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Putin auf Lateinamerikareise

Evan Romero-Castillo (glh)11. Juli 2014

Es klingt nach einer Traumreise: Erst in die Karibik, dann nach Argentinien und schließlich zum WM-Finale nach Brasilien. Doch Russlands Präsident Wladimir Putin geht es nicht um sein persönliches Vergnügen.

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Wladimir Putin Besuch in Kuba. (Foto: Aleksey Nikolskyi/RIA Novosti)
Bild: picture-alliance/dpa

Lustreisen liegen Wladimir Putin fern. Ihm geht es um Macht und Einfluss. Putin will die Stellung Russlands in der Welt verbessern. Deswegen sucht er nach engeren Bündnissen in Lateinamerika. Alte Beziehungen sollen aufgefrischt, neue Beziehungen aufgebaut werden. Zum ersten Mal besucht er als russischer Präsident Lateinamerika.

Seinen ersten Stopp hat Putin in Havanna gemacht. Auf der Agenda: Treffen mit dem ehemaligen Staatschef Fidel Castro und seinem Bruder und Nachfolger Raúl Castro. Danach besucht Putin Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner in Buenos Aires. Im Anschluss geht es nach Brasilien. Anlass seiner Reise: Das WM-Finale in Rio de Janeiro, wo er offiziell die Austragungsrechte für die nächste WM in vier Jahren in Russland erhalten wird, sowie der BRICS-Gipfel, der am 15.7.2014 im Nordosten Brasiliens, in Fortaleza beginnt.

"Man kann schon seit ein paar Jahren beobachten, dass Russland sich um eine größere Rolle in Lateinamerika bemüht", sagt Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin: "Russland will seine Beziehungen jenseits Europas und der USA verbessern." Spätestens seit Beginn der Ukraine-Krise reichen Putin die klassischen Partnerschaften nicht mehr aus, man brauche mehr oder geografisch weiter verteilte Beziehungen. Partner in Lateinamerika und anderen Teilen der Welt würden Russlands Position in dem Konflikt und auf der politischen Weltkarte insgesamt stärken. Aus diesem Grund sei die Reise auch von großem symbolischen Wert, so Margarete Klein.

Fidel Castro im Januar 2014. (Foto: AFP/Getty Images)
Fidel Castro bei einem seiner seltenen öffentlichen AuftritteBild: AFP/Getty Images

Schuldenerlass und Infrastrukturprojekte in Kuba

Doch es geht nicht nur um die Symbolik bei dieser Reise. Besonders Putins erster Halt Kuba ist von wichtiger strategischer Bedeutung für Russland, glaubt der Politologe Víctor Mijares, der am GIGA-Institut in Hamburg forscht: "Putin will die alte Allianz mit Kuba wieder auffrischen und das ganz bestimmt nicht nur aufgrund der ideologischen Nähe der beiden Länder zueinander." Die Vergrößerung des Panamakanals, Pläne für einen anderen Kanal durch Nicaragua, die Erweiterung des kubanischen Hafens Mariel, der für den internationalen Frachtschiffverkehr ausgebaut werden soll und die wirtschaftliche Öffnung Kubas machen den karibischen Inselstaat immer interessanter als strategischen Anlaufpunkt: "Auch viele andere Länder wollen sich Kuba und den großen Antillen annähern - bevor die USA den geografischen Vorteil zu sehr ausnutzen", erklärt der Experte Mijares.

Ein wichtiger Teil der russisch-kubanischen Beziehungspflege wurde bereits vor Putins Abreise in trockene Tücher gebracht: Der Schuldenerlass von rund 23 Milliarden Euro. Das sind 90 Prozent der Gesamtschulden, die Kuba bei den Russen hatte. Die restlichen zehn Prozent kann das Land in den nächsten 20 Jahren zurückzahlen. Durch den Schuldenerlass wird der Weg frei für neue russische Kredite an die Kubaner. Passend dazu haben Putin und seine Delegation auch Entwürfe für Abkommen in den Bereichen Energie, Verkehr, zivile Luftfahrt, Raumfahrt und Gesundheitswesen dabei. Zwei russische Unternehmen haben bereits Verträge mit Kuba unterschrieben, die ihnen erlauben, Lagerstätten an der Küste Kubas zu erschließen.

Lateinamerika will unabhängiger werden

Auch in Argentinien wird sich Putin mit Präsidentin Kirchner über Kooperationen im Bereich Energie unterhalten. So soll Buenos Aires die Russen dazu aufgefordert haben, sich an Ausschreibungen für den Ausbau von zehn Wasserkraftwerken und einem Atomkraftwerk zu beteiligen. Putin setzt somit klar erkennbare Zeichen, sagt Politologe Mijares: "Er weiß, dass es zurzeit schwierig ist, im Westen Stärke zu zeigen. Doch das hält ihn nicht davon ab, es trotzdem auf seiner Reise durch Lateinamerika zu versuchen."

Präsidenten der BRICS-Staaten. (Foto: Alexei Druzhinin/RIA Novosti)
Gemeinsam stärker? Die Präsidenten der BRICS-StaatenBild: picture-alliance/dpa

Gerüchte, Putin mache sich für eine Mitgliedschaft Argentiniens bei der Vereinigung der fünf Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika stark, dementierte er kurz vor der Abreise. Die Erweiterung der BRICS-Mitgliedsstaaten werde im Moment nicht erwogen.

Trotzdem ist auch umgekehrt das Interesse Lateinamerikas an stärkeren Beziehungen zu Russland groß. Die Vormachtstellung der USA soll aufgehoben werden. In vielen Ländern herrscht traditionell großer Widerstand gegen die USA, man will sich unabhängiger vom nordamerikanischen großen Bruder machen. Das will sich nun auch Russland zu nutzen machen, sagt Mijares: "Vor allem Argentinien und Brasilien wollen eigene Rüstungstechnologie entwickeln. Und im Gegensatz zur USA ist Russland bereit, diesen Ländern mit der Zulieferung von Waffen und Know-How zu helfen."