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Ausstellung: 100 Jahre Frauenwahlrecht

1. September 2018

Der Erste Weltkrieg hatte die Emanzipationsbewegung der Frauen abgebremst. In der Weimarer Republik nahm die Gleichstellung dann Fahrt auf. Eine neue Ausstellung in Frankfurt würdigt ihre mutigen Vorkämpferinnen.

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Deutschland Geschichte Demonstration Frauenwahlrecht
Bild: picture-alliance/akg

Ohne die erste deutsche Frauenbewegung im Kaiserreich gäbe es heute weder das Frauenwahlrecht, noch eine - zumindest theoretische und im Grundgesetz der Bundesrepublik verankerte - Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Deutschland. Vor hundert Jahren, im November 1918, beantragten die Gründer der Weimarer Republik die Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts. Das hat einiges geändert - bis in die heutige Zeit.

Eine facettenreiche Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt blättert die Entwicklung von der Jahrhundertwende bis heute auf. Wie eingeengt Frauen damals im wörtlichen Sinne waren, zeigt sich allein schon in der Mode. Frauen wurden in starre Korsetts geschnürt, damit sie eine "gute Figur" machten. Aber schon 1910 gab es kurze, legere Tenniskleider, sportliche Mode war allerdings nur wohlhabenden Damen der Gesellschaft vorbehalten. 

Den Sport mussten sich die Frauen damals noch erkämpfen. Einzelne populäre Sparten blieben bis weit nach dem Krieg eine Männer-Domäne. Noch 1955 verbot der Deutsche Fußballbund (DFB) den Frauenfußball, da er "Körper und Seele der Frauen schade", wie in der Ausstellung zu erfahren ist.

Auftakt zum Jubiläumsjahr

Diese erste Sonderausstellung des Historischen Museums ist als Auftakt zur Jubiläumskampagne "100 Jahre Frauenwahlrecht" konzipiert, die sich bis ins Jahr 2019 fortsetzt. Gefördert und inhaltlich unterstützt werden die Frankfurter Kuratoren vom Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel, die über umfangreiche Dokumente und Materialien verfügen.

Ausstellung "Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht "
"Damenwahl": So wurden die Vertreterinnen der 1. Frauenbewegung in der "Gartenlaube" dargestelltBild: AddF

Historischer Stichtag ist der 12. November 1918, aber für ein Museum ist das meist nur ein Aufhänger für eine breit konzipierte Ausstellung, erklärt Kuratorin Dorothee Linnemann im DW-Interview: "Museen erinnern ja immer an geschichtsträchtige Ereignisse. Wir haben uns davor mit dem Jubiläum der Weimarer Republik beschäftigt 1918/1919, der Novemberrevolution und der ersten Demokratischen Deutschen Republik. Und dann haben wir gedacht, das Frauenwahlrecht ist in dieser historischen Epoche einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu den Errungenschaften der heutigen Demokratie."

Ausbruch aus dem Korsett

Fast 450 Exponate, nicht nur aus deutschen Sammlungen, sondern aus Archiven in ganz Europa, zeigen in Frankfurt, wie mutig und klug die Vorkämpferinnen der Emanzipation auf das Frauenwahlrecht hingearbeitet haben. Dieses war eine Initialzündung für den weiblichen Teil der Bevölkerung. Es ging dabei auch um gleiche Rechte bei der Berufswahl, um das Recht in Deutschland Ärztin zu werden oder an einer Hochschule promovieren zu können. "Frauenrechte sind Menschenrechte", erinnert Kuratorin Linnemann. "Und Menschenrechte haben kein Geschlecht."

Der Schwerpunkt der historischen Schau liegt auf der Perspektive der Frauen am Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals gab es überall im Deutschen Reich Zentren der aufkommenden Frauenbewegung: in München, Hamburg, Köln, Leipzig, Bremen und Frankfurt. "Schon im Kaiserreich gab es Aufbrüche in der Gesellschaft", erklärt die Kuratorin. "Für Frauen öffneten sich beispielsweise ganz neue Berufsmöglichkeiten und existenzsichernde Arbeit genauso wie neue Bildungschancen. Und sie hatten jetzt die Möglichkeit, sich auch in Ehe und Familie anders zu entfalten."

Ausstellung "Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht "
Ihren Platz im Sport mussten die Damen erst erkämpfen (Werbeplakat 1898)Bild: HMF

Frauennetzwerk quer durch Europa

Die politisch engagierten Frauen waren auch quer durch Europa mit Gleichgesinnten vernetzt und tauschten sich über Erfolge und Widerstände aus. Mit den Korsetts und den bodenlangen Kleidern verschwanden allmählich auch die gesellschaftliche Zwänge: die Rocksäume wanderten höher, die großen Hüte verschwanden aus dem Straßenbild, die Bewegungsfreiheit der Frauen wuchs.

An der politischen Front war der Kampf schwieriger: Erst 1908 waren Frauen zur Mitwirkung und Kandidatur in den Parteien zugelassen worden, erste Frauenvereine schossen damals aus dem vorbereiteten Boden. Aber es gab auch erbitterten politischen Widerstand: 1912 gründeten konservative und anti-modernistische Kräfte den "Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation." Eine klare Kampfansage an die Emanzipationsbestrebungen der Frauen.

100 Jahre internationaler Frauentag Flash-Galerie 2011
Bei der Wahl zum Parlament der Weimarer Republik 1919 durften erstmal Frauen gleichberechtigt abstimmenBild: ullstein bild

Die ersten Erfolge der Vorkämpferinnen, die mit Einführung des Frauenwahlrechts am 19. Januar 1919 besiegelt wurden, waren nicht von langer Dauer. Die Nationalsozialisten schafften die Errungenschaften der Weimarer Zeit und auch das Frauenwahlrecht ab und sicherten sich nach 1933 die angestammte Vormachtstellung der Männer mit Hilfe ihrer NS-Propaganda. Ideologisch setzten sie das gezielt ein. Die Kriegsvorbereitungen Ende der 1930er Jahre waren den Nazis willkommener Vorwand, um die Frauen wieder in ihre klassische Rolle an "Heim und Herd" und an der "Heimatfront" einzuschwören. Lange wirkte das auch nach Kriegsende nach.

Die Mütter des Grundgesetzes

Erst 1949, bei der verfassungsgebenden Versammlung zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland, kamen die politischen Errungenschaften der ersten Frauenbewegung in Deutschland wieder auf die politische Agenda.

Frauen wie Helene Weber, Elisabeth Selbert, Frieda Nadig und Helene Wessel, die vier "Mütter des Grundgesetzes", waren alle schon in der Weimarer Republik politisch aktiv gewesen. Sie setzten durch, dass gleiche Rechte für Frauen auch in der neuen Verfassung verankert wurden. Auch in der DDR wurde 1949 ein Gleichstellungsparagraph verabschiedet.

Ausstellung "Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht "
Revolutionär: Das Plakat zum Internationalen Frauentag am 8. März 1914 hängt in der Frankfurter AusstellungBild: Archiv der sozialen Demokratie

Hundert Jahre später sind viele Forderungen der damaligen Frauenrechtlerinnen hochaktuell, so Linnemann. "Obwohl es dieses allgemeine Wahlrecht für Frauen seit über 100 Jahren gibt, ist es noch längst nicht an der Tagesordnung, dass Frauen auch gleichberechtigt mit Männern an politischen Prozessen beteiligt sind", resümiert sie.

Im Deutschen Bundestag und noch auffälliger in den Länderparlamenten säßen eben nicht 50 Prozent Frauen, was Auswirkungen auf das politische Klima in Gesamtdeutschland habe, so Linnemann. "Das Wählen und die politische Mitbestimmung im Parlament sind ganz wesentlich für unsere Demokratie - und zwar für Männer und für Frauen."

Die Ausstellung "Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht" ist bis zum 20.01.2019 zu sehen.