. Die Bewegung wurde durch eine geplante CO2-Abgabe auf Sprit ausgelöst. Hochfelder hält eine Steuerreform im Verkehrsbereich für unvermeidlich, will man die Klimaschutzziele ernst nehmen.

Frankreich Gelbwesten-Protest in Molsheim
Frankreichs "Gelbwesten"-Protest. Frust über sinkende Einkommen entzündete sich an Steuererhöhung auf BenzinBild: picture-alliance/AP Photo/J.F. Badias

Soziale und umweltgerechte Reform

Für eine umweltfreundliche und sozial gerechte Reform werben unter anderen auch die renommierten Klimawissenschaftler Hans-Joachim Schellnhuber und Claus Leggewie. Sie empfehlen in ihrem gerade veröffentlichten Konzept einen Zukunftsfonds, der den sozial ökologischen Wandel vorantreibt und finanziert.

Neben einer Steuer auf CO2-Emissionen empfehlen sie eine Nachlasssteuer bei größeren Vermögen. Damit ließen sich ebenfalls Maßnahmen zur Behebung von Klimaschäden finanzieren, aber auch ein Senkung der Mehrwertsteuer sowie sozial- und kulturpolitische Maßnahmen.

Vor allem in den skandinavischen Ländern, Frankreich, Großbritannien und auch der Schweiz gewinnen CO2-Steuern zunehmend an Gewicht. In Deutschland hingegen gibt es bisher noch keine breite Debatte darüber, wie der Staat durch eine optimierte Steuer- und Förderpolitik umweltschädliche Produkte zurückdrängen und zukunftsweisende Technologien fördern kann, damit die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad steigt.

"Derzeitig verweigert die Bundesregierung diese Debatte und lässt die CO2-Bepreisung hinten runterfallen", sagt die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum gegenüber der DW. "Neben einem wirksamen CO2-Preis brauchen wir aber auch weitere klimapolitische Maßnahmen. Dazu zählen unter anderen der Kohleausstieg bis 2030, der hundertprozentige Ausbau der sauberen Energien aus Sonne und Wind und eine Investitionsoffensive für effizientes und ökologisches Wohnen und Sanieren." 

 

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion
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