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Rechtsextreme Einstellungen rückläufig

Naomi Conrad, Berlin 4. Juni 2014

Jeder fünfte Deutsche ist ausländerfeindlich, so das Ergebnis einer Studie. Der allgemeine Trend ist zwar rückläufig. Dennoch steigen die Feindseligkeiten - und zwar gegenüber Muslimen und Roma.

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Teilnehmer eines Neo-Nazi-Aufmarsches mit Fahne - Foto: Sebastian Kahnert (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Rechtsextreme Meinungen sind in Deutschland weniger weit verbreitet als noch vor zwölf Jahren. Das ist das Ergebnis der Studie Die stabilisierte Mitte - Rechtsextreme Einstellung in Deutschland 2014, die Wissenschaftler der Universität Leipzig verfasst haben. Demnach verfügen 5,6 Prozent aller Deutschen über fest gefügte rechtsextreme Weltanschauungen. Es freue ihn, die gute Nachricht überbringen zu dürfen, so Oliver Decker, einer der Autoren der Studie, die am Mittwoch (04.06.2014) in Berlin vorgestellt wurde: Im Vergleich zu 2002 habe sich die Zahl beinahe halbiert.

Elmar Brähler - Foto: Fotohaus Borschel
Elmar Brähler: "Ausländerfeindlichkeit als Einstiegsdroge"Bild: Fotohaus Borschel

Seit 2002 untersuchen die Wissenschaftler alle zwei Jahre rechtsextreme Einstellungen in Deutschland. Abgefragt werden Zustimmungen zu Kategorien wie rechtsautoritären Diktaturen, Antisemitismus oder der Verharmlosung des Nationalsozialismus. In diesem Jahr wurden rund 2500 Menschen in ganz Deutschland befragt.

Die Wissenschaftler haben dabei festgestellt, dass Ausländerfeindlichkeit unter den Befragten weit verbreitet ist - die Soziologe Elmar Brähler "die Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus" nennt: Jeder fünfte Deutsche stimmte Aussagen zu, wie "die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen". Allerdings liegt der Wert deutlich unter den rund 25 Prozent, die sich in der letzten Befragung im Jahr 2012 ausländerfeindlich äußerten.

Gute Konjunktur, weniger Fremdenfeindlichkeit

Den Rückgang führen die Wissenschaftler auf die gute Konjunktur in Deutschland zurück. Es gebe einen engen Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes und rechtsextremistischen Einstellungen, macht Co-Autor Decker deutlich. Die entspannte Lage dämpfe die Ressentiments, so der Soziologe. Gleichzeitig würden bestimmte gesellschaftliche Gruppen umso deutlicher diskriminiert. So lehnt fast die Hälfte aller Befragten Muslime ab. Außerdem äußerten sich 73,5 Prozent der Westdeutschen und 84,7 Prozent der Ostdeutschen abwertend über Asylbewerber. Auch Sinti und Roma werden von fast der Hälfte der Befragten abgelehnt.

Oliver Decker - Foto: Universität Siegen
Oliver Decker: "Wirtschaftliche Lage dämpft Ressentiments"Bild: Universität Siegen

Zu erklären sei diese Ablehnung damit, dass beide Gruppen oftmals in der Wahrnehmung der Befragten nicht zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen. So würden Migranten oft entlang von "Nützlichkeitsaspekten" klassifiziert, sagt Oliver Decker. Gut ausgebildete Migranten würden demnach meist positiv wahrgenommen. Jene Migranten hingegen, die "die Fantasie auslösen, sie sein grundlegend anders oder hätten ein gutes Leben ohne Arbeit, die ziehen die Wut auf sich."

"Bildung wichtiger Schutz"

Ausländerfeindliche Einstellungen - so ein weiteres Ergebnis der Studie - sind in Ostdeutschland weiter verbreitet als im Westen. Das führen die Forscher darauf zurück, dass dort weniger Ausländer leben. Denn wo ein größerer Kontakt, etwa im Freundeskreis oder an der Arbeitsstätte, mit ausländischen Mitbürgern bestehe, würden Vorbehalte abgebaut, betont Elmar Bähler. Gleichzeitig bleibt nach Ansicht der Forscher die Bildung der wichtigste Schutz vor rechtsextremen Einstellungen. Befragte mit Abitur stimmten rechtsextremen Positionen deutlich seltener zu als Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss. So zeigt die Studie, dass 6,8 Prozent der Menschen mit Abitur ausländerfeindlich eingestellt sind, im Vergleich zu 20,8 Prozent derjenigen, die keinen Schulabschluss.

Die Studie zeigt zudem, dass rechtsextreme Positionen bei Anhängern aller politischen Parteien nachweisbar sind. Allerdings fällt auf: Neben rechtsextremen Parteien habe die Alternative für Deutschland (AfD) die stärkste Anziehungskraft bei den Wählern mit ausländerfeindlichen, antisemitischen und chauvinistischen Einstellungen.