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Prozess: Raub im Grünen Gewölbe

Kevin Tschierse mit AFP
28. Januar 2022

Sechs Clan-Mitglieder müssen sich ab dem 28. Januar wegen Einbruchs in das Grüne Gewölbe in Dresden verantworten. Ein Rückblick auf die Geschehnisse.

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Gestohlene Exponate aus dem "Grünen Gewölbe" in Dresden in einer Bildkollage
Angriff auf einen "Staatsschatz": Die gestohlene Juwelengarnitur gehörte zu den Highlights des "Grünen Gewölbes"

Es war einer der spektakulärsten sowie dreistesten Einbrüche der vergangenen Jahrzehnte - und ein Worst-Case-Szenario nicht nur für die Kulturstadt Dresden - auch bekannt als "Elbflorenz"-, sondern für das kulturelle Gedächtnis von ganz Sachsen: Im November 2019 erbeuteten Einbrecher mit brachialer Gewalt zahlreiche Kostbarkeiten aus dem Historischen Grünen Gewölbe. Die zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehörende Juwelensammlung zählt zu den bekanntesten Museen Deutschlands. Die mutmaßlichen Räuber wurden gefasst. Nun hat der Prozess gegen die Berliner Clan-Mitglieder begonnen. 

Der Raub: Beute "von unermesslichem Wert"

Am frühen Morgen des 25. November 2019 waren mehrere Täter gewaltsam durch ein vergittertes Fenster in das Historische Grüne Gewölbe eingedrungen. Für Erstaunen sorgte vor allem die Brutalität der Täter, die augenscheinlich ohne jeglichen Respekt vor der Kunst vorgingen. In einem Ausstellungszimmer schlugen sie mit 56 Axtschlägen auf eine Glasvitrine ein und rissen Schmuckstücke "von überragender kulturhistorischer Bedeutung" heraus, so Staatsanwalt Christian Weber. 

Eine Besucherin schaut in die ausgeraubte und nun ausgestellte Vitrine im Juwelenzimmer des Historischen Grünen Gewölbes im Residenzschloss Dresden.
Die ausgeraubte Vitrine im Historischen Grünen GewölbeBild: Oliver Killig/ZB/dpa/picture alliance

Ihre Beute: 21 Schmuckstücke aus historischen Juwelengarnituren aus der Zeit Augusts des Starken (1670-1733). Darunter war auch der "Sächsische Weiße", ein weißer Diamant mit 48 Karat.

Berliner Clan-Mitglieder auf der Anklagebank 

Nach einem Jahr Ermittlungen in alle Richtungen hatte es Mitte November 2020 eine Wendung im Fall "Grünes Gewölbe" gegeben: Die nach dem Raub gebildete Sonderkommission "Epaulette" überführte nach einer Groß-Razzia mit rund 1600 Polizisten Mitglieder des Berliner Remmo-Clans.

Zwei Polizisten eskortieren einen jungen Mann, der Handschellen trägt
Im November 2020 führte die Polizei eine Großrazzia in Berlin durch und nahm dabei Mitglieder des Remmo-Clans festBild: Robert Michael/dpa/picture alliance

Drei dringend tatverdächtige Clanmitglieder wurden festgenommen. Kurz darauf wurde außerdem ein Zwillingsbrüderpaar, das ebenfalls dem Clan angehört, von der Polizei überführt. Der sechste und letzte Tatverdächtige, Ahmed Remmo, wurde schließlich am 19. August 2021 festgenommen. Ahmed Remmo musste sich bereits 2020 wegen des Einbruchsdiebstahls im Berliner Bode-Museum verantworten und wurde rechtskräftig verurteilt. 

Gezielt vorbereitete Tat

Den Beschuldigten im Alter von 22 bis 28 Jahren werden unter anderem schwerer Bandendiebstahl und besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen. "Die Tat war gezielt vorbereitet", so Staatsanwalt Weber. Die Angeklagten hätten sich Waffen besorgt, das Museum im Vorfeld ausspioniert und Autos mit falschen Kennzeichen verwendet. 

Mehrere Tage vor dem Einbruch hätten sie ein Gitter am Residenzschloss, in dem sich das Grüne Gewölbe befindet, aufgeschnitten und so präpariert, dass zwei der Angeklagten - Mohamed R. und Wissam R. - am frühen Morgen des 25. November 2019 dort eindringen konnten. Nach der Tat setzten sie eines der Fluchtautos in einer Tiefgarage in Brand und verursachten damit Schäden an mehr als 60 anderen Autos. 

Verbleib der Beute weiterhin unklar

Der Verbleib der kunsthistorisch unschätzbar wertvollen Juwelen ist indes weiter unklar - auch vermeintliche Spuren verliefen bisher ins Leere. Die Juwelengarnituren gehörten zu den besonderen Sehenswürdigkeiten des Grünen Gewölbes. Bei den gestohlenen Werken handelt es sich um den königlichen Brillantschmuck, einen Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens und einen diamantenbesetzten Degen.

Unmittelbar nach dem Beutezug waren viele Fragen nach der Sicherheit in deutschen Museen gestellt worden - und danach, wer für den Verlust der Kunstschätze haftet. Seegers sagte der DW, sie sei sich "sicher, dass die Schatzkammer den internationalen Sicherheitsstandards entsprochen hat". Diese hätten aber offenbar nicht ausgereicht, sonst wäre es nicht zu diesem Einbruchdiebstahl gekommen. Museen seien nun mal keine Hochsicherheitstrakte.

Hoffnung auf Hinweise

Die Kunsthistorikerin Ulli Seegers hatte sich im DW-Interview kurz nach dem Raub schockiert geäußert: "Ich konnte es erst kaum glauben, weil das Grüne Gewölbe vor noch nicht allzu langer Zeit mit großem Aufwand wunderschön wieder hergerichtet worden ist. Das war eine Perle, eine Schatzkammer des Weltkulturerbes." Sie äußerte sich damals pessimistisch, dass der Schmuck wieder auftaucht. 

Angesichts der Gerichtsverhandlung steigen die Hoffnungen wieder. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, sagte im Bayerischen Rundfunk: "Wir gehen davon aus, dass diese Stücke eigentlich unverkäuflich sind." Es gebe bisher auch "keinerlei Hinweise auf Verkäufe auch nur einzelner Teile oder Zerstörungen" der Stücke. Für Hinweise, die zum Auffinden des Schmucks führen, sind insgesamt 1,5 Millionen Euro Belohnung ausgesetzt.

"Staatsschatz" Grünes Gewölbe

Das Grüne Gewölbe in Dresden gehört zu den bekanntesten Museen Deutschlands. Die Räumlichkeiten des historischen Gebäudes stammen aus dem 16. Jahrhundert. 1723 errichtete der sächsische Kurfürst und polnische König August der Starke darin eine Schatzkammer. Es befindet sich seit 2006 wieder im Dresdner Residenzschloss - nachdem es ausführlichen Renovierungs- und Restaurationsarbeiten unterzogen worden war.

Links: Wladimir Putin im Grünen Gewölbe (10.10.2006); Rechts: Barack Obama im Grünen Gewölbe (05.06.2009)
Prominente Besucher: Russlands Präsident Wladimir Putin (2006) und US-Präsident Barack Obama (2009)

Nach der Wiedereröffnung wurde es stolz der Weltöffentlichkeit präsentiert. Der russische Präsident Vladimir Putin bekam 2006 eine Führung und der ehemalige US-Präsident Barack Obama machte eine Tour während seines ersten Besuchs in Deutschland 2009.

Heute werden die Juwelensammlungen darin in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoss des Residenzschlosses in den acht authentisch wiederhergestellten Räumen der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke. Der Name kommt von der malachitgrünen Bemalung im Innern der Räume.