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Razzia in der UEFA-Zentrale

6. April 2016

Die Schweizer Bundespolizei stattet dem Hauptquartier der Europäischen Fußball-Union einen unangemeldeten Besuch ab. Sie will mögliche Verstrickungen des Ex-Generalsekretärs Infantino mit Briefkastenfirmen überprüfen.

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Frankreich UEFA Zentrale in Nyon
Bild: Reuters/D. Balibouse

Der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino gerät nur sechs Wochen nach seiner Wahl massiv in Bedrängnis und Erklärungsnot. Nach Berichten der "Süddeutschen Zeitung" unter Berufung auf die "Panama Papers" über angeblich zweifelhafte Geschäfte des früheren UEFA-Generalsekretärs durchsuchte die Schweizer Bundespolizei am Mittwoch die Zentrale der Europäischen Fußball-Union in Nyon.

Die Beamten forderten Einsicht in die Verträge zwischen der UEFA und der Briefkastenfirma Cross Trading. Wenig später teilte die Schweizer Bundesanwaltschaft mit, wegen des "Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und eventuell der Veruntreuung" in einem Strafverfahren zu ermitteln. Diese richtet sich derzeit allerdings nicht gegen eine konkrete Person.

Unbekannte Täterschaft

Es stehe "in Zusammenhang mit dem Erwerb von TV-Übertragungsrechten und richtet sich gegen unbekannte Täterschaft". Bei der Razzia in der noblen Verbandszentrale am Genfer See und an einem weiteren unbekannten Ort sollten "Beweise sichergestellt" werden. Die UEFA, die tags zuvor noch ebenso wie Infantino in teils drastischer Wortwahl die Vorwürfe zurückgewiesen hatte, sicherte den Behörden ihre Zusammenarbeit zu.

Schweiz Neuer FIFA Präsident Gianni Infantino
Infantion versprach bei seiner Wahl, eine neue Äre einzuläutenBild: Getty Images/AFP/F. Coffrini

"Natürlich stellt die UEFA der Bundespolizei alle relevanten Dokumente in ihrem Besitz zur Verfügung und wird vollumfänglich kooperieren", hieß es in einer Mitteilung.
Die "SZ" hatte berichtet, dass Infantino 2006 in seiner Funktion als Direktor der UEFA-Rechtsabteilung Verträge mit dem Unternehmen Cross Trading unterzeichnet haben soll, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im FIFA-Skandal waren. Dabei ging es um Fernsehrechte.

Damiani taucht ebenfalls in den "Panama Papers" auf

Die südamerikanischen TV-Rechtehändler Hugo und Mariano Jinkis sollen mit den Verträgen damals TV-Rechte für die Champions League erworben und diese mit hohem Gewinn in Lateinamerika weiterverkauft haben. Keine zwei Monate nach seiner Wahl zum Nachfolger des gesperrten früheren FIFA-Chefs Joseph Blatter wurde das Versprechen Infantinos ad absurdum geführt. "Ich will eine neue Ära bei der FIFA einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt", hatte der Schweizer Ende Februar gesagt.

Doch nun dominiert schon wieder das Geschehen abseits des Platzes die Schlagzeilen. Der ebenfalls durch die "Panama Papers" in Bedrängnis gebrachte Anwalt Juan Pedro Damiani aus Uruguay trat am Mittwoch aus der FIFA-Ethikkommission zurück. Er soll drei Angeklagten im FIFA-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die möglicherweise Fußball-Funktionäre bestochen worden sein sollen.

Juan Pedro Damiani
Gar nicht sauber: FIFA-Ethiker DamianiBild: picture-alliance/dpa/I. Franco

UEFA und Infantino kritisieren Medien

Und Infantino? In der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochausgabe) erscheint unter der Überschrift "Panama Papers: Die Geheimnisse des schmutzigen Geldes" ein Bericht über angeblich zweifelhafte und heikle Geschäfte Infantinos während seiner Zeit bei der UEFA. Sowohl Infantino als auch die UEFA reagierten mit ungewohnt ausführlichen Stellungnahmen und teils drastischen Worten.

Infantino gab an, niemals persönlich mit Cross Trading oder deren Eigentürmern verhandelt zu haben. Der Bieterprozess sei damals nach einer offenen Ausschreibung der UEFA-Marketingabteilung geführt worden, ergänzte die UEFA. "Die Rechte wurden an Teleamazonas/Cross Trading vergeben, da dies der Höchstbietende auf dem Markt war", teilte die UEFA mit. Einige Medien würden "die Sachverhalte falsch darstellen und die Öffentlichkeit in die Irre führen", hieß es.

Falsche Auskünfte

Vorwerfen lassen müssen sich UEFA und Infantino jedoch, dass sie zunächst falsche Auskünfte gegeben haben. Zunächst hatte die Konföderation im September 2015 der "SZ" verneint, dass es "geschäftliche Beziehungen" mit Angeklagten im FIFA-Skandal gegeben hätte. Erst vor gut einer Woche habe die UEFA eingeräumt, dass es einen Vertrag mit der Firma von Jinkis gab. Zur Zeit der ersten Antwort habe man noch nicht "jeden unserer Tausenden von Werbeverträgen" überprüft, teilte die UEFA mit.

sw/sc (dpa, sid)