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Produktpiraten auf der Spur

Marcus Lütticke8. Februar 2014

Die "Louis-Vuitton"-Handtasche aus dem Türkei-Urlaub oder die günstige "Rolex" von Ebay - der Handel mit Plagiaten boomt. Unternehmen fürchten den wirtschaftlichen Schaden, aber auch für die Kunden besteht Gefahr.

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Plagiarius-Wettbewerb 2014 (Foto: Plagiarius)
Bild: Aktion Plagiarius e.V.

Was macht die Konkurrenz, welche neuen Produkte stellt sie vor? Das lässt sich einfach und schnell auf Messen herausfinden. Immer wieder erleben Firmenmitarbeiter bei den Produkt-Vergleichen aber böse Überraschungen: Bis ins kleinste Detail werden Spielzeuge, Haushalts-Geräte oder Möbel einfach nachgebaut. Produktpiraten schlagen regelmäßig zu, kapern die besten Ideen fremder Firmen und bauen die Produkte hemmungslos nach.

Auch deshalb ist Kerstin Karotke-Preuss ist in diesen Tagen eine gefragte Person. "Mein Blackberry ist mir heute schon fast an der Hand angewachsen", sagt die Leiterin der Abteilung Public Affairs der Messe Frankfurt. In dieser Funktion koordiniert sie auch die Initiative "Messe Frankfurt against Copying", die der Produktpiraterie bei Ausstellern den Kampf angesagt hat.

Zur Eröffnung der Konsumgütermesse "Ambiente" in Frankfurt an diesem Freitag (07.02.2014) hat ihr Team viel zu tun. "Der Konsumgüterbereich ist eine Branche, in der Plagiate relativ häufig vorkommen." Mit einem eigenen Stand bilden die Mitarbeiter der Initiative die zentrale Anlaufstelle für Firmen, die Fälschungen ihrer Produkte bei anderen Ausstellern auf der Messe entdecken. "Wir bieten Informationsmaterial, wir haben verschiedene Experten vor Ort und bieten einen anwaltlichen Notdienst, der direkt juristische Schritte einleiten kann." Wenn Plagiate entdeckt werden und dies durch entsprechende Papiere eindeutig nachgewiesen werden kann, muss der Aussteller die entsprechenden Produkte entfernen. Nur im Ausnahmefall werden auch ganze Messestände geschlossen. Auch der Zoll ist auf der Ausstellungsfläche präsent und beschlagnahmt unter Umständen die Plagiate.

Vertrieb über das Internet

Im Regelfall können die Zollbehörden bei gefälschten Waren nur einschreiten, wenn der Rechteinhaber zuvor einen Antrag bei der Zollverwaltung gestellt hat. Dann werden auch Plagiate abgefangen, die über den Postweg ins Land kommen. Oft werden solche Waren direkt bei den Herstellern über das Internet geordert. "In den letzten fünf Jahren hat der Verkauf von gefälschten Artikeln über das Internet massiv zugenommen", erklärt Philipp Hanske, Referent des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM).

Neben Auktionsplattformen wie Ebay, die häufig zum Vertrieb genutzt würden, gebe es mittlerweile auch Verkaufs-Websites, die komplett gefälscht seien. "Die sehen dann so aus, als seien sie die Online-Shops der Originalhersteller", so Hanske. "Das macht es für den Verbraucher zunehmend schwerer zu erkennen, dass es sich nicht um die Originale handelt." Laut Zollstatistik kommen die meisten Produktfälschungen aus China und Hongkong: Bei der letzten Erhebung 2012 waren es etwa zwei Drittel der aufgegriffenen Waren. Auf den Plätzen drei und vier folgen Singapur und die USA. Bestimmte Waren wie zum Beispiel gefälschte Ledertaschen kommen aber auch aus der Türkei. Von dort würden sie unter falschen Markennamen auch in Europa auf den Markt gebracht, berichtet Hanske.

Schaden für Unternehmen und Verbraucher

Den Markenrechtsinhabern und Herstellern der Originale entsteht durch die Plagiate ein großer wirtschaftlicher Schaden. Wie hoch dieser genau ist, lässt sich nur schwer beziffern. Laut Branchenschätzungen liegt er in Deutschland bei rund 50 Milliarden Euro im Jahr. Der Zoll gibt an, dass der Gesamtwert der 2012 beschlagnahmten Waren bei mehr als 127 Millionen Euro lag. Aber natürlich weiß niemand, ob Käufer von billigen Fälschungen auch die teureren Originale gekauft hätten, oder zu welchen Produkten sie sonst greifen würden.

Aber nicht nur die Unternehmen sind betroffen, auch die Kunden: Bei einer gefälschten Markenhandtasche reißt vielleicht nur das Innenfutter schneller ein, aber bei Elektrogeräten, Ersatzteilen für das Auto oder Medikamenten kann ein billiges Imitat unter Umständen lebensgefährlich sein.

Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ist jedes zweite im Internet gekaufte Medikament eine Fälschung. Oft enthalten sie gar keine Wirkstoffe, eine falsche Dosierung oder völlig andere Inhaltsstoffe. Besonders beliebt sind Potenzpillen, Anabolika und Appetitzügler.

Eher humorvoll, aber doch mit ernstem Hintergrund, macht der Negativpreis Plagiarius auf die Problematik der Produktpiraterie aufmerksam. Er wird auf der Messe Ambiente in Frankfurt an die dreistesten Produktfälschungen des Jahres verliehen. Der erste Platz ging in diesem Jahr an ein bis ins kleinste Detail nachgebautes Massagegerät. Nur ein Wort im Firmennamen wurde von den Produktfälschern ausgetauscht.

Original Massagegerät von Zimmer Medizin Systeme und Fälschung (Foto: Aktion Plagiarius e.V.)
Original und Fälschung - bei diesem Plagiarius-Preisträger kaum zu unterscheidenBild: Aktion Plagiarius e.V.
Philipp Hanske, Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie e. V. (Foto: APM)
Philipp Hanske warnt vor den Schäden durch ProduktpiraterieBild: APM
Kerstin Karotke-Preuß, Messe Frankfurt (Foto: Kerstin Karotke-Preuß)
Kerstin Karotke-Preuß unterstützt Messe-Aussteller beim Kampf gegen FälscherBild: Kerstin Karotke-Preuß