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Gespannte Ruhe in der Ägäis

6. April 2016

Nachdem am Montag die ersten Flüchtlinge aus Griechenland zurück in die Türkei gebracht wurden, kommen weniger Migranten auf den Ägäis-Inseln an. Bringt der EU-Türkei-Pakt also das gewünschte Ergebnis?

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Griechenland Flüchtlinge auf Chios junger Mann am Kai in Chios (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/AP Photo/P. Giannakouris

Von der Insel Lesbos werden auch an diesem Mittwoch keine Migranten zurück in die Türkei transportiert. Korrespondenten auf Lesbos berichten, bislang hätten sie keine Rücktransporte aus Aufnahmelagern zum Hafen gesehen. Auch auf der Insel Chios wird es heute offenbar keine weiteren Rückführungen geben.

Bei der Küstenwache hieß es, möglicherweise werde es erst gegen Ende der Woche weitergehen. Zunächst müsste die rapide angestiegene Zahl von Asylanträgen der Flüchtlinge bearbeitet werden. Denn ankommende Menschen stellen jetzt massenweise Asylanträge in Griechenland, um so zumindest für die Dauer der Bearbeitung nicht in die Türkei zurückgeschickt zu werden. Bis dahin hatten die meisten Schutzsuchenden keinen Asylantrag in Griechenland gestellt und waren weiter nach Mitteleuropa weitergereist.

Griechenland Fähre im hafen von Lesbos (Foto: DW)
202 Migranten waren am Montag zurück in die Türkei gebracht wordenBild: DW/R. Sheermohammadi

Nur wer gefährdet ist, darf bleiben

Auf den Inseln befinden sich rund 6000 Schutzsuchende. Wer nicht beweisen kann, dass sein Leben in der Türkei in Gefahr ist, soll ins Nachbarland zurückgebracht werden. So sieht es der EU-Türkei-Flüchtlingspakt vor. Und die Bearbeitung der Anträge kann dauern: Es fehle schlicht an Personal, hieß es beim Stab für die Flüchtlingskrise in Athen. Bis Experten zur Unterstützung aus anderen Ländern eintreffen, könnten Wochen vergehen.

Zugleich entspannte sich die Lage in den Meerengen zwischen der türkischen Ägäis-Küste und den griechischen Inseln. Nach Angaben aus Athen hatten im Zeitraum von 24 Stunden nur noch 68 Migranten übergesetzt, während tags zuvor noch 225 neue Asylsuchende vom türkischen Festland eintrafen. "Ob der Abwärtstrend anhält, lässt sich schwer einschätzen", sagte ein Offizier der Küstenwache.

Hafen von Piräus Griechenland Flüchtlinge warten (Foto: Reuters)
Nur wenige der Flüchtlinge in Piräus sind bereit, in ein besseres Lager im Landesinneren zu ziehenBild: Reuters/A.Konstantinidis

Tumulte auf dem Festland

Weiterhin dramatisch ist dagegen die Lage in zwei Lagern von Idomeni an der mazedonisch-griechischen Grenze sowie im Hafen von Piräus. Rund 16.000 Migranten und Flüchtlinge harren noch in den beiden provisorischen Lagern in Kuppelzelten und Lagerhallen aus. Sie wollen nicht abreisen, obwohl bessere Unterkünfte in Lagern im Landesinneren bereitstehen.

In Piräus gab es tumultartige Szenen, als aufgebrachte Migranten ihre Ausreise nach Mitteleuropa forderten. Sie beschimpften die Polizei und einen Vertreter der Regierung, die ihnen abermals rieten, das wilde Camp zu verlassen und in andere organisierte Lage ins Landesinnere zu gehen. Vor laufenden Kameras hob ein Migrant ein Kleinkind in die Luft und zeigte es den Sicherheitskräften. Andere legten sich mit ihren Kindern auf die Erde.

Aktivisten stacheln Flüchtlinge auf

Nach Angaben des Verbands der Offiziere der Küstenwache sind in Piräus autonome Gruppierungen und andere Aktivisten unterwegs, die Dolmetscher und Beamte bedrohen und Migranten raten zusammenzubleiben, damit das Elend weltweit gezeigt wird. Nur dann hätten sie Hoffnung in anderen Staaten aufgenommen zu werden. Zudem gebe es Informationen, dass die Aktivisten die Migranten zu Massendemonstrationen in Athen anstacheln, berichteten Reporter vor Ort.

Ende von Grenzkontrollen nur unter Bedingungen

Laut Schätzungen sind auf dem griechischen Festland rund 46.000 Migranten und Flüchtlinge gestrandet, weil die so genannte Balkanroute geschlossen ist. Zuletzt hieß es, deshalb könnten in Kürze die deutschen Kontrollen an der Grenze zu Österreich beendet werden.

Ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte dazu, dies sei erst dann möglich, wenn über die Balkanroute kaum noch Flüchtlingen kämen. Des weiteren hänge eine Aufhebung der Kontrollen von der Umsetzung es EU-Türkei-Abkommens ab. Unklar sei auch noch, ob und wie möglicherweise andere Routen gewählt würden.

uh/ml (dpa,afp, rtr)