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Demos gegen suspendierte Präsidentin Rousseff

31. Juli 2016

Wenige Tage vor den Olympischen Spielen bleibt die Stimmung in Brasilien angespannt. In Rio und anderen Städten fordern Demonstranten den Rücktritt von Präsidentin Rousseff. Aber auch ihre Anhänger machen mobil.

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An der Copacabana in Rio zeigen Brasilianer ihrem Unmut über Präsidentin Rousseff (Foto: AFP)
An der Copacabana in Rio zeigen Brasilianer ihrem Unmut über Präsidentin RousseffBild: Getty Images/AFP/T. Marcel

Bei Kundgebungen in elf Bundesländern sowie der Hauptstadt Brasília protestierten Tausende Brasilianer gegen die politische Führung und die Korruption. Allein in Rio de Janeiro gingen 4000 Bürger auf die Straßen, um das endgültige Aus für Staatspräsidentin Dilma Rousseff zu verlangen, die wegen eines Amtsenthebungsverfahrens suspendiert ist. Über Lautsprecher wurden bei dem Marsch an der Copacabana die Nationalhymne und Sambaklänge gespielt. Auf der Avenida Atlântica sprachen die Demonstranten mit Plakaten in englischer Sprache gezielt die internationalen Olympiagäste an.

Auf einem Plakat stand geschrieben: "Dilma raus und Gefängnis für (ihren Vorgänger) Lula." Der Ex-Präsident und Verbündete Rousseffs, Inácio Lula da Silva, muss sich wegen Behinderung der Justiz vor Gericht verantworten. Dem Ex-Präsidenten wird vorgeworfen, die Ermittlungen zur Petrobras-Affäre behindert zu haben. Der Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras erschüttert Brasilien seit Jahren. Neben Lulas und Rousseffs Arbeiterpartei sind auch andere Parteien in die Korruptionsaffäre verwickelt.

Demos für und gegen Rousseff

Auch in der Hauptstadt Brasilia protestierten rund 3000 Menschen gegen Rousseff. In Recife und Salvador im Nordosten sowie in Belo Horizonte im Südosten gingen nach Angaben der Organisatoren ebenfalls tausende Menschen auf die Straße.

Doch auch Rousseffs Anhänger wurden mobilisiert: sie protestierten in mehreren Städten gegen ihren Nachfolger, Übergangspräsident Michel Temer. In der größten Stadt des Landes, São Paulo, sollten Kundgebungen beider Lager stattfinden.

Rousseff wurde Anfang Mai vom Parlament vorläufig ihres Amtes enthoben. Ihr wird vorgeworfen, Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Sie selbst spricht von einem "Putsch". Die Amtsgeschäfte übernahm ihr Stellvertreter Temer. Um sie endgültig abzusetzen, ist eine Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich. Temer würde im Fall einer Amtsenthebung Rousseffs bis zur Präsidentschaftswahl 2018 im Amt bleiben. Die Abstimmung im Senat soll nach neuen Vorgaben des Obersten Gerichtshofs voraussichtlich erst Anfang September stattfinden.

Proteste gegen Olympische Spiele

In Rio de Janeiro müssen sich die Menschen von diesem Montag auf weitere Kundgebungen einstellen. Dort wollen Aktivisten gegen die hohen Kosten der Olympischen Spiele und Menschenrechtsverletzungen bei der Vorbereitung des Sportspektakels protestieren. Im Zentrum der Stadt sind Aktionstage unter dem Motto "Spiele der Ausschließung - Jogos da Exclusão" geplant. Weit über Hundert Aktionsgruppen, soziale Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen rufen zu den Protesten auf. In Workshops und Veranstaltungen sollen Themen wie Polizeigewalt und Militarisierung der Stadt sowie die Vermarktung des Sports und der olympischen Idee diskutiert werden.

Die ersten Olympischen Spiele auf südamerikanischen Boden beginnen am 5. August. Trotz mehrerer Pannen bei der Bereitstellung der Infrastruktur verspricht Bürgermeister Eduardo Paes die "besten Spiele aller Zeiten". Auch während der olympischen Tage werden Protestaktionen gegen Geldverschwendung und die Sparpolitik angesichts der angespannten Haushaltslage in Rio de Janeiro erwartet. Im öffentlichen Nahverkehr werden Streiks befürchtet.

Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Krise ist in Brasilien bisher kaum olympische Stimmung zu spüren. Über 85.000 Uniformierte sollen für die Sicherheit der Sportler und Gäste sorgen. Es werden mehr als eine halbe Million Besucher erwartet. Die Kosten der Spiele betragen weit über zehn Milliarden Euro. Hinzu kommen enorme Steuererleichterungen und weitere Vergünstigungen für die Sponsoren.

kle/ml (afp, sid, rtre, epd)